Die Befreier von Canea
rückwärts in den Schnee gestoßen, den sie mit Hilfe ihrer Wasserkräfte in Eis verwandelte, so dass sie mehrere Schritte weit glitt.
Raucus wollte ihr rasch folgen, doch auf dem glatten Eis rutschte er und musste langsamer gehen. Mit einer erneuten Willensanstrengung sammelte sich der Schnee unter ihr und brachte sie auf die Füße. Sie hob das Schwert und stellte sich Raucus mit dem Rücken zu der wirbelnden Wand aus Schneeflocken entgegen, von der sie weiterhin eingehüllt waren.
Raucus hob die Waffe und salutierte zackig. »Die rhodesische Schule hatte brutaler Gewalt schon immer wenig entgegenzusetzen, finde ich.« Er umging die Eisfläche und kam auf sie zu. »Was hast du denn gegen Gaius?«
»Er hat meinen Gemahl getötet«, sagte Isana mit mehr Hitze in der Stimme, als sie beabsichtigt hatte. »Oder zumindest hat er daneben gestanden und es zugelassen. Für mich ist das eine allerdings gleichbedeutend mit dem anderen.«
Raucus erstarrte kurz, ehe er sich weiter an sie heranpirschte. »Und warum kämpfst du dann hier für ihn, als seine Speichelleckerin?«
»Ich kämpfe nicht für ihn«, entgegnete Isana. »Ich kämpfe für meinen Sohn.« Sie entschied sich, ihre theoretischen Kenntnisse einmal praktisch auszuprobieren, machte einen raschen Schritt nach vorn und schlug auf die Finger, mit denen Raucus das Schwert hielt.
Raucus parierte mit einer Leichtigkeit, gegenüber der ihre Fähigkeiten lächerlich wirkten, und hätte ihr beinahe das Schwert aus den Händen geschlagen. Dennoch wartete er, bis sie wieder außer Reichweite war, statt sofort zum Gegenangriff anzusetzen.
Er will reden. Ich muss weiter mit ihm reden.
»Dein Sohn«, sagte Raucus. »Der Sohn von dir und Septimus.«
»Ja«, antwortete Isana.
Raucus’ Augen blitzten vor Zorn auf, und sein Arm verwischte in der Bewegung. Drei Zoll Stahl verschwanden einfach von der Spitze ihres Schwertes, flogen durch die Luft und landeten zischend auf dem Eis. Isana hatte nicht einmal den Schlag gespürt, mit solcher Kraft und Zielgenauigkeit war er ausgeführt worden.
»Der jetzt Princeps ist«, fauchte Antillus. »Hübsch und stolz.«
Und plötzlich traf es sie wie blendend grelles Licht auf Schnee.
Plötzlich erkannte sie die Quelle von Antillus’ hartnäckiger Wut.
Sie hielt sich mit dem nächsten Angriff zurück. »Es geht überhaupt nicht um Gaius«, sagte sie laut. »Es geht um mich . Und um Maximus.«
Raucus schleuderte ihr wieder eine Flamme entgegen, die jedoch schlecht gezielt war. Sie wehrte das Feuer wieder mit Schnee ab.
»Du hast keine Ahnung, wovon du da redest«, knurrte er.
»Oh doch, oh doch«, sagte sie. »Zuerst habe ich gedacht, du würdest Tavi hassen – aber er ist der Freund deines Sohnes, Raucus. Du und Septimus, ihr habt euch gekannt und einander vertraut. Und ich glaube nicht, dass du der Mann bist, der einen Freund vergisst, und mögen noch so viele Jahre vergangen sein.«
»Du hast überhaupt keine Ahnung, was du da redest!«, fauchte Raucus. Sein Schwert fuhr zweimal nach vorn und biss jedes Mal einen Zoll Stahl von ihrer Klinge ab.
Isanas Stimme zitterte vor Angst, und sie glättete den Boden zwischen ihnen mit Eis, um Abstand zu schaffen. »Doch. Septimus hat das Gleiche getan wie du. Er hat sich in eine Freie verliebt. In mich. Aber er hat etwas getan, was du nicht gewagt hast. Er hat sie – mich – geheiratet.«
»Glaubst du, es sei so einfach ?«, wollte Raucus wissen. Er deutete auf den Boden und …
… und Feuer flammte in der Erde auf. Isana spürte, wie Eis und Schnee schmolzen und sich in Dunst auflösten, als sich der Boden binnen eines Augenblicks erhitzte und eine Wärme wie im Sommer des Südens abstrahlte.
»Die Krähen sollen dich holen«, zischte Raucus und griff an, das Schwert zum tödlichen Hieb erhoben.
Gegen die Hitze der Erde konnte sie mit Eis nichts ausrichten, jedenfalls nicht schnell genug, um sich das Leben zu retten. Aber sie konnte die Hitze ausnutzen. Sie sammelte Dunst und Nebel ein und schickte ihn in die Erde, die durch das Wasser in einen dünnflüssigen Schlamm verwandelt wurde, in dem Raucus bis zum Knie versank.
Doch plötzlich erfüllte sie eine schreckliche Erschöpfung. Sie hatte ihre Kräfte zu häufig und zu rasch hintereinander eingesetzt, hatte sich zu sehr verausgabt und nicht damit hausgehalten. Dafür musste sie nun bezahlen.
Der Hohe Fürst brüllte vor Enttäuschung und warf einfach sein Schwert nach ihr.
Isana riss ihre Waffe – oder das, was
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