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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Vater sich schuldig bekannte, um bald darauf in einem Staatsgefängnis zu verschwinden.
    Schließlich wurde der Angeklagte nach vorn geführt. Er schaute den Richter so stolz wie möglich an. Seine Anwälte flüsterten ihm gleichzeitig etwas in beide Ohren, und er bekannte sich in vier Punkten für schuldig. Dann wurde er wieder zu seinem Platz geführt. Er schaffte es, dabei jeglichen Blickkontakt zu vermeiden.
    Für den folgenden Monat wurde ein Termin festgesetzt, an dem das Strafmaß verkündet werden sollte. Als Backman in Handschellen abgeführt wurde, war allen klar, dass man ihn nicht zwingen würde, seine Geheimnisse preiszugeben, und dass man ihn für lange Zeit einbuchten würde, damit die Erinnerungen an seine konspirativen Machenschaften verblassten. Langsam löste sich die Menschenmenge auf. Die Reporter hatten zumindest die Hälfte der Story, wegen der sie gekommen waren. Die hohen Tiere schwiegen – einige waren zufrieden, dass die Geheimnisse Geheimnisse bleiben würden, andere wütend, weil kriminelle Delikte unter den Teppich gekehrt wurden. Carl Pratt und die anderen schwer geprüften Partner suchten die nächste Bar auf.
     
    Als um kurz vor neun der erste Reporter anrief, hatte Pratt seine Sekretärin bereits gewarnt, dass mit Nachfragen in Sachen Backman zu rechnen sei. Sie sollte allen ausrichten, ihr Chef sei bei Gericht mit einem langwierigen Fall befasst und werde möglicherweise erst in einigen Monaten ins Büro zurückkehren. Bald liefen die Telefonleitungen heiß, und die Hoffnung auf einen produktiven Tag war zerstört. Die Anwälte und sämtliche anderen Angestellten ließen alles stehen und liegen und befassten sich nur noch mit den Neuigkeiten im Fall Backman. Einige behielten die Eingangstür im Auge, als rechneten sie fast schon damit, dass der Geist ihnen einen Besuch abstatten würde.
    Pratt hatte sich allein in seinem Büro eingeschlossen, schlürfte eine Bloody Mary und verfolgte im Kabelfernsehen das Programm eines Nachrichtensenders. Glücklicherweise war auf den Philippinen eine Busladung dänischer Touristen gekidnappt worden, denn ansonsten wäre Joel Backmans Begnadigung die Topstory gewesen. So musste er sich knapp mit dem zweiten Platz begnügen. Trotzdem wurden jede Menge Experten herangekarrt, geschminkt und ins Scheinwerferlicht geschleift, wo sie über Backmans legendäre Sünden schwadronierten.
    Ein ehemaliger Pentagon-Chef nannte die Begnadigung »einen Rückschlag für die nationale Sicherheit«, und ein pensionierter Bundesrichter, dem man deutlich ansah, dass er die Neunzig überschritten hatte, sprach – nicht weiter überraschend – von einem »Justizirrtum«. Ein relativ junger Senator aus Vermont räumte ein, nicht viel über den Backman-Skandal zu wissen, war aber trotzdem hellauf begeistert, live im Kabelfernsehen interviewt zu werden, und kündigte etliche Untersuchungen an. Ein nicht namentlich genannter Beamter aus dem Weißen Haus ließ verlauten, der neue Präsident sei »ziemlich beunruhigt« über die Begnadigung und plane – was immer das heißen mochte –, den Fall einer Überprüfung zu unterziehen.
    Und so weiter und so fort. Pratt mixte sich eine zweite Bloody Mary.
    Ein eher an den Toten interessierter »Korrespondent« – kein einfacher »Reporter« – buddelte den Fall des Senators Jacy Hubbard aus. Pratt griff nach der Fernbedienung und schaltete den Ton lauter, als ein großes Porträt von Hubbard auf dem Bildschirm erschien. Eine Woche, bevor Backman sich schuldig bekannt hatte, war der ehemalige Senator tot aufgefunden worden, mit einer Kugel im Kopf. Die ursprüngliche Selbstmordthese wurde später in Zweifel gezogen, ohne dass es je einen Mordverdächtigen gegeben hätte. Die Nummer der Pistole war abgeschliffen, wahrscheinlich war sie gestohlen. Hubbard war aktiver Jäger gewesen, hatte aber nie Handwaffen benutzt. Die Schmauchspuren an seiner rechten Hand waren verdächtig. Eine Autopsie ergab, dass er reichlich Alkohol und Barbiturate geschluckt hatte. Ersteres war zu erwarten gewesen, doch von überdurchschnittlichem Tablettenkonsum war bisher nichts bekannt geworden.
    Ein paar Stunden zuvor hatte er, wie Augenzeugen später zu Protokoll gaben, mit einer attraktiven jungen Frau eine Bar in Georgetown verlassen, was bei ihm nichts Außergewöhnliches gewesen war.
    Die vorherrschende Theorie besagte, die Frau habe ihn mit in die Drinks gekippten Barbituraten eingeschläfert, um ihn professionellen Killern zu übergeben, die

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