Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
es konnte, und das war äußerst praktisch.
Doch im Unterschied zu sonst war das heute ihre eigene Story. Sie recherchierte nicht für jemand anderen.
Mels beugte sich über das Band. »Ich weiß doch, dass Sie Bescheid wissen.«
Monty zog den Gürtel über dem Bauch höher und fuhr sich mit der Hand über die zurückgegelten Haare. Der Typ stammte echt aus einer anderen Zeit. Einmal Glatze rasieren und ein Lolli, und man hätte Kojak im einundzwanzigsten Jahrhundert.
»Ja, ich war als einer der Ersten hier. Also von Anfang an quasi.«
Das Problem an Monty war, dass man sich trotzdem richtig anstrengen musste. »Wann wurden Sie denn gerufen?«
»Vor zwei Stunden. Der Manager hat einen Notruf abgesetzt, und ich hab als Erster darauf geantwortet. Der Typ, der das Zimmer gemietet hatte, wollte es nur für eine Stunde, das war so gegen fünf gewesen, aber an der Rezeption haben sie erst um neun gemerkt, dass niemand ausgecheckt hat. Ich habe an der Tür geklopft. Keine Reaktion. Dann hat der Manager aufgeschlossen, und hallo.«
»Was, glauben Sie, ist passiert?« Es war ganz wichtig, nach seiner persönlichen Einschätzung zu fragen.
»Sie war eine stadtbekannte Prostituierte, also drängen sich drei Möglichkeiten auf.«
Nach einer kurzen Pause zählte sie auf, wie es von ihr erwartet wurde. »Zuhälter, Freier, eifersüchtiger Freund.«
»Nicht übel. Nicht übel.« Er rupfte wieder an seinem Gürtel. »Keine Einbruchspuren. Eindeutig ein Kampf, da ihre Klamotten durcheinander waren. So weit ist die Sache klar.«
»Aber die Überraschung war …«
Monty beugte sich vor, ganz Staatsgeheimnisträger. »Sie hatte sich die Haare gefärbt. Aus irgendeinem Grund hat das zu der Nummer gehört. Glatt und blond waren sie am Schluss. Und dann hat er sie umgebracht.«
»Woher weiß man, dass es ein Er war?«
Montys Miene sagte: Na, wer denn sonst. »Und nein, den Namen des Opfers kann ich Ihnen nicht verraten, der ist noch unter Verschluss, bis wir die Familie ausfindig gemacht haben. Aber ich weiß, wer sie ist, und sie hat Glück, überhaupt die letzten zwei Jahre überlebt zu haben. Ihre Polizeiakte ist lang, und es kommt Gewalt drin vor – von ihr ausgehend, wohlgemerkt.«
»Okay, also rufen Sie mich an, wenn Sie was rausgeben dürfen? Ich nenne meine Quellen nicht, das wissen Sie ja.«
»Ja, Sie sind da in Ordnung, aber nichts für ungut, Ihr Name taucht nicht gerade oft über einem Artikel auf. Hey, können Sie mich nicht mit Ihrem Kollegen Tony vernetzen? Normalerweise ist der doch auf dieser Art von Gig.«
Gerade jetzt hatte sie null Respekt vor Monty, und das nicht, weil er unbeeindruckt von ihrem Status bei der Zeitung war. Verdammt noch mal, er war kein Rockstar, und das hier war kein Gig, und konnte er jetzt um Himmels willen mal damit aufhören, an seinem Pistolengürtel zu fummeln. Das hier war ein Tatort, und jemandes Tochter oder Schwester und vielleicht Freundin oder Ehefrau lag tot auf den Fliesen im Badezimmer eines schäbigen Motelzimmers.
Es könnte ihm wenigstens peinlich und ein bisschen unangenehm sein, hier zu tuscheln. So wie ihr.
»Dick hat aber mir den Auftrag gegeben«, sagte sie.
»Echt? Hey, vielleicht steigen Sie langsam auf. Und ja, ich ruf Sie an, solange Sie meinen Namen raushalten.«
»Versprochen.«
»Bis demnächst.« Er deutete mit dem Kopf zur Seite, womit sie entlassen war. »Und gehen Sie bloß ans Telefon, wenn ich mich melde – ich hab so eine Ahnung bei der Sache hier.«
Sie hielt ihr Handy hoch. »Mach ich doch immer.«
Als Mels sich zum Gehen wandte, griff sie sich in den Nacken, weil die Härchen dort kribbelten, und sah sich um. Doch sie sah nur Menschen bei der Arbeit: Streifenbeamte. Kriminalpolizisten. Eine Fotografin, die auf das gelbe Absperrband zustapfte, als wäre sie stinksauer. Auf dem Parkplatz standen außerdem zwei Nachrichtenteams, von denen eines gerade auf Sendung war und seine dunkelhaarige Reporterin mit grellem Licht anstrahlte.
Mels drehte sich einmal im Kreis. Rieb sich abermals den Nacken.
Mann, dieser Nebel war unheimlich.
Sie sah auf die Uhr und wählte eine Kurzwahl auf dem Handy. Dann legte sie eine Hand um den Mund. »Mom? Ich bin’s, hallo. Du, ich hatte gesagt, ich wäre früh zu Hause, aber ich bin noch bei der Arbeit. Was? Entschuldige, ich kann dich nicht hören … okay, jetzt geht’s wieder. Ja, ich bin … aber nein, keine Sorge. Neben mir steht die halbe Polizeibelegschaft …« Wahrscheinlich keine so schlaue
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