Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
mich wieder melden. Hier bin ich. Ist dein Sohn Alexander schon zu Hause?«
    »Ich weiß nicht, ich habe geschlafen. Warum?«
    »Ach, du brauchst auch gar nicht nachzuschauen. Dein Sohn wird nicht nach Hause kommen. Hey, Drecksau, alles klar mit dir?«
    »Was ist mit ihm? Was haben Sie mit ihm gemacht?« fragte David mit tonloser Stimme.
    »Oh, welch rührende Sorge! Es steht dir gut, Drecksau,wenn du dich so sorgst. Du willst wissen, was wir mit ihm gemacht haben? Wir haben getrunken, er hat wohl ein klein wenig zuviel getrunken, er verträgt nicht viel, nicht? Sei’s drum, er ist das Trinken ja auch gar nicht gewöhnt, er ist ja religiös, soweit ich weiß. Der arme Kerl, als er so besoffen in der Gegend rumgetorkelt ist, hat er doch tatsächlich nach einem Schuß verlangt. Du weißt doch, was ein Schuß ist? Es ist dieses ekelhafte Zeugs, das sich die Junkies immer in die Arme oder Beine oder Füße spritzen! Wie hätten wir einem lieben Jungen wie deinem Alexander diesen Herzenswunsch nur abschlagen können?! Einem Freund erfüllt man doch jeden Wunsch. Auch wenn er etwas kostspieliger ist. Aber wir haben an der Spritze gespart; ein Freund, einer, der’s nicht mehr lange macht, hat uns seine geliehen. Der Ärmste wird bald verrecken, Aids ist was Schreckliches. Wenn man sich diese entstellten Gestalten ansieht, kann man das kalte Grauen bekommen. Aber es war die einzige Spritze, die wir hatten. Leider gab es keine Möglichkeit, sie vorher zu reinigen. Aber wie ich schon sagte, Alexander bestand darauf.«
    »Sie gottverdammtes Schwein, das haben Sie nicht wirklich getan! Sagen Sie’s, daß Sie …«, heulte David auf.
    »Du wirst ausfällig, Drecksau! Ich sagte dir, ich habe nur den Wunsch deines lieben Sohnes erfüllt. Irgendwann wird dieser Wunsch ihm leider zum Verhängnis werden. Schlaf gut, Drecksau!«
    »Halt, halt, nicht auflegen! Er hat nie in seinem Leben auch nur einen Tropfen Alkohol angerührt, von Drogen ganz zu schweigen! Wo ist er jetzt?«
    »Er liegt in irgendeinem Bunker, einem finsteren, ekelhaft stinkenden Loch, wo die Ratten sich ficken. Er wird heimkommen, sobald er wieder krabbeln kann. Ciao, Drecksau!«
    »Einen Moment noch, was ist mit Ihrem Auftraggeber? Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Oh, natürlich, ich habe mit ihm gesprochen. Du wirst von ihm hören.«
    Dann war die Leitung tot. Thomas, Nathalie, Alexander. Zerstochene Reifen, eingeschlagene Scheiben, Päckchen, eine tote Schlange. Er konnte nicht mehr schlafen. Statt dessen betrank er sich, um nicht wahnsinnig zu werden. Als er betrunken war und kaum noch aufrecht stehen konnte, kniete er sich hin, die Hände ineinander verkrampft, und er schrie mit lallender Stimme zu Gott, wo er sich denn versteckt halte, wann er denn endlich ihn, David, tragen würde! Er schrie und heulte und schrie und jammerte, und dann stand er auf und torkelte ins Schlafzimmer und ließ sich aufs Bett fallen, das sich wie ein Karussell zu drehen begann. Er schlief ein.

Dienstag, 11.50 Uhr
    Alexander kam am Dienstagmittag nach Hause. Er war blaß, tiefe Ränder lagen unter seinen Augen, die Schritte schwankend und schwerfällig. David sah ihn von weitem kommen, er rannte die Treppe hinunter, seinem Sohn entgegen. Er schien Schmerzen zu haben, hielt sich an einem Laternenpfahl fest, schloß die Augen und kam langsam auf David zu. David nahm ihn am Arm und geleitete ihn ins Haus. Alexander stank nach Urin und Kot, die Fistelstimme hatte nicht gelogen, sie hatten ihn buchstäblich in die Scheiße gelegt.
    »Was ist passiert?« fragte David besorgt.
    Alexander setzte sich auf einen Küchenstuhl, schüttelte den Kopf und stöhnte vor Schmerzen auf. »Ich kann mich kaum erinnern. Ich war auf dem Heimweg vom Zelten …«
    »Du wolltest doch schon am Sonntag kommen«, unterbrach ihn David.
    »Ist doch egal. Die andern sind jedenfalls alle nach Hause gefahren, und ich bin noch ein bißchen in die Billardhalle gegangen. Ich hab dort mit zwei Typen gespielt, ein dritter hat danebengestanden. Dann hat einer von ihnen gemeint, wir könnten uns doch noch ein paar Videos reinziehen. Sie sind mit mir an einen fremden Ort gefahren, dann haben sie mich aus dem Auto gezerrt, mich geschlagen und eine Flasche Schnaps genommen und in mich reingeschüttet … ab dann kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich bin vorhin in einem Bunker aufgewacht. Ich stinke wie die Pest. Solche fürchterlichen Kopfschmerzen habe ich noch nie gehabt, und mir ist hundeelend.«
    »Kann ich bitte

Weitere Kostenlose Bücher