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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ganzen Heuchelei einverstanden gewesen wäre, denn zeitlebens war er ein kerniger, teils poltriger, manchmal sogar ein wenig ungehobelter Mann gewesen, der seine Zunge oft nicht im Zaum hielt. David glaubte auch nicht, daß Schwiegervater von diesen Tagen bis zur Beisetzung begeistert gewesen wäre, bestimmt hätte er lieber eine Kapelle mit Seemannsliedern an seinem Grab spielen lassen, seine Kumpel in Angelzeug, und über allem den Duft des Sees, vermischt mit dem fettigen Rauch des Räucherofens, und statt Tränen und salbungsvoller Worte nur den Satz »Hier liegt ein Mann, der nie anders gelebt hat, als er leben wollte«.
     
    Sonntag abend kehrte David heim. Er genoß die Fahrt, die Stille, die Möglichkeit nachzudenken, sich nicht die bisweilen spitzen Bemerkungen von Johanna anhören zu müssen, wenn sie auf sein neues Laster zu sprechen kam und wie es ihn veränderte. Zwei Staus hielten ihn kurz auf, und die Sonne brannte unbarmherzig durch die Fenster.
    Die Wohnung war notdürftig aufgeräumt, Nathalie undMaximilian hatten sich bereits fürs Bett fertig gemacht, jetzt saßen sie vor dem Fernsehapparat, was Großmutter sichtlich mißfiel. Alexander war mit Freunden unterwegs. David war erschöpft von der langen Fahrt, er hatte Durst und Hunger. Bevor er aß, duschte er, zog frische Sachen an und setzte sich ins Wohnzimmer zu Nathalie und Maximilian. Er sagte, sie möchten ihn doch bitte einen Moment allein lassen, außerdem wäre es an der Zeit, ins Bett zu gehen. Sie küßten ihn beide auf die Wange, Maximilian, blaß wie immer, hauchte ihn an, um zu beweisen, daß er sich die Zähne geputzt hatte. Als David allein war, kam Mutter mit einem Tablett herein, sie hatte zwei Brote mit Salami und Streichkäse gemacht und eine Kanne Tee gekocht. Sie stellte alles wortlos vor David ab und setzte sich ihm gegenüber, die Beine eng geschlossen, die Hände um die Knie geschlungen. Sie fragte kühl und trocken, wie es gewesen war, und David beantwortete ihre Fragen in kurzen und knappen Worten.
    »Wie ging es mit den Kindern?«
    »Sie machen keine Probleme. Nur Alexander, ist er auch sonst jeden Abend unterwegs? Ich finde, ein junger Mann wie er sollte früher schlafen gehen.«
    »Die Zeiten haben sich geändert.«
    »Vorhin hat auch eine Frau von der Wach- und Schließgesellschaft angerufen. Du sollst sie zurückrufen.«
    »Was hat sie gewollt?« fragte er beim Essen.
    »Weiß nicht, sie wollte dich sprechen.«
    »Wann hat sie angerufen?«
    »Kurz bevor du gekommen bist. Diese Frau hat sich nett angehört. Kennst du sie?«
    »Flüchtig.«
    »Sie hat aber deinen Vornamen genannt. Sie hat sich außerdem sehr eingehend nach dir erkundigt.«
    »Na und?! Außerdem, was geht es dich an?«
    »Ich bin deine Mutter, und ich mache mir Gedanken …«
    David ließ das Brot sinken und schaute seine Mutter mit zuSchlitzen verengten Augen an. »Worauf willst du hinaus?« fragte er scharf.
    »Sie hat nicht so geklungen, als …«
    »Als was?«
    »Ich denke, du bist in Schwierigkeiten.«
    »Und ich denke, das geht dich einen feuchten Dreck an! Es ist mein Leben!«
    »Stimmt, entschuldige«, sagte sie und lehnte sich zurück.
    »Ich weiß genau, was in deinem alten Schädel vorgeht! Du denkst, ich habe ein Verhältnis mit dieser Frau? Und du machst dir Gedanken um mein Seelenheil? Gut, dann bete doch ein paar Rosenkränze für mich, damit ich nicht in die Hölle komme!« höhnte er. »Aber vergiß dabei nicht, auch für dich welche zu beten, denn du kommst vor mir dort unten an!« zischte David und sprang auf. Er schnaubte wie ein zorniges Pferd, während seine Mutter auf der Couch immer kleiner wurde und David mit entsetztem Blick ansah, als ahnte sie die kommenden Worte.
    David fuhr fort: »Ich werde dir jetzt etwas erzählen, von dem nur ich, Erhard und du etwas wissen, und vielleicht auch Vater. Und der da oben, du weißt schon, der mit den Rosenkränzen«, sagte er, bitterböse grinsend. »Du weißt, was jetzt kommt? Ja, weißt du’s? Ehrlich, ich habe Jahr um Jahr um Jahr auf diesen Moment gewartet. Jahr um Jahr habe ich mit mir gerungen, ob ich es endlich loswerden sollte oder nicht. Ich werde es tun, und mir ist scheißegal, was dann mit dir wird, ich weiß nur, was aus mir geworden ist. Ich war zwölf Jahre alt, zwölf verdammte junge Jahre, als ich euch gesehen habe, dich und Erhard! Dich und deinen abgöttisch geliebten Sohn! Ich hatte mein Schulbrot vergessen, und weil ich sieben Stunden Schule hatte, brauchte ich es. Vor

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