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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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mehr Gäste da, und hier wird zusammen an einem Tisch gegessen«, erklärte er, während sie eilig ihre Taschen in den Kofferraum warfen. »Denken Sie daran, Sie hinterlassen Spuren. Die Signora vergisst nichts.«
    Sie schlängelten sich über die Landsträßchen.
    »Wohin fahren wir?«, fragte Marco.
    »Das werden Sie schon sehen.«
    »Hören Sie endlich auf, Spielchen mit mir zu treiben!«, rief Marco, und Luigi zuckte tatsächlich zusammen. »Ich bin ein freier Mann und könnte jederzeit aus diesem Auto aussteigen.«
    »Ja, aber …«
    »Hören Sie auf, mir zu drohen! Jedes Mal, wenn ich eine Frage stelle, höre ich diese unterschwellige Drohung, dass ich allein keine vierundzwanzig Stunden überleben würde. Ich will jetzt wissen, was los ist. Wohin fahren wir? Wie lange werden wir dort bleiben? Wie lange werden Sie noch in meiner Nähe sein? Geben Sie mir ein paar Antworten, Luigi, oder ich verschwinde.«
    Luigi bog auf eine zweispurige Straße ein. Einem Schild zufolge befanden sie sich dreißig Kilometer vor Bologna. Er wartete, bis sich die Stimmung im Wagen etwas entspannt hatte. »Wir fahren nach Bologna. Für ein paar Tage bleiben Sie dort in einem Hotel«, sagte er dann. »Ermanno wird auch da sein, und Sie setzen Ihren Unterricht fort. Später werden Sie für einige Monate in einem sicheren Haus untergebracht. Dann verschwinde ich, und Sie sind auf sich allein gestellt.«
    »Danke. Was war daran so schwierig?«
    »Der Plan ändert sich.«
    »Ich wusste, dass Ermanno kein Student ist.«
    »Er ist Student. Er ist auch Teil des Plans.«
    »Ist Ihnen eigentlich klar, wie lächerlich das Ganze ist? Denken Sie mal nach, Luigi. Jemand bringt jede Menge Zeit und Geld auf, um mir eine fremde Sprache und Kultur einzutrichtern. Warum lässt man mich nicht einfach wieder in die C-130 steigen und zum Beispiel nach Neuseeland fliegen?«
    »Das ist eine hervorragende Idee, Marco, aber ich treffe diese Entscheidungen nicht.«
    »Zum Teufel mit Marco. Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel sehe und Marco sage, muss ich lachen.«
    »Das ist nicht witzig. Kennen Sie Robert Critz?«
    Marco schwieg einen Moment. »Ich bin ihm in den letzten Jahren ein paarmal begegnet. War nie wirklich interessant für mich. Auch so ein politischer Ackergaul wie ich, schätze ich.«
    »Ein enger Freund von Präsident Morgan, Stabschef, Wahlkampfleiter.«
    »Ach ja?«
    »Er wurde gestern Abend in London ermordet. Damit sind fünf Personen Ihretwegen gestorben – Jacy Hubbard, die drei Pakistaner, jetzt Critz. Das Morden hört nicht auf, Marco. Bitte, haben Sie Geduld mit mir. Ich versuche nur, Sie zu schützen.«
    Marco ließ den Kopf gegen die Kopfstütze sinken und schloss die Augen. Es gelang ihm einfach nicht, das Puzzle zu vervollständigen.
    Sie hielten kurz, um zu tanken. Luigi kam mit zwei kleinen Bechern Kaffee zurück. »Kaffee zum Mitnehmen«, sagte Marco freundlich, um Harmonie bemüht.
    »Ich dachte, solcherlei Übel wären in Italien per Gesetz verboten.«
    »Das Fastfood greift auch hier immer mehr um sich. Traurig.«
    »Sie können die Schuld ruhig auf die Amerikaner schieben. Das tun alle anderen auch immer.«
    Kurz darauf erreichten sie die Außenbezirke von Bologna, wo dichter Berufsverkehr herrschte. »Hier werden übrigens unsere besten Autos hergestellt. Ferrari, Lamborghini, Maserati … die ganzen großen Sportwagen.«
    »Kann ich einen haben?«
    »Das gibt das Budget leider nicht her, tut mir Leid.«
    »Wie viel gibt es denn her?«
    »Es reicht für ein einfaches, beschauliches Leben.«
    »Das hatte ich befürchtet.«
    »Es ist weitaus mehr als das, was Sie zuletzt hatten.«
    Marco nippte an seinem Kaffee und blickte auf den Verkehr. »Haben Sie nicht hier studiert?«
    »Doch. Die Universität ist eintausend Jahre alt. Es ist eine der besten der Welt. Ich werde sie Ihnen später zeigen.«
    Sie verließen die Einfallstraße und wanden sich durch eine graue Vorstadt. Die Straßen wurden immer kürzer und schmaler. Luigi schien sich bestens auszukennen. Sie folgten den Schildern Richtung Stadtzentrum und Universität. Dann scherte Luigi plötzlich aus, holperte über eine Bordsteinkante und bugsierte den Fiat in eine Lücke, die für ein Motorrad gerade breit genug gewesen wäre.
    »Gehen wir was essen«, sagte er. Sie zwängten sich ins Freie und marschierten auf dem Gehsteig zügig durch die kalte Luft.
     
    Marcos nächstes Versteck war ein schmuddeliges kleines Hotel ein paar Straßen von der Altstadt

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