Die Bedrohung
Haben Sie etwas zu schreiben?«
»Ja.«
»Notieren Sie sich meine E-Mail-Adresse und schicken Sie mir Ihre Telefonnummer.«
Ashani gab ihm die Information durch und versprach, dass er sich innerhalb der nächsten Stunde bei ihm melden würde. Er beendete das Gespräch, bevor Rapp ihm erneut drohen konnte. Ashani stand auf, und in seinem Kopf wirbelten erschreckende Gedanken durcheinander. Amatullah hatte ihm nichts von der Operation gesagt, weil er genau wusste, dass Ashani so etwas niemals gutheißen würde. Die Frage war, wie viele Helfer Amatullah hatte. Wem konnte Ashani trauen, und wie konnte er die Dinge wieder ins Lot bringen, ohne Verrat an seinem Land zu begehen?
52 WASHINGTON D.C.
Der Präsident ging nachdenklich auf und ab, die rechte Hand unter dem linken Arm, die linke Hand am Kinn. Das Jackett hatte er ausgezogen und die Ärmel seines weißen Hemds aufgerollt. Er sah aus wie eine aufrechte Version von Auguste Rodins Statue Der Denker. Hinter seinem Sessel am Ende des Konferenztischs ging er immer wieder die vier Schritte zur Wand und wieder zurück. In der gegenüberliegenden Ecke sprach die Außenministerin mit leiser Stimme in ein abhörsicheres Telefon. Sie war gerade dabei, ein halbes Dutzend enge Verbündete anzurufen und ihnen zu erklären, dass die Vereinigten Staaten mit Sicherheit kein iranisches Schiff angegriffen hatten, auch wenn irgendwelche Fernsehbilder vielleicht etwas anderes vermuten ließen. Der Präsident hätte die Anrufe selbst gemacht, doch sie hatten beschlossen, dass vorerst andere ihren Ruf aufs Spiel setzen würden, solange keine endgültige Bestätigung von Seiten der Navy vorlag.
Verteidigungsminister England saß neben dem Präsidenten, ein Telefon fest ans Ohr gedrückt. Seine volle Baritonstimme hatte stets eine gewisse Lautstärke, deshalb waren die meisten Angehörigen des Kabinetts entweder hinaus- oder, wie die Außenministerin, auf die andere Seite des Raums gegangen. Von Zeit zu Zeit hob England den Kopf und gab an den Präsidenten weiter, was die Joint Chiefs ihm mitteilten. Alle Verantwortlichen in der Navy wiesen die Fernsehberichte zurück, wonach ein amerikanisches Unterseeboot für die Versenkung einer iranischen Fregatte verantwortlich sein solle. Im Moment versuchte England, eine Verbindung mit dem Task Force Commander für die U-Boote in der Region zu bekommen.
Die Tür zum Konferenzzimmer ging auf, und Ted Byrne, der Stabschef des Präsidenten, trat mit tief besorgter Miene ein. Er ging rasch um das andere Ende des Tisches herum und trat direkt auf den Präsidenten zu.
»Ich habe gerade mit Mark gesprochen.«
»Mark?«
»Stevens.«
Mark Stevens war der Finanzminister des Präsidenten. Alexander forderte Byrne mit einem Kopfnicken auf weiterzusprechen.
»Die europäischen Märkte sind im freien Fall.«
»Scheiße … ich hätte es kommen sehen müssen. Und der Ölpreis?«
»Steigt rasant – und es gibt Gerüchte, dass der Iran ein OPEC-Embargo gegen die Vereinigten Staaten anstrebt.«
Bevor der Präsident entscheiden konnte, wie er an dieser neuen Front reagieren sollte, tönte die Stimme von Verteidigungsminister England durch den Raum.
»Sind Sie sicher?«, rief England. »Haben Sie die Aufnahmen gesehen?« England sah den Präsidenten an und lächelte. »Tolle Arbeit, Captain. Schicken Sie es her.« Der Verteidigungsminister knallte den Hörer auf die Gabel. »Sie werden es nicht glauben«, sagte er zum Präsidenten. »Wir hatten ein U-Boot in der Straße von Hormus, als die iranische Fregatte torpediert wurde.«
»Warum soll das so schwer zu glauben sein?«, fragte der Stabschef in säuerlichem Ton. »Das behaupten die Iraner ja auch.«
»Sie behaupten, dass wir ihr Schiff versenkt haben. Aber es war so, dass unsere U.S.S. Virginia die Aufgabe hatte, der Yusef zu folgen, einem iranischen U-Boot der Kilo-Klasse. Die Virginia blieb also der Yusef auf den Fersen und bekam so mit, was passierte. Und jetzt gibt es Sonaraufnahmen, die zeigen, dass das iranische U-Boot auf das eigene Schiff geschossen hat.«
»Warum um alles in der Welt sollten sie auf ihr eigenes Schiff schießen?«, fragte Byrne.
»Weil sie wollen, dass es so aussieht, als wären wir es gewesen«, antwortete der Präsident.
»Genau«, stimmte England zu. »Der Task Force Commander schickt uns die Aufnahmen und auch Material davon, wie das iranische Schiff getroffen wird.«
Der stellvertretende CIA-Direktor O'Brien betrat den Raum; er sah ziemlich mitgenommen aus.
Weitere Kostenlose Bücher