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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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weiter nachgaben. In dem Jahr nach dem Zusammenbruch seiner Firma war erdreimal nicht in der Lage gewesen, seinen Ratenzahlungen nachzukommen. Wir mußten handeln.«
    »Und wie spielte sich dieses Zusammentreffen ab?«
    »Er kam mit seinen Unterlagen, wirkte ziemlich nervös, was ich ihm auch nicht verdenken kann.« Sie legte die Hände aneinander und fuhr fort: »Aber wer wäre das nicht gewesen in seiner Lage? Ich brauchte nur einen kurzen Blick auf die Unterlagen zu werfen, und schon war mir klar, daß er es niemals aus eigener Kraft schaffen würde, selbst wenn wir die Kreditlaufzeit verlängern und damit den Ratensatz reduzieren würden. Er hatte tatsächlich kaum noch Geld zum Leben.«
    »Aber es gibt doch meines Wissens einen gewissen Mindestsatz, den eine Familie zum Leben zur Verfügung haben muß … Dafür gibt’s doch das Sozialamt …«
    »Sicher gibt’s diesen Mindestsatz und das Sozialamt. Aber wenn Herr von Marquardt zum Sozialamt gegangen wäre, wäre dies auch mit bestimmten Auflagen dererseits verbunden gewesen. Er hätte zum Beispiel unter Umständen sein Auto aufgeben müssen, und es gibt so einige andere Bedingungen, die einem auferlegt werden können, bevor man Anspruch auf Sozialhilfe hat. Aber ich glaube, die muß ich jetzt nicht alle nennen, oder?«
    »Verstehe.« Henning nickte und fragte weiter: »Und wie kam es dann zu Ihrem sogenannten Arbeitsverhältnis? Haben Sie sich in ihn verliebt?«
    Nicole Vabochon verzog den Mund zu einem leichten Lächeln.
    »Muß ich darauf antworten?«
    »Müssen nicht, aber interessieren würde es mich schon.«
    »Also gut, er gefiel mir. Er gehörte nicht zu den aufgeblasenen, von sich eingenommenen Gockeln, die meinen, jede Frau rumkriegen zu müssen … Ja, ja, schon gut, ich sehe Ihrem Blick an, was Sie denken, aber mein Aufzug, dieses Erzkonservative habe ich bewußt für meine berufliche Tätigkeitgewählt. Sie glauben gar nicht, was hier für Typen rumlaufen. Ich sehe nicht immer so aus. Aber um Ihre Frage vollständig zu beantworten – ich behielt die Unterlagen hier, denn wie gesagt, mir gefiel dieser eher schüchterne Mann, und ich versprach, ihm am nächsten Tag eine Antwort zukommen zu lassen. Ich rief ihn in der Firma an, bat ihn um ein Treffen, aber nicht hier in der Bank, sondern in einem kleinen italienischen Restaurant, was er sicherlich befremdlich fand, aber er kam …«
    »Hatten Sie keine Angst, daß seine Frau davon erfahren würde?« unterbrach Henning sie.
    »Ich habe ihm nur gesagt, es würde genügen, wenn er allein käme. Und er kam allein. Ich hatte mich natürlich umgezogen und, wie man so schön sagt, hübsch gemacht. Wir aßen und tranken und fuhren zu mir, wo wir den Vertrag aushandelten. Seitdem arbeitet er für mich. Und er braucht sich nicht länger mit Schulden herumzuplagen. Wollen Sie noch mehr wissen?«
    »Nein, nein, schon gut, ich denke, ich habe genug erfahren. Ich werde auch Herrn von Marquardt gegenüber nichts von diesem Gespräch erwähnen. Haben Sie vielen Dank für Ihre Auskünfte.« Er stand auf, reichte Dr. Vabochon die Hand. Sie hat schöne Augen, dachte er. Zurechtgemacht sieht sie bestimmt ganz passabel aus. Er wollte gerade gehen, als er mitten im Raum stehenblieb, sich umdrehte und sagte: »Ich habe Sie doch gestern nach einem Herrn Holbein gefragt, den Inhaber der P RO C OM , ob Sie ihn kennen, erinnern Sie sich?«
    »Ja, sicher.«
    »Herr Holbein ist letzte Nacht Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Wahrscheinlich von demselben Täter oder derselben Täterin, die auch schon Meyer und Neubert auf dem Gewissen hat. Nur zu Ihrer Information.«
    »Schrecklich. Und keine Spur?«
    »Keine, nur eine Zigarettenkippe …«
    »Aha, deshalb vorhin der kurze Dialog über Zigaretten … Sie bringen mich doch nicht etwa mit diesen Verbrechen in Verbindung? Oder etwa doch?« fragte sie lächelnd.
    »Nein, die Kippe, die wir gefunden haben, war eine Lucky Strike. Auf Wiedersehen.«
    Er schloß die Tür hinter sich, sah nicht den starren Blick, der ihn hinausbegleitete.
    Als Henning wieder im Präsidium war, rief er bei David an. Informierte ihn kurz über den Tod von Holbein. Und daß dieser Tod ganz offensichtlich in direktem Zusammenhang mit den beiden anderen Morden stand. David hörte einfach zu und legte dann wortlos auf.

Montag, 8.00 Uhr
    Das Wochenende verlief erstaunlich ruhig, die Fistelstimme rief nur einmal an, und Nicole verhielt sich ausgesprochen friedlich; sie trank kaum etwas.
    David und Esther

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