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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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die Zwischentür auf, das Flurlicht funktionierte wieder einmal nicht, er nahm Esther bei der Hand und zog sie hinter sich her. Steckte den Schlüssel ins Schloß, schaltete das Wohnungslicht an, schloß die Tür hinter Esther.
    »Es ist eine bescheidene Behausung«, sagte David wie entschuldigend.
    »Es gibt Leute, die haben überhaupt keine Behausung. Außerdem, so schlimm finde ich es auf den ersten Blick gar nicht, ich denke, ihr habt das Beste daraus gemacht. Krieg ich was zu trinken?«
    »Komm mit ins Wohnzimmer, ich hole uns was.« Sie begaben sich ins Wohnzimmer, Esther setzte sich auf die Couch. David holte aus der Küche eine Flasche Cola und die Flasche Whisky, stellte beides auf den Tisch, nahm Gläser aus dem Schrank, schenkte ein, reichte ein Glas Esther, zog den Stecker des Telefons aus der Buchse.
    »Setz dich zu mir«, bat sie, »ich möchte ein bißchen kuscheln. Es ist so schön mit dir. Weißt du eigentlich, daß du überhaupt nicht wie vierzig aussiehst? Als ich dich das erste Mal sah, habe ich dich auf vielleicht dreißig bis zweiunddreißig geschätzt. Du hast dich sehr jung gehalten.«
    David lächelte. »Trotzdem könnte ich dein Vater sein.«
    Sie trank aus, stellte das Glas auf den Tisch. »Ich liebe dich, David. Es ist einfach über mich gekommen. Weißt du, was ich jetzt am liebsten täte? … Am liebsten würde ich jetzt mit dir schlafen. Es ist einfach nur schön mit dir …«
    Er streichelte über ihr Haar, küßte sie. Sie liebten sich im Wohnzimmer. Kurz, aber intensiv. Sahen sich in die Augen – er hatte das irgendwann einmal bei Johanna gemacht, vor Urzeiten, als das Leben noch keines war! Es gab schon lange keine Momente mehr, in denen er den Wunsch verspürte, Johannas Inneres zu ergründen, er war überzeugt, doch längst alles zu kennen, nichts Neues mehr erforschen zu können, eine kleine, öde Insel, die er schon millionenmal umrundet und durchquert hatte und die keine Überraschungen mehr parat hielt. Blanke Langeweile, die noch eine Ewigkeit so weitergehen sollte? Liebe, gute Johanna, treue, ergebene Seele, Seelsorgerin auf einer Peststation, es tut mir leid, doch ich wandere aus, ich werde neues Terrain erkunden.
    David war überzeugt, die Insel Esther hatte so unendlich vielmehr zu bieten, sie war so abwechslungsreich, Meer und Sandstrand, Palmen und Urwald, wilde und zahme Tiere, Sonne und Stürme und er mittendrin. Er steckte den Telefonstecker wieder in die Buchse, um halb eins fuhr er Esther nach Hause.

Mittwoch, 1.25 Uhr
    Er hörte das Klingeln des Telefons schon im Treppenhaus. Er rannte nach oben, schloß schnell die Tür auf und riß den Hörer von der Gabel.
    »Na endlich!« Johanna. »David, es ist etwas Furchtbares passiert. Mein Gott, das Schlimmste, was man sich überhaupt nur vorstellen kann.« Sie atmete hastig und doch schwer. Machte eine kurze Pause, als müßte sie sich von einem Rennen erholen. Dann sagte sie: »Nathalie ist vergewaltigt und zusammengeschlagen worden! Mein Gott, David, was soll ich bloß machen?« Sie fing an zu schluchzen.
    Ein eiserner Ring legte sich um seine Brust, er war kaum fähig, zu atmen. »Noch mal, was ist passiert?«
    »Nathalie ist vergewaltigt worden. Im Bundeswehrwald. Ich habe mich gewundert, wo sie so lange steckt. Ein paar Spaziergänger haben sie gefunden, sie sieht schrecklich zugerichtet aus. Ich bin mit ihr im Krankenhaus, sie ist nur halbwegs bei Bewußtsein. David, was hat das zu bedeuten?«
    »Komm, ganz ruhig, sonst bekommst du noch einen Herzinfarkt. Sie ist nur halb bei Bewußtsein, sagst du? Das heißt, sie konnte noch keine Angaben über den oder die Täter machen?«
    »Nein, verdammt noch mal, das konnte sie nicht, sie sagtenur, daß es drei waren! Die Polizei war auch schon hier, und die Ärzte sagen, sie ist im Moment in einem kritischen Zustand, wobei ich nicht weiß, ob sie ihren Körper oder ihre Seele meinen. David, ich habe solch furchtbare Angst, ich kann dir das überhaupt nicht beschreiben! Hat das auch etwas mit Frankfurt zu tun?«
    »Nein, bestimmt nicht, das ist nur ein dummer und grausamer Zufall. Ich habe niemandem erzählt, wo ihr seid. Mein Gott, kommen wir denn nie zur Ruhe?!«
    »Ich habe der Polizei auch von den Anrufen erzählt. Natürlich auch von Thomas und was mit ihm geschehen ist. Aber sie sagen genau wie du, das eine hätte mit dem andern wohl nichts zu tun. Ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll! David, bitte hilf mir!«
    »Schatz, ich kann dir nicht helfen, so leid

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