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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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neben sie. Die drückende Schwüle des Tages, die ihn seit dem Aufstehen mit stechenden Kopfschmerzen in der linken Schläfe peinigte, war mit Einbruch der Nacht verschwunden und hatte auch die Kopfschmerzen mitgenommen.
    »Es ist schön hier oben, nicht?« sagte sie nach einer Weile.
    »Man hat einen wunderbaren Blick über Frankfurt.«
    »Hmh.«
    »Und – haben Sie es sich überlegt?«
    »Es ist absurd, pervers oder wie immer Sie es nennen mögen! Und Sie wissen das ganz genau! Und …«, er schloß die Augen und flüsterte, »ich habe meine Frau noch nie betrogen.«
    »Betrug, Betrug! Sie betrügen Ihre Frau nicht. Sie zahlen nur Ihre Schulden zurück. Sie würden Ihre Frau betrügen, wenn Ihr Herz bei mir wäre. Ich will aber nicht Ihr Herz, ich will nur Ihren Körper.«
    »Als ob man das eine vom andern trennen könnte!«
    »Mein Gott, sind Sie ein komischer Mann! Bisher habe ich eigentlich gedacht, gerade Männer könnten das eine vom andern trennen! Aber bitte, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Ich kann Sie selbstverständlich nicht zwingen, auf mein Angebot einzugehen … Wenn Sie überzeugt sind, Ihre Probleme auch anderweitig zu meistern …«
    Sie wußte, er war in einer Lage, aus der er sich nicht aus eigener Kraft befreien konnte. Sie wußte es und nutzte diese Tatsache gnadenlos aus. Sein Gewissen meldete sich, erdachte an Johanna, daß er sie nie betrogen hatte. Er hatte noch nie die Ehe gebrochen. Er hatte Johanna noch nie wirklich weh getan. Und warum nicht? Aus Überzeugung? Aus Angst? Hätte man ihn gefragt, er hätte geantwortet, er wüßte es nicht … Und jetzt? Doch wie um alles in der Welt konnte er auf tausendachthundert Mark verzichten! Tausendachthundert Mark, tausendachthundert Mark! Minuten vergingen, in denen die Vabochon rauchte, vom Balkon ins Zimmer ging, sich zu trinken einschenkte und wieder auf den Balkon zurückkehrte.
    Und er dachte. Und je mehr und je länger er dachte, seine Lungen die sauerstoffreiche Nachtluft aufnahmen, der Alkohol seine beruhigende Wirkung entfaltete, desto überzeugter wurde er, daß ihm keine andere Wahl blieb. Denn vor nicht allzulanger Zeit hatte dieses teuflische Leben die Karten neu gemischt und ihm ein verdammt schlechtes Blatt zugeteilt.
    Diese Welt war eine Welt für die Starken, und er wollte unter den Starken überleben. Seine Kinder sollten es wieder besser haben und nicht mehr den Druck finanzieller Not spüren müssen. Er wollte ihnen wieder Wünsche erfüllen können, die jetzt noch utopisch schienen, wollte Johanna Geschenke machen, auf die sie Anspruch hatte, eine kleine Entschädigung für das schreckliche letzte Jahr. Und jetzt brauchte er nur die Hände auszustrecken, das Angebot von Dr. Vabochon anzunehmen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
    Und beging er wirklich Ehebruch, wenn er nicht mit dem Herzen dabei war, sondern nur den Unterleib einsetzte? Und bei dieser Frau, bei diesem Körper würde er sicher keine Probleme haben, den Unterleib einzusetzen!
    »Was werden Sie tun, wenn ich ablehne?«
    Ihr harter Blick strafte das sanfte Lächeln Lügen. »Wir werden Ihnen keine Stundung mehr gewähren. Wir werden alles pfänden, was rechtlich pfändbar ist. Sie werden zumLeben nur das Allernötigste haben, und glauben Sie mir, das ist sehr, sehr wenig. Es täte mir leid für Sie und Ihre Familie. Aber wenn Sie ablehnen, lassen Sie mir leider keine andere Wahl.«
    »Wie lange?«
    »Was, wie lange?«
    »Wie lange soll das gehen?«
    »Bis alles bezahlt ist. Etwa vier Jahre.«
    »Vier Jahre!« Er lachte in einem Anflug von Galgenhumor auf, ihm war kotzelend. »Vier Jahre sind eine Ewigkeit!«
    »Aus eigener Kraft werden Sie in vier Jahren noch nicht einmal die Hälfte Ihrer Schulden beglichen haben«, entgegnete sie kalt. Sie drehte sich um, lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer. »Ich erwarte Ihre Antwort allerdings noch heute abend. Sollten Sie gehen, ohne mir geantwortet zu haben, werte ich das als Ablehnung.«
    »Und was, wenn ich ja sage?«
    »Dann ist alles dafür bereit, schon heute abend die erste Abzahlung zu leisten. Was ich allerdings nicht von Ihnen verlange. Einen Tag würde ich Ihnen noch zugestehen.«
    »Bekomme ich es schriftlich?«
    Sie schüttelte den Kopf, lachte ihn aus. »Für was halten Sie mich? Nein, nichts Schriftliches! Es könnte für uns beide nur von Nachteil sein. Die mündliche Vereinbarung muß Ihnen genügen.«
    »Und wie kann ich sichergehen, daß Sie mich nicht reinlegen? Ich biete Ihnen

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