Die Barbaren
du?« fragte Skoppr.
»Cahrn«, sagte der Krieger.
»Gut, Cahrn. Lehne dich zurück. Du fühlst dich schläfrig, nicht wahr?«
»Ja… jetzt, wo du es sagst, Schamane… kann ich die Augen kaum mehr offen halten…«
Skoppr starrte ihn eine Weile an, bis er sicher war, daß der Pilz ihn von allen körperlichen Bindungen befreit hatte, dann fragte er vorsichtig:
»Cahrn?«
»Cahrn?« fragte die Stimme Cahrns schläfrig. »Heißt der Kerl so?«
»Ja«, erwiderte Skoppr erregt. »Und wie heißt du?«
»Ich… warte… ha, das hat mich so lange keiner gefragt, daß ich es fast vergessen hätte. Ava… Avaroll… Fürst Avaroll von… wenn diese lorvanischen Barbarenhunde mich nicht…«
»Das würde ich nicht so laut sagen, Fürst Avaroll«, unterbrach ihn Skoppr sanft.
»Warum sollte ich nicht…? Verdammt, ich fühle mich so… es ist so düster und da sind Erinnerungen, die ich fürchte… warum sollte ich nicht…«
»Weil du in einer lorvanischen Haut steckst, Fürst«, erklärte Skoppr mit jener Nachsicht, die die einzige Waffe gegen den Unglauben ist.
Aber Avaroll begegnete seiner Erklärung nicht mit Unglauben. Er schwieg.
Statt dessen sagte eine andere Person: »Ein Mund zum Sprechen… große Mutter Vagis! Wenn meine Jungfräulichkeit nicht verloren wäre, und die Erinnerung daran nicht so deutlich, würde ich bei meiner Reinheit schwören…«
»Wer bist du?« fragte Skoppr.
»Ileen«, murmelte die Stimme schläfrig. »Seid Ihr es, Avaroll? Mein Körper fühlt sich so… fremd an… Avaroll, warum antwortet Ihr nicht… o, meine Göttin, diese Männer mit ihren schrecklichen Fellen am Körper… lieber den Tod! Nein… nicht den Tod…nicht den Tod .!«
Die Stimme erstarb mit einem schwachen Schrei, dann blieb der Körper stumm. Der Krieger schlief, tief und unweckbar für die nächsten Stunden, wie es der Wirkung des Pilzes entsprach.
Skoppr grübelte eine Weile über das Gehörte nach. Tote waren im Geist dieses Kriegers, durch eine magische Kraft in ihm gefangen. Wenn er wach war, würde er ihn fragen, was geschehen war – mit ihm und den anderen von Urgats Männern.
Er beschloß, Nottr nicht sofort die volle Wahrheit zu sagen. Sie konnten die Krieger, die am Morgen aufgebrochen waren, nicht mehr einholen. Der Augenblick der Wahrheit stand erst im Hauptlager bevor. Das war ein wesentlich sicherer Platz – denn er kannte Nottres Grimm und seine Liebe für Olinga.
Und zu diesem Zeitpunkt würde es auch keine Umkehr mehr geben, und die dunklen Omen würden gebannt sein.
4.
Am Morgen waren die Krieger erst einmal damit beschäftigt, die Nachwirkungen des Opis in der frischen Luft loszuwerden. Nur Cahrn schlief wie ein Toter, unbekümmert um die Flüche der Männer.
Nottr ließ ihnen nicht viel Zeit, er schien selbst am wenigsten zu spüren. Er drängte zum Aufbruch.
»Oder sprechen die Omen gegen einen Aufbruch, Schamane?«
Skoppr schüttelte verneinend den Kopf. »Ich bin hier, weil ich die Geister der Lorvaner noch einmal befragt habe. Es gibt Omen, die ihre Bedeutung oft erst nach einer zweiten Befragung enthüllen.«
»Du hast sie alle gedeutet?«
»Das habe ich. Und ich habe auf dich und deine Schar gewartet, um zu berichten.«
»Ist mein Sohn geboren?«
Der Schamane nickte. »Er ist geboren im Zeichen des Wolfes und soll sein Zeichen tragen…«
»Wann?« rief Nottr, von Erleichterung und Freude überwältigt.
»Um Mitternacht.«
»So ist er nicht am Sonnwendtag geboren?«
»Ja und nein. Der Wintergott mag es entscheiden.«
»Keine Omen?«
»Dunkle… Omen«, sagte Skoppr zögernd.
»Was bedeuten sie?«
»Den Tod… vielleicht«, antwortete Skoppr vorsichtig.
»Den Tod des Kindes… Chipaws…?«
»Keinen unmittelbaren Tod mehr… das habe ich abgewendet. Dein Junge lebt und Olinga lebt… und du lebst… allen Omen zum Trotz…« Der Schamane grinste schwach. »Vielleicht ist es der Tod, den du über den Westen bringst… du und die nach dir die Große Horde führen werden. Wer mag schon die Tode der Zukunft voraussagen?«
»Ein Sohn, wie Chipura es voraussagte«, murmelte Nottr, mehr zu sich selbst. Dann stürmte er hinaus zu seiner Schar, die sich zum Abmarsch bereitmachte.
»Ich habe einen Sohn! Wir werden ein Fest feiern, wenn wir im Lager sind. Bis dahin werden wir marschieren, als ob wir Flügel hätten. Ich will endlich auch wieder ein Pferd unter mir haben. Ich bin ein Lorvaner, kein Bettelmönch!«
Aber letztere Bemerkung sagte seinen Leuten wenig, da
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