Die Befreier von Canea
sie ein bestimmtes Thema meiden wollen.«
»Ich rede keineswegs um den heißen Brei herum«, widersprach Isana.
»Nun, selbst auf die Gefahr hin, dass du dir ein wenig albern vorkommst, muss ich eins klarstellen: Weder Maximus noch Crassus halten sich gegenwärtig in Alera auf. Auch wenn du das Duell für dich entscheidest, was ich für vollkommen unmöglich halte, was hast du dann gewonnen? Raucus ist tot, und die Legionen werden ihre Stellung auf der Mauer nicht verlassen. Jeder, der hier den Befehl übernehmen könnte, wird vermutlich keine großen Änderungen vornehmen, bevor Crassus zurückgekehrt ist. Und«, fügte sie hinzu, »wenn du verlierst, bist du tot. Raucus wird genauso weitermachen wie bisher.«
»Ich werde nicht verlieren«, erwiderte Isana, »und er wird nicht sterben.«
»Es ist ein Duell auf Leben und Tod – zu dem du ihn herausgefordert hast.« Aria schüttelte den Kopf. »Ich weiß, du hast die Akademie nicht besucht, aber es gibt auch so etwas wie ›Diplomatie‹, Isana.«
»Wir haben keine Zeit«, erwiderte Isana leise. »Genau wie heute keine Zeit war, Aria.« Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. »Als ich dir eine Ohrfeige versetzt habe. Dafür möchte ich mich entschuldigen.«
Aria öffnete den Mund, presste dann wieder die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Nein. Rückblickend … es war möglicherweise das Beste.«
»Notwendig oder nicht, ich habe dich ungerecht behandelt. Das tut mir leid.«
Arias Anspannung löste sich weiter auf, und die Aura wütender Beherrschtheit wurde schwächer. »Ich habe einfach nicht klar gedacht«, sagte sie. »Hinterher habe ich … habe ich gespürt, wie sie sich miteinander verständigen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Dir ist es schon gestern aufgefallen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Du hast in Bezug auf sie recht. Ich hingegen …« Aria riss die Augen auf und starrte Isana mit offenem Mund an. »Große Elementare, das ist es, Isana. Du versetzt Raucus eine Ohrfeige, um seine Aufmerksamkeit zu wecken.«
»Wenn ich denken würde, eine Ohrfeige würde genügen«, erwiderte Isana trocken, »hätte ich mir vor der Herausforderung kräftig auf die Zunge gebissen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss zu ihm vordringen. Ich muss durch seine Wut und seinen Stolz dringen. Und wir haben keine Zeit, Aria.«
Die Fürstin Placida stand eine Weile schweigend da. Schließlich sagte sie: »Ich kenne Raucus seit meinem vierzehnten Lebensjahr. Wir standen uns damals an der Akademie nahe. Und du treibst ein gefährliches Spiel, Isana. Ein sehr gefährliches.« Sie blickte zur Tür und wieder zu Isana zurück. »Ich werde mit ihm reden.«
»Das wird seine Meinung in Hinsicht auf das Duell nicht ändern«, sagte Isana.
»Nein«, stimmte Aria ruhig zu. Sie lächelte Isana schwach an. »Aber vielleicht geschieht ein Wunder, und sein steifer Hals krümmt sich einen halben Zoll weiter.« Sie nickte. »Zumindest kann ich den Grund bereiten, damit du darauf aufbauen kannst.«
»Danke«, sagte Isana.
»Du kannst dich bei mir bedanken, wenn du überlebt hast«, erwiderte Aria und schlüpfte leise hinaus.
Mehrere Stunden später hatte Isana zurückgezogen gegessen und las nun Nachrichten aus dem Süden, die mit Wasserelementaren geschickt und für sie und Fürst Antillus aufgeschrieben worden waren.
Die Dinge standen schlimm. Ceres war überrannt worden, die Vord setzten den aleranischen Truppen übel zu, und die Legionen mussten verzweifelte Gefechte gegen den Feind führen, damit die einfachen Bürger fliehen konnten. Die Pioniere zerstörten hinter sich die Dammwege und richteten so Schäden an, deren Reparatur Jahrzehnte dauern würde. Falls es denn jemals dazu kam.
Die Legionen hatten entsetzliche Verluste erlitten, mehr vielleicht als im Kampf gegen den rebellischen Kalarus oder die Canim. Überall in Alera machten sich die Militiae bereit, wobei vor allem jüngere Männer gesucht wurden, die ihren Dienst in den Legionen gerade beendet hatten. Aber auch alle anderen Männer, die ihre Pflichtzeit in den Legionen abgeleistet hatten, wurden aufgerufen, zu den Waffen zu greifen.
Der Nachschub an Waffen bildete allerdings ein riesiges Problem. Den Legionares war es nicht erlaubt, ihre eigenen Waffen und Rüstungen mitzunehmen, wenn sie die Legion verließen. Diese wurden von den neuen Rekruten benutzt. Die meisten Legionares lebten im Ruhestand auf ihren Wehrhöfen, wo man in der Regel nur Bögen sowie gelegentlich einen Speer für
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