Die Bedrohung
Anzug zu sehen, der in die entgegengesetzte Richtung ging. »Wer ist das?«
»Ich weiß es nicht.«
Rapp ging die Fotos weiter durch und blieb bei einem Kopfbild des unbekannten Mannes stehen. Das Digitalfoto war zurechtgeschnitten und vergrößert. Die Qualität war nicht perfekt, aber die Gesichtszüge des Mannes waren trotzdem gut zu erkennen. Er hatte einen dunkelbraunen Bart, und obwohl er eine Sonnenbrille trug, hatte er irgendetwas an sich, das Rapp bekannt vorkam. Rapp blätterte weiter und hielt beim vorletzten Bild inne. Es zeigte den geheimnisvollen Unbekannten, wie er in einen Polizei-SUV einstieg, der zwischen zwei Pick-ups der Polizei stand, beide mit Maschinengewehren vom Kaliber .50 auf dem Führerhaus.
Rapp ging rasch zur besten Aufnahme des Unbekannten zurück und gab Ridley die anderen Fotos zurück. »Charlie sitzt im Situation Room beim Präsidenten, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ruf ihn an und sag ihm, wir sind uns zu neunzig Prozent sicher, dass der Iran hinter Irenes Entführung steckt.«
»Neunzig Prozent?«, fragte Ridley. »Wir haben noch nicht einmal die Bestätigung, dass dieser Tahmineh wirklich der ist, der er vorgibt zu sein.«
»Darum sage ich ja auch nicht hundert Prozent. Glaub mir, Rob, wir müssen dafür sorgen, dass sich der National Security Council mit der Sache befasst. Wenn tatsächlich der Iran dahintersteckt, dann werden sie einen halben Tag brauchen, um sich auch nur darüber klar zu werden, wen sie anrufen sollen.« Rapp ging rasch zur Tür. »So viel Zeit hat Irene nicht.«
Rapp ging geradewegs zu Tahminehs Zelle zurück. Er öffnete die Stahltür, schritt direkt auf den gefesselten Mann zu und hielt ihm das Foto vors Gesicht. »Wer ist dieser Kerl?«
Die Augen des Iraners traten fast aus ihren Höhlen, und er schwitzte aus allen Poren. »Ich weiß es nicht.«
»Unsinn!«, schrie Rapp.
»Ich meine, ich weiß seinen Namen nicht. Ich kenne ihn nicht. Ich habe ihn heute zum ersten Mal gesehen.«
Rapps Gesichtsmuskeln spannten sich an. »Wann und wo?«, presste er zwischen den Zähnen hervor.
»Es war heute früh. Kurz vor dem Angriff. Wir wurden kurz vor Sonnenaufgang auf unsere Posten gebracht und warteten. Er tauchte vielleicht eine Stunde vor dem Angriff auf und übernahm das Kommando.«
»Ist er auch von den Sondereinsatzkräften?«
»Nein.« Der Gefangene schüttelte vehement den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
»Er hat Hauptmann Dadarshi Befehle gegeben?«
»Ja.«
»Ist er vom Geheimdienstministerium?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Mann verzweifelt.
Rapp musterte ihn eindringlich. Es gab keine Anzeichen, dass er log. »Du hast keine Ahnung, wer der Mann ist?«
»Nein.«
Es sprach einiges dafür, dass der geheimnisvolle Unbekannte für Ashani arbeitete, und es klang durchaus plausibel, dass ein kleiner Korporal keine Ahnung hatte, wer der Mann war. Rapp wollte hier vor dem Gefangenen nicht darüber nachdenken, was er als Nächstes tun sollte. Er verließ die Zelle, ohne ein Wort zu sagen, und schloss die Tür hinter sich ab. Draußen ging er nachdenklich den Gang auf und ab, während die Aufnahme von den Folterszenen als Hintergrundgeräusch lief. Immer wieder ließ er sich die Fakten durch den Kopf gehen und betrachtete jedes kleine Detail aus allen möglichen Blickwinkeln. Er konnte nicht glauben, dass er nicht schon früher daran gedacht hatte.
Rapp nahm das Funkgerät von seiner Hüfte und drückte die Sprechtaste. »Rob, gib mir die Nummer von Minister Ashani.«
51 TEHERAN, IRAN
Der Hubschrauberflug von Mosul bis zur Grenze hatte nur zwanzig Minuten gedauert. Dort wartete eine kleine Dassault Falcon 10 der Luftstreitkräfte, um ihn nach Teheran zu bringen. Den Großteil des eine Stunde und zehn Minuten dauernden Fluges machte er sich Notizen. Sie waren so verschlüsselt, dass man ihm nichts anhaben konnte, falls sie in die falschen Hände geraten sollten, was aber kaum passieren würde, da er sie sofort vernichten würde, sobald er in seinem Büro war. Er zögerte ohnehin, auch nur diese Notizen niederzuschreiben, aber er musste seine Gedanken irgendwie ordnen und all das, was Kennedy ihm im Namen der amerikanischen Regierung angeboten hatte, in eine möglichst klare Form bringen.
Es gab noch einen anderen Grund, warum er den Notizblock herausgeholt hatte. Ashani wollte eine Liste der möglichen Einwände aufstellen, oder präziser gesagt, eine Liste der Leute, die gegen die Vorschläge sein würden. Es gab nicht so wenige Leute in
Weitere Kostenlose Bücher