Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
zumindest nicht im Sinne von Verwandtschaft.«
»Das tut mir leid. Was ist mit Ihren Eltern?«
Matthias krümmte sich und schien sich dann wieder zu fangen.
»Nichts?«, hakte sie nach.
»Mir fällt nichts zu ihnen ein.«
In der darauf folgenden Stille brachte sie umständlich ihr Tablett nach draußen in den Flur und kam dann wieder ins Zimmer. Sie wusste, dass es Zeit war zu gehen.
Wahrscheinlich auch Zeit loszulassen.
Jim Heron war tot – zumindest laut den Archiven des Caldwell Courier Journal, von dem Grabstein auf dem Friedhof mal ganz abgesehen. Seine Adresse hatte sie von einer der Quellen herausgefunden, die sich damals zu der Story geäußert hatten – aber natürlich war er nicht da gewesen …
Ein Schmerz schoss ihr in die Schläfe, aber er hielt nicht lange an, als sie ihre Gedanken auf Matthias Hault lenkte. Hier im Hotel war er in Sicherheit, und er erholte sich gut. Was sein Gedächtnis betraf, war er der Einzige, der dem Ganzen auf den Grund gehen konnte. Sie hatte getan, was sie konnte, indem sie ihm den Ausgangspunkt verschaffte; darüber hinaus … konnte sie ihm Schmerzensgeld zahlen, falls er sie verklagte. Wonach es aber momentan nicht aussah.
Klar, das mit dem Haus, das angeblich ihm gehörte, war seltsam, und manches passte einfach nicht zusammen. Wer zum Beispiel war eigentlich dort in dieser Garage gewesen? Aber wenn sie darüber nicht in der Zeitung schreiben wollte, gingen die Einzelheiten sie auch nichts an.
Mels setzte sich ans Fußende des Bettes. Als Matthias sein Tablett beiseitestellte und sie ansah, spürte sie schon wieder diesen Stich.
Sie fühlte sich eindeutig von ihm angezogen.
Besonders hier in diesem Zimmer, wo sie allein waren. Bloß dass sie eigentlich nicht auf der Suche nach dieser Art von Komplikation war.
»Ich sollte besser gehen«, sagte sie mit einem forschenden Blick in sein Gesicht.
»Dann gehen Sie«, flüsterte er und sah ihr durch die Sonnenbrille in die Augen.
Keiner von beiden rührte sich, sein langer, schlanker Körper blieb so reglos wie ihrer.
Mein Gott, sie wollte von ihm geküsst werden. Was für ein völliger Wahnsinn …
»Ihretwegen …« Matthias holte tief Luft.
»Was?«
Er beugte sich leicht nach vorn und strich ihr über das Gesicht. »Ihretwegen wäre ich gern anders.«
Bei der Berührung blieb ihr kurz das Herz stehen, dann fing es zu rasen an. »Ich glaube, Sie sind ein besserer Mensch, als Sie meinen.«
»Und das macht mir eine Höllenangst.«
»Die Vorstellung, dass Sie in Ordnung sind?«
»Nein, dass Sie das glauben.«
Mels wandte sich kurz ab und fragte sich, was zum Henker sie bei ihm in diesem Hotelzimmer suchte … und warum sie sich wünschte, sie beide würden ihre Klamotten zusammen mit ihren Hemmungen abwerfen. Aber verdammt noch mal, sie waren beide erwachsen, und sie hatte es so satt, ein Leben auf Sparflamme zu führen, Dinge zu wollen, die sie nicht besaß, ihre Träume hintenanzustellen und wenig – wenn überhaupt etwas – dafür zu bekommen.
Sie wollte endlich wieder laut sein. So wie sie früher gewesen war, bevor sich alles geändert hatte und sie nach Caldwell zurückgekehrt war und … sich selbst ausgebremst hatte.
Stirnrunzelnd überlegte sie, wie lange sie wohl schon so empfand.
Und dann …
Was genau sie dazu brachte, wusste sie nicht – seine Stimme? Seine Augen, die sie nicht sehen, aber fühlen konnte? Sein tief sitzender Stolz, gemischt mit den brodelnden Selbstzweifeln?
Ihre innere Höhlenfrau?
Was auch immer der Antrieb war, Mels legte ihre Lippen auf die seinen. Kurz, keusch. Kraftvoll.
Als sie den Kopf zurückzog, wirkte er entgeistert. »Schon wieder Kontrollverlust, was?«, fragte sie leise.
»Dafür haben Sie ein Händchen … ja.«
Tja, sie hatte sich selbst auch geschockt. Aber ihr fiel einfach kein Grund ein, sich gegen die Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, zu wehren. Man lebte schließlich nicht ewig, und nach den letzten Jahren hatte sie mehr Angst davor, in diesem Moment kein Risiko einzugehen, als davor, eine Weile zu fliegen und dann in einem Feuerball auf die Erde zu krachen …
»Was dagegen, wenn ich zu Ende bringe, was du angefangen hast?«, stieß er mit einem Grollen hervor.
»Scheiße … nein.«
Auf diesen undamenhaften Kommentar hin legte Matthias eine Hand um ihren Nacken und zog sie zu sich heran. Er riss die Kontrolle an sich. Und in der Sekunde, bevor er seinen Mund auf ihren presste, dachte sie, wie erstaunlich es doch war, dass sie zwar
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