Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
Pablos Beine zum Empfangstresen. Sie wollte sehen, wann ihr eigener nächster Termin war, aber alles war computerisiert, und sie war zwar in der Lage, Sachen zu googeln, aber sie war kein Hacker.
Er musste Ende der Woche sein, oder?
Als die Frau wieder herauskam – gekleidet in ein vermeintlich trendiges Ensemble, das offenbar von einem farbenblinden Kubisten zusammengestellt worden war, der sie hasste –, hatte sie sich schon angewöhnt, die blonde Mähne effektvoll zu schwingen.
Diese Frau verdiente den Tod in jeder Hinsicht.
»Pablo« begleitete seine Kundin zur Tür, und das hieß, dass es Zeit für Devina wurde, sich von ihrem Gastgeber abzulösen. Der Pseudo-Latino aus New Jersey würde keine Erinnerung an seinen letzten Termin haben. Seines Wissens war die Frau, die jetzt blond war, nicht aufgetaucht – und die Polizei würde, wenn sie die Leiche fand, das Färbemittel nicht zu ihm zurückverfolgen können.
Devina hatte nicht sein Profizeug benutzt. Zu kompliziert.
Sondern L’Oreal.
Außerdem war sie zwischendurch kurz nach draußen geschlüpft und hatte die Schachtel samt Tube und Flasche in das nächstbeste Auto gelegt, das zwei Läden weiter geparkt stand.
Niemand würde die Sache mit Pablo in Verbindung bringen – und wenn doch, würde er jeden Lügendetektortest mit Bravour bestehen, denn soweit er wusste, hatte er die Zicke nicht gesehen.
Die Luft draußen war frisch, und Devina nahm ein anonymes männliches Erscheinungsbild an, während sie mit der neu Erblondeten in Gleichschritt fiel. Sofort zückte die Frau ihr Handy, als könne sie es kaum erwarten, ihr traumatisches Erlebnis im Friseursalon zu erzählen.
Sorry, Herzchen, aber das ging leider nicht.
Mit einem raschen energiegeladenen Blinzeln zog Devina das iDings aus dem Verkehr – was ein weiterer Dienst an der Allgemeinheit war. Zweifellos hatte sie soeben jemandem, dem das total egal war, eine Viertelstunde empörtes Louboutin-Stampfen über die Tragödie bei Pablo erspart.
Als die Frau stehen blieb und versuchte, den Defekt zu reparieren, indem sie sich das Telefon mehrfach in die Handfläche klatschte, überholte Devina sie, Hände in den Jeanstaschen, Kopf gesenkt, Ruhe vortäuschend.
Im Gehen inspizierte sie die dunklen Geschäfte und die Umgebung. Außer ihnen war niemand auf dem Bürgersteig. Niemand fuhr auf der Straße vorbei. Es war absolut nichts los.
Sie merkte am Klack-Klack der Absätze auf dem Asphalt, dass ihre Beute wieder weiterlief. Und natürlich war da noch das Fluchen.
Als die Blinker eines einsamen schwarzen Range Rovers aufblitzten, lächelte Devina. Ungefähr drei Meter weiter unterbrach eine kreuzende Straße die Ladenzeile, und das war genau, was sie brauchte.
Ihrem Willen gehorchend, verloschen vier Straßenlaternen auf einen Schlag, sie verlangsamte ihren Schritt und ließ die lauten Schuhe aufholen.
Alles lief wie am Schnürchen.
Devina sprang genau im richtigen Moment herum und packte sich eine Handvoll des blonden Haares. Sie erwischte genug Strähnen, um die Frau von den Füßen zu reißen. Dann gelang es ihr mit wenigen schnellen Bewegungen, ihr Opfer zu überwältigen, die um sich schlagenden Arme und Beine unter Kontrolle zu bekommen, eine Hand fest auf den Mund zu legen.
Überlegene Kraft wurde angewendet, um die Frau in die Querstraße zu zerren, in noch tiefere Dunkelheit, da weitere Laternen erloschen.
Es gab keine Zeit zu verlieren. Ja, dieser Teil Caldwells war abends praktisch ausgestorben, aber jeden Moment konnte ein Auto vorbeikommen, und es wäre schön, das Töten in Ruhe zu genießen.
Als sie beide von dichten Schatten verschluckt wurden, machte Devina sich keine Gedanken, dass der Schöpfer wegen solcher Sachen sauer werden könnte. Sie war schon seit Anbeginn der Zeit auf der Erde, und ihr Wesen drückte sich durch genau diese Art von Verhalten aus.
Und niemand konnte behaupten, dass diese Nervensäge zu Jim Herons großem Streben nach dem Sieg gehörte. Das hier war nur ein Nebenschauplatz.
Wenn also diese Frau zufällig auf ähnliche Art und Weise ums Leben gebracht wurde wie ein ermordetes Mädchen? Wenn Symbole in ihre Haut geritzt wurden, die genau denen auf genannter anderer Leiche entsprachen? Wenn Gemeinsamkeiten in Hauttyp und Haarfarbe bestanden?
Und wenn das alles Jim Heron an die Nieren ging, ihn ablenkte, beunruhigte, beeinträchtigte?
Tja, wie ihre Therapeutin immer so schön sagte: Man konnte nur sich selbst und die eigenen Handlungen
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