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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Meer. Wenige Augenblicke zuvor hatte der Ausguck im Krähennest Land entdeckt, und jetzt warteten sie, dass es auch hier unten bei ihnen auf Deck in Sicht käme. Endlich sah Tavi den dunklen Schatten am Horizont.
    Gradash spähte in Fahrtrichtung, doch dauerte es noch eine Minute, ehe der ergraute alte Cane knurrte und zufrieden mit den Ohren zuckte. »Ah.«
    »Froh, wieder daheim zu sein?«, fragte Tavi ihn. »Oder zumindest ungefähr in der Gegend?«
    Gradash brummte. »Noch sind wir nicht da. Du wirst schon sehen.«
    Tavi zog eine Augenbraue hoch, aber Gradash fügte nichts hinzu. Ungefähr eine Stunde später verstand Tavi. Die Schleiche hatte fast das erreicht, was der Ausguck als »Land« bezeichnet hatte, und nun stellte sich heraus, dass es sich um eine unglaublich riesige Scheibe schlammigen Eises handelte. So erschien es jedenfalls. Die Flotte musste ihre Ordnung auflösen, um das Eis zu umschiffen. Das Ding war so groß wie ein Berg oder wie die ganze Stadt Alera Imperia.
    »Ein Gletscherjunges«, sagte Gradash und deutete mit dem Kopf zu dem Eisberg. »Wenn erst Winter ist, bildet sich viel Eis, und an einigen Stellen werden diese Berge aus Eis ins Meer geschoben.«
    »Das muss ein Anblick sein«, murmelte Tavi.
    Der Cane blickte ihn kurz forschend an. »Oh, aye. Den man sich aber vielleicht nicht so gern aus nächster Nähe anschaut.« Er winkte mit der Pfote in Richtung des Eises. »Sie sind gefährlich. Manchmal dehnen sie sich unter der Wasseroberfläche aus. Segelt man zu nah heran, reißt es einem den Bauch des Schiffes auf, als bestünde es aus Schafshaut.«
    »Sie sind also verbreitet?«
    »In diesen Gewässern«, sagte Gradash und zuckte zustimmend mit den Ohren. »Leviathane machen sich nichts aus ihnen, deshalb hat jeder Cane, der im Norden segelt, schon eine Weile bei den Eisbergen verbracht, um einem Leviathan zu entgehen oder sein Revier zu durchqueren.«
    »Ich habe mich immer gefragt«, sagte Tavi, »wie euer Volk sich den Leviathanen entzieht. Ich meine, auf dem Hinweg, so hat man mir erklärt, wärt ihr durch die Winde so schnell gewesen, dass sie sich nicht auf euch gestürzt haben, und obwohl ihr so viele wart, habt ihr nur wenige Schiffe verloren. Aber in euren Heimatgewässern könnt ihr euch vermutlich nicht ständig auf solche Umstände verlassen.«
    Gradash wedelte belustigt einmal mit dem vernarbten Stummelschwanz. »Das ist kein großes Geheimnis, Aleraner. Wir fertigen Karten von ihren Gebieten in den Gewässern vor unserer Heimat an. Und die respektieren wir.«
    Tavi zog die Augenbrauen hoch. »Das ist alles?«
    »Gebiete sind wichtig«, sagte Gradash ernst. »Es ist wichtig, welches Revier jemand für sich beansprucht und verteidigt. Das verstehen wir. Die Leviathane verstehen es ebenfalls. Also achten wir ihre Gebietsansprüche.«
    »Da dürfte man aber beim Segeln nur schwer einen Kurs festlegen können.«
    Gradash zuckte mit den Schultern. »Respekt geht vor Annehmlichkeit.«
    »Außerdem fressen sie euch«, sagte Tavi trocken, »wenn ihr sie nicht respektiert.«
    »Überleben geht ebenfalls vor Annehmlichkeit«, stimmte Gradash zu.
    »Land in Sicht!«, rief der Ausguck oben zum zweiten Mal.
    Der Cane knurrte, und die beiden wandten sich wieder nach vorn.
    »Da«, sagte Gradash, » das ist Canea.«
    Es war ein kahles, trübes Land, jedenfalls sah es für Tavi von Bord des Schiffes so aus. Die Küste bestand aus einer durchgehenden Mauer dunklen Steins, der sich aus dem Meer erhob wie eine riesige Festung. Über den Klippen aus Granit zeichneten sich die Schemen wolkenverhüllter Berge ab, die bis zu den unteren Hängen hinab mit Schnee bedeckt waren und höher aufragten als alles, was Tavi je gesehen hatte. Er stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Shuar«, knurrte Gradash. »Ihr krähenverfluchtes Gebiet ist ein vereister Fels.« Der grauhaarige Cane hatte seine aleranischen Flüche von Maximus gelernt und benutzte sie gern und häufig. »Deshalb sind sie so verrückt. Die wenigen Sommertage verbringen sie damit, sich auf den Winter vorzubereiten, und den ganzen verfluchten Winter jagen sie eigenartige Tiere in den eisigen Bergen, wobei ihre Jäger in irgendwelche Spalten fallen und sinnlos sterben. Wenn sie das Fleisch zu Hause haben, bereiten die Frauen es mit Gewürzen zu, die dieses Schiff in Brand setzen könnten, und sie erzählen diesen mürrischen Gesellen, es sei gut für sie.«
    Tavi musste unwillkürlich grinsen, vermied es dabei jedoch, die Zähne zu zeigen. Diese

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