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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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bis Ende ein einziges, tiefes Tal. Und so sehr sie sich auch abmühen, es gibt keine Möglichkeit, dieses Tal je zu verlassen. Aber es ging uns doch viele Jahre wirklich gut. Es war doch nicht nur ein tiefes Tal, durch das wir gegangen sind, es ist doch erst im letzten Jahr so schlimm geworden. Aber es gibt auch einen Weg nach oben. Du schaffst es wieder, da bin ich sicher.«
    »So hast du noch nie mit mir geredet, Thomas. Ich bin überrascht.«
    »Ich habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Tag für Tag und Nacht für Nacht liegst oder sitzt du eingesperrt in einem Zimmer und grübelst. Dann fängst du an, mit deinem Schicksal zu hadern, du schaust in die Glotze, ohne daß du etwas siehst, dann versuchst du, Bücher zu lesen, und irgendwann fängt dein Verstand an, klarer zu werden. Ich habe erkannt, daß dieses Leben aus mehr als nur Arbeit und Vergnügen besteht. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe Gott gesucht, und ich habe ihn gefunden. Ich war verzweifelt und habe ihn gefragt, ob er nur ein Gott ist, der bei mir war, wenn es mir gut ging, denn er hatte mir doch versprochen, immer mit mir zu sein. Ich dachte genau darüber nach, und als ich das Buch erneut aufschlug, stand dort die Geschichte von jemandem, der Gott genau die gleiche Frage stellte: Wo warst du, Gott, als es mir schlecht ging? Hast du mir nicht versprochen, immer bei mir zu sein? Hier schau, die Fußspuren, solange es mir gutging, sah ich vier Fußabdrücke im Sand. Und plötzlich waren es nur noch zwei. Und weißt du, was Gott ihm antwortete? Gott sagte: Mein Sohn, dort, wodu nur zwei Abdrücke sahst, dort habe ich dich getragen. Ich fürchte, Gott wird mich jetzt oft tragen müssen. Nicht wahr, Vater?«
    David schluckte schwer, ein Kloß hatte sich in seinem Hals festgesetzt. »Gott wird dich tragen, da bin ich sicher. Er wäre ein schlechter Gott, würde er es nicht tun. Und mein sehnlichster Wunsch ist, daß du zumindest einigermaßen wiederhergestellt wirst.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken, Vater. Es wird alles gut werden. Ich würde mich freuen, wenn du morgen kämst, um mit dem Arzt zu sprechen. Und bring was zum Lesen mit, ich vergehe vor Langeweile.«
    »Mach’s gut, Thomas, du bist ein guter Junge.«
     
    Direkt nach Thomas rief Johanna an. Ihre Stimme hatte nichts von der Kälte des letzten Gesprächs eingebüßt, sie wollte sich eigentlich nur kurz melden, um David Bescheid zu sagen, daß Nathalie sich körperlich auf dem Weg der Besserung befand.
    »Hör zu, Johanna, Thomas ist unter Hypnose gesetzt worden, und stell dir vor, er konnte die Tat rekonstruieren. Er ist unschuldig, Johanna, unschuldig. Er hat nichts Unrechtes getan.«
    »Schön, ich habe es immer gewußt …«
    »Freust du dich denn gar nicht?« fragte David, irritiert über die Emotionslosigkeit in ihrer Stimme.
    »Worüber sollte ich mich schon noch freuen? Daß meine Familie allmählich dem Untergang entgegentreibt und keiner etwas dagegen unternimmt? Wir sind verdammt, David, einfach nur verdammt.«
    »Diese Worte aus deinem Mund? Das klingt sehr seltsam …«
    »Irgendwann ist auch meine Kraft aufgebraucht. Ich kann nicht mehr. Ich werde mit den Kindern bis zum Ferienende hierbleiben, das habe ich heute beschlossen. Es macht dir doch sicher nichts aus …«
    »Wie geht es Nathalie?«
    »Von Tag zu Tag ein bißchen besser. Sie geht aber keinen Schritt ohne mich. Sie steht neben mir, willst du sie sprechen?«
    »Gib sie mir … Hallo, Nathalie, wie geht’s?«
    »Ganz gut.«
    »Es tut mir leid, daß ich nicht kommen konnte, aber …«
    »Schon gut, ich weiß schon, daß es nicht ging. Mutti will dich noch mal haben. Tschüs.«
    »David, paß auf dich auf und sag Alexander, daß auch er auf sich aufpassen soll. Bis bald.«
     
    Den Abend verbrachte David mit Nicole und Esther, sie spielten Mensch ärgere dich nicht, hörten dabei Musik, tranken Whisky-Cola.
    Als es Mitternacht war, fuhr David nach Hause, in der Hoffnung, Alexander würde endlich zu Hause sein, hatte er doch versprochen, schon am Sonntag heimzukommen. Er war noch immer nicht zu Hause, doch Alexander hatte sicher einen Schlüssel bei sich. Um halb zwei Uhr morgens klingelte das Telefon. David brauchte eine Weile, um sich zurechtzufinden, dann sprang er aus dem Bett. Sein Kopf schmerzte, er hatte wieder einmal zuviel getrunken, er nahm den Hörer ab.
    »Hallo, Drecksau! Hab ich dich aus dem Bett geholt?«
    »Was wollen Sie?« fragte David, auf einmal hellwach.
    »Ich hab doch gesagt, ich würde

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