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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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arbeiten oder Besorgungen machen. Ich habe immer nur den Abfall bekommen, wie ein räudiger Straßenköter, ich mußte seine Sachen auftragen, aufräumen, spülen, den Rasen mähen, einkaufen, Beete bepflanzen. Und ich Idiot habe alles getan!« Er schüttelte den Kopf, seufzte auf. »Aber so sehr ich auch um wenigstens ein bißchen Zuneigung gebettelt habe, keiner von euch hat sie mir gegeben … nicht einmal Vater. Ist es nicht seltsam, daß der einzige Mensch in der Familie Marquardt, der etwas für mich empfindet, eine Schwachsinnige ist? Sie macht keinen Unterschied, sie akzeptiert mich so wie ich bin. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie du das alles mit deinem Gewissen vereinbaren willst oder kannst. Aber eines werde ich nie vergessen – du hast jeden Tag eine Kerze aufgestellt, hast die Marienbilder abgestaubt und voll Hoffnung draufgeschaut und hast Millionen und Abermillionen Rosenkränze runtergeleiert, jawohl runtergeleiert, ähnlich wie die Pharisäer es getan haben, und doch hast du so etwas Abscheuliches getan! Du hast mit deinem eigenen Sohn geschlafen, du hast dich von ihm vögeln lassen! Glaubst du ernsthaft, daß der von dir gepredigte Gott dir das jemals verzeihen wird? Und du hast auch keine Chance mehr, das Unrecht wiedergutzumachen, denn der liebe, gute, vergötterte Erhard weilt nicht mehr unter uns. Traurig, nicht?! Ich möchte nur zu gerne wissen, wie du dir jetzt vorkommst. Elend, verzweifelt? Aber im Prinzip ist mir das scheißegal, mir ist scheißegal, was aus dir wird. Johanna weiß, daß ich dich nicht mag, aber sie weiß nicht, daß ich dich in Wirklichkeit bis ins Mark hasse und verabscheue. Und du kannst beruhigt sein, ich habe ihr gegenüber auch nie ein Wörtchen verloren über das, was vorgefallen ist. Wüßte sie es, würde sie vielleicht vieles verstehen.«
    »Bist du fertig?« fragte sie mit tonloser Stimme.
    »Hast du etwa schon genug?« höhnte David.
    »Erhard war die einzige Liebe in meinem Leben, das dein Vater mir versaut hat. Und Gott weiß, was ich in meinem Herzen fühle. Er wird mir vergeben …«
    »Bist du dir da so sicher? Aber wie nicht anders zu erwarten, müssen andere für deine Sünden herhalten! Vater, natürlich, er war ja nur ein kleiner Landarzt, der sich mit Mensch und Vieh gleichzeitig abgab. Er konnte dir nicht das bieten, was du dir in deinen vermessenen Träumen ausgemalt hattest, Luxus, edle Menschen, edle Stoffe. Du dachtest wohl immer, zu einem Adelstitel müsse auch Geld gehören. Du bist so anders, als Tante Maria war! Sie habe ich als meine wirkliche Mutter betrachtet – bis dieses unsägliche Unglück geschah. Manchmal würde ich alles dafür geben, wenn Tante Maria noch am Leben wäre. Aber ausgerechnet sie mußte sich umbringen! Wenn ich nur wüßte, weshalb sie es getan hat!«
    »Ich werde jetzt zu Bett gehen«, sagte Davids Mutter, ohne diese Frage zu beantworten. »Ich brauche meinen Schlaf.«
    »Natürlich brauchst du den. Du hast ja immer gut schlafen können, und so wird es auch weiterhin sein. Verrat mir nur, wie geht das, wie verdrängt man? Oder unterdrückt man? Oder was tut man, um nicht ständig erinnert zu werden? Es würde mir helfen, das Rezept zu kennen …«
    »Halt den Mund, David! Du hast mich genug gedemütigt!«
    »Meinst du wirklich, daß ich das habe? Ich dich gedemütigt? Wenn hier jemals irgendwer gedemütigt wurde, dann ich von dir! Aber ich werde jetzt trotzdem meinen Mund halten. Das Wichtigste ist gesagt.«
    »Ich werde von deinem Verhältnis nichts Johanna gegenüber erwähnen …«
    »Von was für einem Verhältnis zum Teufel noch mal sprichst du eigentlich?«
    »Es ist gut, David. Vergiß es! Ruf sie an.«
    »Ja, ich werde diese Frau anrufen. Auch wenn du’s nicht glaubst, sie ist ein Teil meiner Arbeit! Ich arbeite nebenbei, um meiner Familie etwas bieten zu können! Wir wollen nämlich so schnell wie möglich raus aus diesem verdammten Haus mit den bepißten Wänden und Stufen, den Sandkästen, in denen die Junkies ihre Spritzen einfach liegenlassen. Vor einem Jahr noch konnten wir uns alles leisten, was wir wollten, und jetzt … wir haben Schulden, aber das interessiert dich nicht! Erhard hätte noch so viele Schulden haben können, du hättest sie ihm alle bezahlt. Mir hast du nie auch nur eine Mark zukommen lassen. Meine Kinder, deine Enkelkinder, haben von dir noch nie ein Geschenk erhalten. Hätte Erhard Kinder gehabt, sie würden von dir mit Geschenken nur so überhäuft.« Er machte eine winzige

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