Die Bedrohung
die Brücke überquert hatten, fuhren sie Richtung Norden weiter. Nach etwa eineinhalb Kilometern bogen sie in eine ruhige Straße ab, auf der sie nach einigen hundert Metern zu einem massiven Stahltor kamen, vor dem Wächter patrouillierten. Die Männer erkannten Stilwell und begrüßten ihn winkend. Dann gaben sie das Signal, dass das gut dreieinhalb Meter hohe Tor geöffnet werden sollte.
»Durchsuchen sie uns gar nicht?«, fragte Rapp.
»Massoud und ich, wir arbeiten sehr eng zusammen. Sie vertrauen mir.«
Als sie die von Bäumen gesäumte Zufahrt hinauffuhren, sah Rapp zum ersten Mal das Haus selbst. Es war wirklich imposant. »Ich kann mich nicht erinnern, dass er so reich gewesen wäre, als ich voriges Jahr hier war. Macht der Typ noch irgendwas anderes, als mit Ersatzteilen zu handeln?«, fragte Rapp misstrauisch.
»Es kann schon sein, dass er noch andere Geschäfte hat.«
»Was zum Beispiel?«
»Waffen.«
»Er ist Waffenhändler?«
»Mehr ein Finanzier. Er hilft mit, dass Geschäfte zustande kommen.«
»Sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Saddams Cousin, dem er das Haus abgekauft hat …«
»Ja?«
»Massoud hat auch seine Firma übernommen.«
»Zu einem günstigen Preis, nehme ich an.«
Stilwell hielt vor dem eindrucksvollen Portikus an. »Diese Sunniten haben die Leute jahrelang drangsaliert. Du wirst von mir nicht hören, dass ich Mitleid mit ihnen hätte.«
Rapp öffnete die Autotür, stieg aus und betrachtete die Vorderfront des Hauses in ihrer ganzen Pracht. Massoud Mahabad konnte stolz darauf sein.
»Mitch.«
Rapp drehte sich um und sah Massoud auf einem Kiesweg herunterkommen, der so aussah, als würde er in einen Obstgarten führen. Der Mann war nur etwas über einen Meter siebzig groß und wog bestimmt an die hundert Kilo. Er hatte größtenteils graues Haar und war wahrscheinlich schon Ende sechzig. Mit einem kurzärmeligen Tommy-Bahama-Hemd bekleidet, schlenderte er auf seine Gäste zu, und Rapp ging ihm entgegen.
»Danke, dass du so weit gereist bist, um mich zu besuchen«, sagte Massoud in perfektem Englisch und streckte ihm die Hand entgegen.
»Wenn ich gewusst hätte, dass du in einem so schönen Haus wohnst, hätte ich mich auf einen längeren Aufenthalt eingestellt.«
»Du bist herzlich willkommen, so lange zu bleiben, wie du willst.« Massoud nahm Rapps Hand in beide Hände und lächelte breit. »Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, was euer Land für das kurdische Volk tut.«
»Und ich kann dir nicht genug danken für deine Loyalität und Unterstützung.«
»Das machen wir gern.« Massoud spähte über Rapps Schulter. »Hallo, Rob«, sagte er zu Ridley. »Wie geht's, mein Freund?«
»Gut, Massoud. Und wie geht es deiner Familie?«
»Ausgezeichnet, danke. Obwohl ich jedes Mal, wenn dieser Besucher kommt, meine Töchter einsperren muss.« Massoud sah Stilwell an. »Sie schwärmen alle für ihn.«
Ridley schüttelte Massoud die Hand. »Ich kann ihn kastrieren lassen, wenn du willst.«
»Ja, kastrieren.« Massoud lachte herzhaft. »Das wäre nett.«
Als sie wieder ernst wurden, stellte Rapp ihm Dumond vor, dann führte Massoud sie durch das Haus. Er blieb mehrmals stehen, um über den einen oder anderen Kunstgegenstand zu sprechen, den er sich angeschafft hatte oder noch anzuschaffen gedachte. Das Haus wirkte mehr wie ein kleiner Palast als ein Wohnhaus. Die Innenwände waren aus Kalksteinblöcken errichtet. Die Haupttreppe mit ihrem schwarzen Eisengeländer beherrschte die linke Seite des Foyers. Alte Wandteppiche und Gemälde zierten die Wände. Als sie hinaus auf die Veranda kamen, sahen sie die Sonne tief am westlichen Himmel stehen. Die ganze Stadt lag vor ihnen ausgebreitet, und die langen abendlichen Schatten erstreckten sich zu ihnen herauf.
Möbel und Teppiche waren auf die Veranda hinausgetragen worden, wo zwei Bedienstete auf sie warteten. Drinks wurden serviert, danach kleine Appetithappen. Sie setzten sich, und Massoud ging um den Tisch herum, um jedem einzelnen Gast eine Zigarre aus einem Humidor anzubieten. Während die Sonne unterging, wurden Heizlampen eingeschaltet. Nachdem jeder seine Zigarre angezündet hatte, ließ sich Massoud in seinem großen Sessel nieder und sah Rapp mit einem verschlagenen Grinsen an.
»Du weißt genau, wie sehr ich diesen Amatullah hasse.«
»Ja, das weiß ich«, antwortete Rapp.
»Und du weißt auch, dass ich nichts lieber täte, als ihn bloßzustellen.«
»Da geht's dir wie mir.«
»Darum werde ich
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