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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Vergangenheit zu brechen.
    Stennett kämpfte eher mit der Zeitung, als dass er sie las. Er knickte und faltete sie mit lautem Geraschel; ab und zu blickte ihn der Fahrer genervt an.
    Auf einem Verkehrsschild stand, dass Venedig sechzig Kilometer südlich lag, und Joel beschloss, das Schweigen zu brechen. »Ich würde gern in Venedig leben, wenn das Weiße Haus nichts dagegen hat.«
    Der Fahrer zuckte zusammen, und Stennett ließ entgeistert die Zeitung sinken. Für einen Augenblick herrschte angespanntes Schweigen. Stennett stöhnte und zuckte die Achseln. »Unmöglich, tut mir Leid.«
    »Ich muss pinkeln«, sagte Joel. »Sind wir befugt, deswegen anzuhalten?«
    Sie hielten an einer modernen Autobahnraststätte nördlich von Conegliano. Stennett spendierte einen Espresso, und Joel setzte sich mit seiner Tasse hinter das große Frontfenster, von wo aus er die vorbeifahrenden Autos beobachtete und einem streitenden jungen Paar zuhörte. Von den zweihundert Wörtern, die er sich eingeprägt hatte, hörte er nicht eines. Das Erlernen der italienischen Sprache erschien ihm als unlösbare Aufgabe.
    Neben ihm tauchte Stennett auf, der ebenfalls den Autos nachblickte. »Waren Sie schon mal in Italien?«, fragte er.
    »Einmal für einen Monat in der Toskana.«
    »Wirklich? Einen ganzen Monat? Muss schön gewesen sein.«
    »Eigentlich war ich nur vier Tage da, aber meine Frau ist einen Monat geblieben und hat ein paar neue Freunde gewonnen. Was ist mit Ihnen? Leben Sie hier irgendwo?«
    »Mal hier, mal dort«, antwortete Stennett ausweichend und mit ausdrucksloser Miene. Er trank einen Schluck aus der kleinen Espressotasse. »Conegliano ist für seinen Prosecco bekannt.«
    »Italiens Antwort auf den Champagner.«
    »Sie sagen es. Trinken Sie gern Alkohol?«
    »Hab sechs Jahre lang keinen Tropfen angerührt.«
    »Wird im Gefängnis kein Alkohol ausgeschenkt?«
    »Nein.«
    »Und jetzt?«
    »Ich werde mich langsam wieder daran gewöhnen. War mal eine schlechte Angewohnheit.«
    »Wir sollten besser weiterfahren.«
    »Wie weit ist es noch?«
    »Nicht weit.«
    Stennett ging zur Tür, aber Joel hielt ihn zurück. »Ich habe Hunger. Kann ich ein Sandwich für unterwegs mitnehmen?«
    Stennett blickte auf ein Regal mit fertig zubereiteten Panini. »Natürlich.«
    »Auch zwei?«
    »Kein Problem.«
    Die A 27 führte in südlicher Richtung nach Treviso, und als klar wurde, dass sie die Stadt nicht umfahren würden, vermutete Joel, dass sie bald am Ziel waren. Der Fahrer bremste, nahm eine Ausfahrt und bog noch einmal ab. Dann fuhren sie durch die holprigen, engen Straßen der Stadt.
    »Wie viele Einwohner hat Treviso?«, fragte Joel.
    »Fünfundachtzigtausend.«
    »Was wissen Sie sonst noch über die Stadt?«
    »Treviso ist wohlhabend und hat sich während der letzten fünfhundert Jahre nicht sehr verändert. Es war früher ein standhafter Verbündeter Venedigs, als sich die Städte hier gegenseitig bekämpften. Im Zweiten Weltkrieg haben wir die Stadt mit einem Bombenhagel überzogen. Ein hübsches Plätzchen, nicht so viele Touristen.«
    Wie geschaffen, um sich zu verstecken, dachte Joel.
    »Ist hier für mich Endstation?«
    »Könnte sein.«
    Ein hoher Glockenturm wies allen Autos den Weg in die Innenstadt, wo sie sich im Schneckentempo um die Piazza dei Signori herumbewegten. Vespas und Mopeds, deren Fahrer offenbar keine Angst kannten, schlängelten sich zwischen den Autos hindurch. Joel betrachtete die pittoresken Geschäfte – die Tabaccheria, die Apotheke mit dem grünen Neonkreuz, den Metzgerladen mit den vielen im Fenster hängenden Schinken und natürlich die kleinen Straßencafés. An allen Tischen saßen Menschen, die zufrieden schienen, stundenlang Espresso trinken, Zeitung lesen und plaudern zu können. Es war fast elf Uhr. Wovon lebten diese Leute, wenn sie schon eine Stunde vor dem Mittagessen im Café saßen?
    Wird interessant werden, es herauszufinden, dachte er.
    Der namenlose Fahrer manövrierte den Wagen in eine Parklücke. Stennett zog ein Mobiltelefon aus der Tasche, wählte eine Nummer, wartete und unterhielt sich dann auf Italienisch. Als er fertig war, zeigte er durch die Windschutzscheibe. »Sehen Sie das Café da drüben, das mit der rot-weiß gestreiften Markise? Das Caffè Donati?«
    Joel beugte sich etwas vor. »Ja.«
    »Gehen Sie an der Bar vorbei in den hinteren Raum, und nehmen Sie an einem der acht Tische Platz. Dann bestellen Sie einen Kaffee und warten.«
    »Worauf?«
    »Nach ungefähr zehn Minuten

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