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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Zitadellen dargestellt – darunter auch der feurige Gipfel des Berges Kalus, wo die Stadt Kalare früher gestanden hatte. Dank der Elementarkräfte, welche die Erbauer des Senatoriums eingewirkt hatten, konnte Amara die Karte auch aus dieser Höhe genau erkennen. Wie alle anderen im Raum konnte sie den Blick nicht davon abwenden.
    Nun färbte sich die gesamte Küste südwestlich des Kalus in ein schmutziges Braun-Grün, als würde sie von einem Morast überzogen, der sich unaufhaltsam nach Norden und Osten ausbreitete, über die Ödnis und die Überreste der Stadt Kalare hinweg auf das Amaranth-Tal zu. Nach einem Augenblick erkannte Amara es: Kroatsch , dieser seltsame, wachsartige Stoff, der überall wucherte, wo die Vord sich niederließen, und der alles andere Leben erstickte.
    Das Kroatsch breitete sich weiter aus, schwappte ins Tal und wallte halb hindurch.
    »Bis hierhin ist der Feind bereits vorgedrungen – etwa zweihundert Meilen von dem Punkt aus, an dem es zu ersten Berührungen kam, und zwar in weniger als einem Monat. Diese Masse, die ihr hier auf der Karte seht, soll das so genannte Kroatsch darstellen. Es ist eine Art Schimmel oder Pilz, der in der Umgebung der Vord wächst und alle anderen Pflanzen und Tiere tötet.«
    Ein verwirrt wirkender, stattlicher alter Landgraf, der eine geflickte, ausgeblichene Tunika in den Farben Gold und Rot trug, schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte er vor sich hin, »nein, nein, nein. Das muss ein Irrtum sein.«
    »Unsere fliegenden Kundschafter haben bestätigt, dass das hier entsprechend dargestellte Gebiet vollkommen bedeckt ist«, fuhr Gaius fort. »Dort lebt nichts mehr, das nicht zu den Vord gehört.«
    »Also bitte«, rief Fürst Riva und erhob sich. Seine Wangen waren gerötet, und er schwitzte. »Sollen wir tatsächlich glauben, ein Pilz bedrohe unser Reich?«
    Der Erste Fürst schaute hinauf zum Hohen Fürsten von Riva und kniff die Augen zusammen. »Mein Fürst, der Sprecher des Senates hat dir nicht das Wort erteilt. In Kürze wird Zeit für Fragen und Meinungen sein, doch im Augenblick ist es von großer Wichtigkeit, dass …«
    »Dass du uns mit diesem Theater belästigst?«, setzte Riva nach und kam langsam in Schwung. »Komm schon, Gaius. Der Winter steht bevor. Beim ersten Frost wird dieser … Befall erfrieren, und dann sollte eine fähige Führerschaft in der Lage sein, diesen Eindringling zu beseitigen. Ich sehe keinen Grund für dieses Schauspiel …«
    Gaius Sextus wandte sich dem Hohen Fürsten von Riva zu.
    »Grantus«, sagte Gaius ruhig. »Ich habe keine Zeit für solche Spielchen. Jede kleinste Verzögerung gefährdet weitere Menschenleben.« Seine Miene wurde hart. »Möglicherweise sogar dein eigenes.«
    Riva starrte Gaius kurz erschrocken und mit großen Augen an, ehe er vor Wut tiefrot wurde. Er ballte mehrmals nacheinander die Hände zur Faust, als er begriff, dass der Erste Fürst ihn gerade in aller Öffentlichkeit mit einem Juris Macto bedroht hatte.
    Fürst Aquitania betrachtete Gaius wie ein Falke und ließ ihn nicht mehr aus den Augen.
    Plötzlich zuckte Amara zusammen.
    Der Erste Fürst ging ein entsetzliches Risiko ein. Als Gaius jünger gewesen war, hätte Amara ihm zugetraut, jeden Wirker in Alera zu besiegen – aber leider wusste sie besser als jeder andere, dass der Erste Fürst mit einem Akt reinen Willens einen Großteil seiner Stärke vortäuschte. Denn hinter dem tatkräftigen Äußeren verbarg sich ein schwacher alter Mann, und Riva war vielleicht nicht für seinen großen Geist bekannt, verfügte jedoch als Hoher Fürst über beachtliche Kräfte.
    Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge von Octavian war längst nicht in Stein gemeißelt. Sollte der Erste Fürst heute sterben, brauchte man sofort einen starken Führer, und Aquitanius Attis würde vielleicht doch noch den Thron besteigen, nach dem er sich so lange gesehnt hatte.
    Das musste Gaius ebenfalls wissen. Aber falls ihm dieser Gedanke Sorgen bereitete, so ließ sich das weder von seiner Miene noch von seiner Haltung ablesen. Selbstbewusst blickte er Riva an und wartete.
    Am Ende wurde Rivas Unsicherheit zu einer besseren Verteidigung als alle Elementarkräfte. Der stämmige Hohe Fürst räusperte sich und knurrte: »Verehrter Sprecher, verehrte Senatoren und Cives, ich bitte um Entschuldigung, weil ich gesprochen habe, ohne das Wort zu haben.« Er blickte Gaius böse an. »Ich werde das Offensichtliche erst dann vortragen, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen

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