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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Sessel. Der Schrank mit den Lamellentüren war in die Wand eingelassen und offensichtlich begehbar. Der Nachtschrank und die Schranktüren leuchteten in unersättlichem Rot, sonst war alles in ein kräftiges Dunkelblau getaucht, wie das Mittelmeer, wenn die allmählich sich dem Horizont zuneigende Abendsonne es in tiefes Blau taucht. Ein perfektes Zimmer. Als er in der Zimmermitte stand, ließ er den Blick von einer Ecke in die andere wandern und wähnte sich in einer anderen Welt, einem anderen Universum, und als er seine Augen zur Decke hob, glitzerten dort Lichtjahre entfernte Sterne und Milchstraßen, als wäre da keine Decke, sondern der Ausgang in die Unendlichkeit des Universums. Sie hatte sich das Weltall ins Schlafzimmer geholt!
    »Es ist großartig! Wie sind Sie auf die Idee mit der Decke gekommen?«
    »Fast alle haben weiße Decken, phantasielos, wie ich meine. Ich bin nun mal für das Besondere, wie Sie vielleicht schon bemerkt haben. Es gefällt Ihnen also?« Sie kam näher, blieb dicht neben ihm stehen, sah ihn von der Seite an, er spürte ihren Atem in seinem Gesicht. Sie setzte sich auf das von einer blauen Samtdecke bedeckte Bett, schlug die Beine übereinander. »Ich hasse diese sterilen Schleiflackzimmer mit den weißen Tapeten und rosa Bettvorlegern. Mich zieht das Außergewöhnliche an und sonst nichts … in jeder Beziehung! Kommen Sie, setzen Sie sich aufs Bett und fühlen Sie, wie gut man darauf – sitzt.«
    »Es war sicher nicht billig, das alles so …«
    »Was ist schon Geld? Nun kommen Sie schon und setzen Sie sich.«
    Unsicherheit. Was, wenn er sich setzte? Faßte sie das dannbereits als Zustimmung auf? Er setzte sich einen Meter entfernt von ihr, die Matratze war weich, eher amerikanisch. Eine Matratze, so typisch amerikanisch wie Marshmallows und rosafarbene oder giftgrüne Puddings, diese so unglaublich kitschigen Perlonkleider und die riesigen, schwerfälligen, benzinfressenden Karossen. Und dazu Fleetwood Mac oder Canned Heat hören und sich einfach treiben lassen! Vor drei Jahren war er mit Johanna in Florida gewesen, Key West, hatte Hemingways Haus besucht, im warmen Meer gebadet, sich abends mit Johanna an den Strand gesetzt und zusammen mit Hunderten anderer den Sonnenuntergang zelebriert, wie man ihn wohl sonst nirgends zelebrierte, man sah andächtig der Sonne zu, wie sie sich, nach einem langen, anstrengenden Tag müde geworden, allmählich zur Ruhe setzte und in der Unendlichkeit des Horizonts in das Meer eintauchte und Platz machte für eine milde Nacht. Bis auf einmal, wo es fürchterlich regnete, hatten sie diesem Zeremoniell Abend für Abend beigewohnt. Und sie hatten sich vorgenommen, wieder einmal hinzufahren, noch einmal diese Lust zu verspüren und diese Atmosphäre. Doch wie es aussah, würde daraus nichts mehr werden, würde ein Wunder geschehen müssen, damit er je wieder den Boden Floridas unter seinen Füßen spürte.
    Er wippte ein paarmal auf und ab, sie rückte näher, eine Bewegung ihres Kopfes, und Schwaden ihres Parfüms füllten die Luft. Er stand vor der perversesten Entscheidung seines Lebens, überzeugt, nicht einmal der phantasiebegabteste Schriftsteller war in der Lage, sich je diese Situation auszudenken. Es war, als forderte man ihn auf, barfuß über die Kante einer Rasierklinge zu gehen, ohne sich dabei zu schneiden.
    »
Muß
ich die Entscheidung heute treffen?«
    »Noch immer Zweifel? Denken Sie an die Vorteile und nur daran. Es gibt keine Nachteile!«
    »Nicht Sie müssen die Entscheidung treffen …«
    »Wollen Sie vielleicht erst mit Ihrer Frau darüber sprechen?« fragte sie spottend, er reagierte nicht darauf, wirkte abwesend.
    »Und es ist wirklich völlig gefahrlos?«
    »Was bereitet Ihnen eigentlich mehr Sorgen – ob Sie etwas Ungesetzliches tun oder daß Sie mit mir schlafen sollen?«
    Schulterzucken.
    »Nun, Sie müssen selbstverständlich nicht darauf antworten …«
    Er stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel, faltete die Hände und drückte sie so fest zusammen, daß die Knöchel weiß hervortraten. »Wo ist der Haken? Wo, zum Teufel, ist der verdammte Haken?«
    »Welcher Haken? Sie tun etwas für mich und ich etwas für Sie. Ein fairer Handel.«
    »Ein fairer Handel, ein fairer Handel! Es ist kein fairer Handel! Und Sie wissen das verdammt genau!« Er fuhr mit dem Handrücken über die Stirn, wischte den Schweiß ab. Da war die Angst wieder! Was immer er tun würde, es war falsch. Doch was war der am wenigsten falsche Weg? Er

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