Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
war eine Lücke genau gegenüber der Lobby frei, allerdings waren ihre Einparkkünste etwas eingerostet, seit sie wieder in Caldwell wohnte.
Und es machte sie auch nicht gerade geschmeidiger am Lenkrad, dass sie sich wie ein Stalker vorkam.
Als sie in die Lobby trat, hatte sie das Gefühl, jemand vom Sicherheitsdienst müsste sie eigentlich aufhalten und wegschicken, aber niemand beachtete sie – weshalb sie sich fragte, wie viele Leute außer ihr Dinge im Kopf herumwälzten, für die sie sich insgeheim schämten.
Sie sprang in einen Aufzug und fuhr zusammen mit einem Geschäftsmann in den sechsten Stock. Seine zerknitterten Klamotten und roten Augen deuteten darauf hin, dass er in der vergangenen Nacht von weither nach Caldwell geflogen war.
Vielleicht sogar mit den eigenen Armen flatternd.
Sie stieg aus und bog nach rechts. Tabletts vom Zimmerservice standen neben Türen, darauf halbleere Kaffeebecher und fleckige Servietten. Am Ende des Flurs war der Wagen eines Zimmermädchens vor einem offenen Raum geparkt, von innen fiel Licht in den Korridor und beschien frische Klopapierrollen, gefaltete Handtücher und eine Batterie von Sprühflaschen.
An Matthias’ Tür hing immer noch das Schild »Bitte nicht stören«, was wohl bedeutete, dass er noch nicht ausgecheckt hatte. Sie legte das Ohr ans Holz und sandte ein Stoßgebet gen Himmel, dass er nicht genau in diesem Moment herauskäme.
Kein Wasserrauschen. Kein Gemurmel aus dem Fernseher. Keine tiefe Stimme am Telefon.
Sie klopfte. Dann noch einmal etwas lauter.
»Matthias, ich bin’s. Mach auf.«
Während sie auf eine Antwort wartete, die nicht kam, schielte sie zu dem Zimmermädchen, das mit einer Tüte voller Müll erschienen war. Ganz kurz erwog sie, die Ich-hab-meinen-Schlüssel-vergessen-Nummer abzuziehen, kam aber zu dem Schluss, dass so etwas nach dem 11 . September in Caldwell nicht funktionieren würde. Im schlimmsten Fall würde man sie sogar vor die Tür setzen.
Wenn das mal nicht ihre Charakterstärke unter Beweis stellte: Das Eindringen in seine Privatsphäre schien ihr kein moralisches Sperrgebiet; lediglich die Angst, erwischt zu werden, hielt sie davon ab.
Angeekelt von sich selbst und wütend auf ihn, stapfte Mels zurück zum Aufzug, und als sie im Erdgeschoss ausstieg, hatte sie eigentlich vor, direkt zu Tonys Wagen zu gehen, einzusteigen und einfach lächerlich früh zu ihrem Treffen mit Monty und seinem losen Mundwerk zu erscheinen.
Doch stattdessen schlenderte sie beiläufig in der Lobby herum, sah sich im Souvenirladen um, spazierte runter ins Spa …
Sicher doch, weil er garantiert einen Bademantel kaufen und sich eine Gurkenmaske auflegen lassen würde. Na klar.
Als sie bei dem einzigen Restaurant ankam, das geöffnet hatte, war sie schon kurz davor, ihr fruchtloses Unterfangen aufzugeben, aber es dauerte ja nicht lange, einen Blick …
Ganz hinten am Fenster saß Matthias mit einer brünetten Frau in einem zitronenlikörfarbenen Kleid an einem Tisch.
Wer war das?
War das die Krankenschwester? Aus der Klinik?
»Brauchen Sie einen Tisch für eine Person?«, fragte der Oberkellner.
Äh, lass mal stecken, dachte sie, außer ich bekomme gleich eine Kotztüte dazu . »Nein, danke.«
Jetzt fing die Brünette zu lachen an, warf den Kopf in den Nacken, sodass ihr Haar um sie herumflatterte. Sie war so makellos schön, als wäre sie ein bewegtes, genau an den richtigen Stellen retuschiertes Foto.
Da Matthias ihr gegenübersaß, war seine Miene schwer zu deuten, und in einem absurden Anfall von Eifersucht war Mels froh, dass er ihre Sonnenbrille trug. Als wäre das das Äquivalent dazu, an seinen Zaunpfahl zu pinkeln.
»Dann sind Sie mit jemandem verabredet?«, fragte der Kellner nach.
»Nein«, erwiderte sie. »Ich glaube, er hat zu tun.«
Dreiundzwanzig
Dees Lachen war … nun ja, tatsächlich irgendwie göttlich. Wobei es Matthias derart das Gehirn zerschoss, dass er gar nicht wusste, was er eigentlich so Lustiges gesagt haben sollte.
»Und, was macht das Gedächtnis?«, fragte sie.
»Durchwachsen.«
»Das wird schon wieder. Es ist ja erst, wie lange … eineinhalb Tage her?« Sie lehnte sich zur Seite, als ihr Teller mit Eiern, Würstchen, Toast und Hash Browns serviert wurde. »Haben Sie Geduld.«
Matthias’ Bagel sah im Vergleich dazu blutleer aus.
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht mehr wollen?« Sie gestikulierte mit ihrer Gabel. »Sie müssen ein bisschen zunehmen. Ich persönlich glaube ja fest daran, dass ein
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