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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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geben, einfach abzureisen«, sagte Antillus fest und mit ausgesuchter Gleichgültigkeit. »Nimm Rari und die Fürstin Aria und verlasse mein Land. Wir werden die Herausforderung nie wieder erwähnen. Niemandem gegenüber.«
    Isana dachte kurz darüber nach. Es war eine viel sagende Geste. Im Süden rümpfte man oft die Nase über die Neigung der Menschen im Norden, solche Dinge wie persönliche Tapferkeit hochzuhalten, doch in den ewigen Kriegsgebieten war Mut ein Charakterzug, der zum Überleben notwendig war. Ohne den persönlichen Mut, sich seinen Feinden zu stellen, und vor allem ohne den Glauben der Legionares an diesen Mut, würde sich Antillus Raucus eine Menge Probleme schaffen, die er einfach vermeiden konnte. Wenn die Männer auf dem Schlachtfeld standen, war ihre Tapferkeit eine Waffe, die so tödlich wirkte wie Schwerter und Pfeile. Hier konnte es sich niemand leisten, als Feigling dazustehen.
    Indem Raucus Isana anbot, einfach abzureisen, ging er das Risiko ein, dass seine Männer ihn als zögerlich ansahen, insbesondere nachdem sie bereits vor der Mauer mit ihren Elementarkräften aneinander geraten waren. Natürlich würde der Schaden, falls Isana in aller Stille verschwand, gering bleiben, solange niemand mehr ein Wort darüber verlor, dennoch konnten sich ganz unabhängig davon Gerüchte entwickeln.
    Das ergab aus Raucus’ Sicht durchaus Sinn. Der Mann begriff einfach nicht, wie viel größer die neue Bedrohung für das Reich war als jene, gegen die er sein gesamtes Leben angekämpft und für die er so viele Legionares geopfert hatte.
    »Es tut mir leid«, antwortete sie ruhig. »Das ist unmöglich.«
    »Du bist stark«, sagt er in dem gleichen abweisenden Ton. »Das will ich dir zugestehen. Aber du bist nicht stärker als ich.« Sein Blick schwankte nicht. »Wenn du das nicht einsiehst, werde ich dich töten. Glaube nicht, ich würde es nicht tun.«
    Isana deutete auf den Tisch. »Du hast die Nachrichten gesehen. Du kennst die Gefahr.«
    Seine Miene wurde eine Spur härter. »Ich habe mein Leben damit verbracht, einen Krieg auszutragen, mit dem sich im Süden niemand abgeben wollte. Ich habe Männer bestattet, und niemand dort unten hat sie betrauert. Ich habe niedergebrannte Wehrhöfe gesehen. Ich weiß, was sie durchmachen, Hoheit. Ich habe es oft genug mit anschauen müssen. Bei meinem eigenen Volk.«
    »Dann solltest du doch umso mehr Interesse daran haben, es aufzuhalten.«
    Plötzlich funkelten seine Augen vor Zorn. »Wenn ich die Legionen von der Mauer abziehe, werden die Eismenschen Tausende von Wehrhöfern niedermetzeln, die sich nicht selbst beschützen können. So einfach ist das. Und stell dir nur vor, was im Rest von Alera passieren wird, wenn die Eismenschen sich entscheiden, nach Süden zu ziehen und wir zwischen zwei Feinden aufgerieben werden.«
    »Wenn sie das nun aber gar nicht wollen?«
    »Sie wollen es«, knurrte Raucus. »Du hast dich heute eine halbe Stunde mit ihnen unterhalten, aber ich habe schon mein ganzes Leben lang mit ihnen zu tun. Die kämpfen. Mehr nicht.«
    »Dieses Wort benutzt du sehr häufig«, sagte Isana. Sie erhob sich und blickte Raucus in die Augen. »Wenn nun du dich irrst, Fürst?«
    »Ich irre mich nicht.«
    »Aber wenn doch?«, wollte Isana wissen und sprach weiterhin milde. »Wenn du tatsächlich einen Waffenstillstand mit den Eismenschen schließen und deine Truppen nach Süden führen könntest, um dem Ersten Fürsten beizustehen? Wenn du dadurch Tausenden das Leben retten könntest, und zwar jetzt in diesem Augenblick, es jedoch verweigerst?«
    Sein Blick blieb hart. Das Schweigen zog sich in die Länge.
    »Ich werde dafür sorgen, dass eine Kutsche bereitsteht«, sagte er leise. »Morgen früh solltest du abgereist sein, Erste Fürstin.«
    Wieder verneigte er sich mit steifem Rücken, drehte sich um und verließ den Raum.
    Im nächsten Moment begann Isana zu zittern, eine Folge der starken Anspannung. Sie verzog das Gesicht, legte die Hände in den Schoß, schloss die Augen und rief Bächlein in ihren Körper, damit er ihr half, die Fassung zurückzuerlangen. Sie zwang das Blut, ruhiger zu fließen, und spürte, wie ihre Hände wärmer wurden. Dann durchquerte sie das Zimmer, setzte sich an den kleinen Kamin, streckte die Hände aus und holte tief und gleichmäßig Luft, bis ihre Finger nicht mehr zitterten.
    Araris trat leise ein und schloss die Tür. Er stand schweigend da. Sie spürte ihn, und seine Sorge wirkte klein im Vergleich mit der warmen

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