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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Termin versäumt, sprang er auf. Hastig drückte er seiner Schwägerin einen Kuß auf die Stirn und tätschelte ihr die Hand. »Nur Mut«, sagte er. »Bald wird sich vieles ändern …«
    An der Tür winkte er noch einmal zurück. Jetzt lächelte Elfriede wieder … Der Schmerzanfall war so spontan, wie er gekommen war, verflogen. Und mit der Erleichterung, die sie verspürte, kam auch die Hoffnung zurück.
    Hinter dem Fenster des Chefzimmers standen Hansen und Karin und sahen der schwarzen Limousine nach.
    »Er wird wiederkommen«, sagte Hansen und legte den Arm um Karins Schulter. »Und dieses Mal dienstlich …«
    »Du hast nichts Unrechtes getan, Jens!«
    Hansen schüttelte den Kopf. »Es kommt nicht mehr darauf an, ob ich etwas Unrechtes getan habe … wichtig ist, daß ich etwas gegen den Krebs getan habe. Etwas anderes als andere! Und das ist anscheinend ein Verbrechen …«
    Von seiner Wohnung aus rief Oberstaatsanwalt Dr. Barthels seinen Bruder, den Fabrikanten an. Es war ein kurzes, aber schicksalsschweres Gespräch.
    »Ich komme eben von Elfriede. Ich habe genug gesehen. Es ist unerhört, was man in der ›See-Klinik‹ mit den Todkranken anstellt! Mandeln 'raus, alle Zähne … eine Verschlechterung als ›gut‹ zu bezeichnen, unkontrollierbare Mittel, die man in einem Labor selbst zusammenbraut … Und wenn dieser Hansen hundertmal nicht wie ein Betrüger aussieht … ich habe da einmal ein Mädchen angeklagt, das aussah wie eine Madonna und das doch vier Männer vergiftet hatte!«
    »Tu, was du mußt!« Die Stimme des Fabrikanten Barthels war klar und hart. »Ich vertraue Doktor Hansen. Er ist Elfriedes letzte Chance. Und wenn durch dich Hansen etwa die weitere Tätigkeit untersagt und den Patienten der Arzt entzogen wird, werde ich dich anzeigen!«
    »Du weißt nicht, was du redest!« rief der Oberstaatsanwalt und warf in einer Aufwallung von Ärger den Hörer auf die Gabel.
    Er lehnte sich zurück und bedeckte die Augen mit den Händen.
    Warten wir also ab, dachte er. Ermitteln wir im stillen. Vielleicht hat Professor Runkel noch Material … oder dieser entlassene Oberarzt Wüllner. Es wird mit Elfriede nicht mehr lange dauern, man sieht es ja … und dann wird der Weg frei sein für die Gerechtigkeit …
    Er suchte Runkels Telefonnummer und rief ihn an.
    »Können wir uns heute abend sehen?« fragte er.
    Runkels Stimme war jugendfrisch.
    »Jederzeit, Herr Oberstaatsanwalt. Waren Sie in Plön?«
    »Ich komme soeben davon zurück.«
    »Und?«
    »Eben deshalb möchte ich mit Ihnen noch einmal Rücksprache nehmen. Halbdienstlich gewissermaßen. Am besten in Gegenwart dieses Herrn Doktor Wüllner …«
    »Wenn Sie es wünschen …«
    »Ich bitte darum.«
    »Um neun Uhr bei mir?« Runkels Stimme sang fast.
    »Um neun Uhr bei Ihnen …«
    Die Unfallstation II sah ihren Stationsarzt Dr. Wüllner nur selten. Er reiste durch das Land.
    Begonnen hatte es damit, daß Oberstaatsanwalt Dr. Barthels am flammenden Kamin Runkels bemerkte: »Was ich brauche, sind Beweise … Unzufriedene Patienten, Hinterbliebene, die sich übervorteilt fühlen, schriftliche Beweise einer falschen Diagnose und was es so alles gibt. Sie wissen das besser als ich, meine Herren … Meine eigenen Beobachtungen können leider nicht als Beweis dienen, da sie als befangen abgelehnt werden können. Aber Sie, Herr Doktor Wüllner, haben doch eine zweijährige intime Kenntnis aller Vorkommnisse in der ›See-Klinik‹. Sie müßten doch wissen, wo ein Hebel anzusetzen ist … Verstehen Sie mich bitte recht, meine Herren …«
    Professor Runkel sah hinüber zu Dr. Wüllner. Und in der Nacht noch besprach Runkel seinen Plan mit Wüllner in allen Einzelheiten. Dem jungen Arzt waren viele Adressen von Hinterbliebenen bekannt, die drei oder vier oder gar sechs Monate unter großen Opfern gezahlt hatten und die dann eines Tages doch die Todesnachricht aus der ›See-Klinik‹ bekamen.
    »Sie fahren herum, Wüllner, und unterhalten sich mit diesen Leuten«, sagte Runkel. »Versuchen Sie möglichst im Wortlaut herauszukriegen, was Hansen ihnen gesagt hat. Sammeln Sie Mosaiksteinchen … das Bild setzen wir dann schon zusammen …«
    So hatte Dr. Wüllner seine Reise kreuz und quer durch Deutschland angetreten und Material gegen Hansen gesammelt. Alles im Namen der Wissenschaft: »Es handelt sich um interne statistische Ermittlungen der Klinik. Wir brauchen sie für eine große wissenschaftliche Arbeit …«
    ›Androklus und der Löwe‹ ging endlich

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