Die Befreier von Canea
davon geblieben war – nach oben und parierte in der Grundhaltung, einer der ersten, die Araris ihr beigebracht hatte, und einer von sechs, die er ihr unbedingt hatte einbläuen müssen.
Aber sie war einfach nicht schnell genug.
Sie spürte, wie der verstümmelte Gladius die heranfliegende Waffe berührte, dann fühlte sie einen heftigen Schlag im Bauch und lag plötzlich mit dem Rücken auf dem Schnee.
Benommen drehte sie sich auf die Seite. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Es handelte sich nicht wirklich um Schmerz. Vielmehr war es ein bebendes, silbriges Gefühl, das an ihrem Rückgrat auf und ab lief und sich bis in die Glieder ausdehnte.
Sie blickte an sich hinunter. Das Schwert des Hohen Fürsten war bis zum Heft in ihrem Bauch versunken.
Ihr Schneevorhang war zusammengesunken. Stille verschlang das Land. Von der Mauer hörte man keinen Laut, keinen Ruf, keine menschliche Stimme.
Um sie herum färbte sich der Schnee rot.
Sie hob den Kopf. Raucus starrte sie einfach nur an. Er war erbleicht. Die rechte Hand hielt er noch vom Wurf in die Höhe, die Finger leicht gekrümmt.
»Ich glaube nicht, dass es leicht war«, keuchte Isana. Das Sprechen schmerzte. »Ich glaube, du warst jung. Du hast dich in eine Freie verliebt, in die Mutter von Max. Und dein Vater, deine Mutter und wer immer in deinem Leben wichtig war, sie alle waren entsetzt. An der Schildmauer musste der Krieg ausgetragen werden, ein ewiger Krieg. W-was wäre geschehen, wenn der Erbe von Antillus nicht über die notwendige Begabung für Elementarkräfte verfügen würde, um den Kampf fortzusetzen?«
Die Kälte drang durch den Mantel in sie ein. Oder folgte dem Blut zurück in die Adern. Oder vielleicht verblutete sie auch einfach. Trotzdem blieb Isana noch ein bisschen Zeit, um Antillus endlich zu erreichen.
»D-du konntest ja n-nicht wissen, was für ein mächtiger Wirker M-maximus werden würde. Ich d-denke, du hast seine Mutter verlassen, um eine andere zu heiraten. D-damit euer … B-blut stark bleibt. Um ein Bündnis mit Kalare und den Wasserkornfeldern zu schmieden.«
Raucus begann, seine Füße aus dem Schlamm zu ziehen.
»D-dein V-vater ist an der Mauer ges-storben. In dem Jahr, in d-dem Crassus geboren wurde. Wahrscheinlich warst du danach die meiste Zeit beschäftigt. Mit K-kämpfen.« Sie nickte vor sich hin. Natürlich war er beschäftigt gewesen. Er musste lernen, der Befehlshaber zu sein, er musste sich seinen Männern gegenüber beweisen. Das musste ihm eine riesige Anstrengung abverlangt haben.
»Du w-warst im Kampf, als Septimus starb. Und als Max’ Mutter starb.«
»Isana, hör auf«, sagte er. Er hatte sich endlich aus dem Schlamm befreit.
Die Kälte nahm zu, fühlte sich jedoch nicht mehr so unangenehm an. Isana legte ihren Kopf auf den einen Arm und bemühte sich, die Augen offen zu halten. »Und du wusstest, wie sehr Max unter Dorotea zu leiden hatte. Doch du konntest nichts dagegen tun. Du konntest ihn nicht zu Ungunsten von Crassus anerkennen. Genauso wenig, wie du dich von Dorotea trennen konntest, um seine Mutter zu heiraten. Wahrscheinlich hast du es versucht, und Gaius hat es dir untersagt.« Sie lächelte schwach. »Er hätte dir niemals gestattet, gegen die traditionellen Erbgesetze zu v-verstoßen. Kalare hätte deswegen einen Krähensturm im Senat ausgelöst. Und du warst jung. Und der Freund von Septimus. Er konnte sich leicht über dich hinwegsetzen.«
»Hör auf zu reden«, sagte Raucus.
Isana lachte schwach. »Kein Wunder, dass du ihn wegen Valiar Marcus herausgefordert hast. Er wagte es nicht, dir dies zu versagen, einem Mann, der dir unterstand und nicht ihm. Und es war dir nur recht gewesen, einen Vorwand zu finden, um gegen ihn zu kämpfen.«
Raucus packte den Griff seines Schwertes.
Isana legte ihm die Hand auf den Unterarm und griff so fest zu, wie sie noch konnte. »Und dann, obwohl er es dir versagt hatte, erkannte er Septimus’ Sohn mit einer Freien an. Einen Sohn, der über keine nennenswerten Elementarkräfte verfügt. Und das, nachdem er Maximus mit ihm zusammengebracht hatte, nachdem die beiden Freundschaft geschlossen hatten. Du musst so zornig gewesen sein.«
Sie beugte sich vor und versuchte verzweifelt, ihren Blick zu fokussieren. Der graue Himmel hatte angefangen, sich schwarz zu färben. »Es tut mir leid. Es tut mir leid für alles, was dir widerfahren ist. Dass das Reich dein Leben in diese Richtung getrieben hat. Dass du deine große Liebe verloren hast und die
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