Die Begnadigung
wollen, dass das sofort erledigt wird.«
»So bald wie möglich«, bestätigte Maynard. »Legen Sie mir in zwei Stunden einen Plan vor.«
Sie beobachteten Critz, als er die Mietwohnung verließ, um seinen Spätnachmittagsspaziergang zu machen, der gewöhnlich mit ein paar Bier endete. Nach einer halben Stunde in gemütlichem Schlendergang kam er zum Leicester Square und betrat das Dog-and-Duck-Pub, wie schon tags zuvor.
Er saß am hinteren Ende der Theke und war bei seinem zweiten Glas, als der Barhocker neben ihm frei wurde und sich ein Geheimdienstbeamter namens Greenlaw zu ihm setzte und nach einem Bier rief.
»Stört Sie doch hoffentlich nicht, wenn ich rauche?«, fragte Greenlaw.
Critz zuckte mit den Achseln. »Wir sind ja nicht in Amerika.«
»Ah, ein Yankee, was?«, sagte Greenlaw.
»Ja.«
»Leben Sie hier?«
»Nein, bin nur zu Besuch.« Critz fixierte die Flaschen an der Wand hinter der Bar, um jeden Blickkontakt zu vermeiden, jeden Versuch einer Konversation abzuwehren. Er liebte es, allein in einem überfüllten Pub zu sitzen, ein Bier zu trinken und den spottgeladenen Schlagabtäuschen der Briten zu lauschen, in dem Wissen, dass nicht eine Menschenseele unter ihnen war, die ihn kannte. Trotzdem ging ihm dieser Kerl namens Ben nicht aus dem Sinn. Wenn sie ihn tatsächlich beobachteten, machten sie ihre Sache ziemlich gut.
Greenlaw hatte es mit seinem Bier eilig, damit er zeitgleich mit Critz das Glas leeren konnte. Es war entscheidend, dass sie die nächste Runde zusammen bestellten. Er zog an seiner Zigarette und blies den Rauch in die dichten Schwaden, die über ihnen standen. »Ich bin schon seit einem Jahr hier«, sagte er.
Critz nickte, ohne den Kopf zu wenden. Hau endlich ab.
»Es macht mir ja nichts aus, auf der falschen Seite zu fahren oder das lausige Wetter zu ertragen, aber was mich wirklich fertig macht, das ist der Sport hier. Haben Sie mal ein Kricketspiel gesehen? Das dauert vier Tage.«
Critz entrang sich ein Grunzen. »Idiotische Sportart«, erwiderte er lahm.
»Fußball und Kricket, was anderes kennen die hier nicht. Da rasten sie völlig aus. Für mich ist ein Winter ohne NFL der reinste Horror.«
Critz war ein treuer Redskins-Fan mit Jahreskarte fürs Stadion. Es gab wenig in seinem Leben, das ihn so begeisterte wie sein geliebtes Team. Greenlaw interessierte sich nur mäßig für Football, hatte aber den ganzen Tag nördlich von London in einem sicheren Haus der CIA gesessen und Ligadaten auswendig gelernt. Wenn das Thema Sport nicht funktionierte, würde er es als Nächstes mit Politik versuchen. Und wenn er damit keinen Erfolg landete, hätte er noch einen letzten Trumpf im Ärmel – eine reizende junge Dame, die draußen wartete. Wobei Critz nicht als Schwerenöter bekannt war.
Critz bekam plötzlich Heimweh. Er saß in einem Pub, weit weg von zu Hause, weit weg vom Superbowl – der zu allem Überfluss von der britischen Presse vollkommen ignoriert wurde –, und konnte die Zuschauermassen förmlich hören, ihre frenetische Begeisterung spüren. Wenn die Redskins die Play-off-Runde überstanden, würde er nicht länger in London bleiben und Bier trinken. Er würde beim Finale dabei sein, und zwar ganz weit vorn, direkt an der Fünfzig-Yard-Linie. Es gab genügend Unternehmen, die ihm etwas schuldeten, irgendeines würde ihm schon die entsprechenden Tickets besorgen.
Er blickte Greenlaw an. »Patriots oder Packers?«
»Mein Team ist nicht weitergekommen, aber im Finale bin ich auf der Seite der NFC-Teams.«
»Ich auch. Und welches ist Ihr Team?«
Das war mit Sicherheit die schicksalhafteste Frage, die Robert Critz in seinem Leben je gestellt hatte. Als Greenlaw »Redskins« antwortete, lächelte er. Der Bann war gebrochen. Ein paar Minuten lang arbeiteten sie ihre Fangeschichte auf – wie lange sie schon Redskins-Fan waren, die größten Spiele, die sie gesehen hatten, die besten Spieler, die zurückliegenden Superbowls. Greenlaw bestellte noch eine Runde, und es sah alles danach aus, dass sie die nächsten Stunden damit beschäftigt sein würden, alte Spiele auf dem Tresen nachzuspielen. Seit Critz in London war, hatte er noch nicht oft mit Amerikanern geredet, aber mit diesem Typ hier ließ sich herrlich fachsimpeln.
Greenlaw entschuldigte sich irgendwann und ging zur Toilette. Sie befand sich im ersten Stock und war etwa so groß wie ein Besenschrank, ein schummeriges Loch, wie es für London typisch war. Er verriegelte die Tür und zog ein Mobiltelefon aus
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