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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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›Hansensche Krankheit‹ nennen könnte, nicht zuläßt … rufen Sie den Zweiten Oberarzt! Aber ich verlange, daß Sie dabeistehen und einmal zusehen, daß man als Chef mehr können muß, als Blinddärme herauszunehmen!«
    Mit großen Schritten ging Runkel an Färber vorbei in den Operationssaal. Der Anästhesist meldete alles klar.
    »Wir können noch nicht, meine Herren«, sagte Runkel zu den anderen bereitstehenden Assistenten. »Wir müssen noch warten.«
    Betretenes Schweigen lag im Raum. Die Blicke der Ärzte wanderten über den Mundschutz hinüber zu der Glaswand, die den Vorbereitungsraum vom OP trennte. Dr. Färber stand mitten im Raum und ließ sich die Gummischürze ausziehen. Eine junge Schwester band die OP-Haube ab, eine andere trug Färbers Gummihandschuhe fort. Niemand wußte, was vorgefallen war … aber daß Runkel warten mußte, ehe er operieren durfte, war so ungeheuerlich, so einmalig in den Jahrzehnten der Klinik, daß selbst die alte Oberschwester nervös wurde.
    Runkel stand mit zusammengepreßten Lippen neben dem abgedeckten Körper. Er erkannte die Demütigung, die ihm zuteil geworden war, und er sann darüber nach, wie er sie Färber heimzahlen konnte. Die Professur war ihm sicher, daran konnte Runkel nichts mehr ändern. Aber ihm würde schon etwas einfallen, ganz gewiß …
    Der Zweite Oberarzt kam in den Nebenraum gerannt. Man hatte ihn vom Skat weggeholt. Er wusch sich rasch und ließ sich von Färber erklären, um was es überhaupt ging.
    »Ovariektomie«, sagte Färber kurz. »Passen Sie auf, wenn Sie nähen … die Gewebe sind bereits sehr morsch. Die Fäden werden ausreißen …«
    »Aber …« Der Zweite Oberarzt sah erbleichend auf Färber. »Wenn Sie das wissen, wenn der Chef das weiß … Warum …«
    »Fragen Sie Runkel doch selbst!«
    Professor Runkel sah durch die Glasscheibe die Unterhaltung der beiden Ärzte. Er stieß mit den Ellenbogen die umstehenden Assistenten zur Seite, rannte zur Tür und riß sie auf.
    »Wird's bald!« brüllte er mit seiner hellen Stimme.
    »Sofort!« Der Zweite Oberarzt rannte in den OP. Färber hielt die Tür auf.
    »Sie haben die Klinke angefaßt, Herr Professor«, sagte er ganz ruhig. »Sie sind nicht mehr steril …«
    Runkel stutzte. Dann schob er den Kopf vor wie ein angreifender Stier, ging zum Tisch, hob seine Hände in den Gummihandschuhen hoch und hielt sie den anderen Ärzten vor die Nase.
    »Seht euch die Hände an!« rief er. »Sind die noch steril? Erlaubt ihr mir, zu operieren?« Seine Stimme klang furchterregend. Färber trat auf die andere Seite des Tisches. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich vergaß … die Hände des Chefs sind immer steril.«
    »Atmung?« fauchte Runkel. Der Anästhesist fuhr empor wie aus einem Traum.
    »Normal. Puls 80, gut gefüllt.«
    »Skalpell!« forderte Runkel und streckte die Hand aus. Zitternd reichte ihm die OP-Schwester das Messer …
    In seinem Oberarztzimmer wartete Färber den ganzen Tag. Runkel hatte brillant operiert. Alle hatten ihn bewundert. Aber ebenso einig waren sich alle darüber gewesen, daß die Operation besser unterblieben wäre …
    Färber rief zu Hause an, bestellte sein Essen ab und wartete weiter. Er wartete auf etwas, was kommen mußte, und so grausam es war … er saß wie eine Katze vor einem Mauseloch und rührte und regte sich nicht. Er wartete auf den Tod. Er wartete auf sein Recht. Ein Recht, das das Leben eines anderen Menschen kostete.
    Gegen Mitternacht rief Herta an. »Hubert?« fragte sie. »Warum quälst du dich so. Komm nach Hause …«
    »Nein. Ich warte.«
    »Laß Runkel den Triumph. Nächstes Jahr hast du dein eigenes Krankenhaus …«
    »Nein … ich bleibe! Versteh bitte, Herta, ich muß erst – so oder so – Gewißheit haben …«
    Herta verstand ihn. Sie hatte in diesen beiden Jahren eine große innere Wandlung durchgemacht.
    Gegen drei Uhr morgens läutete die Alarmglocke der Privatstation. Zimmer zwei.
    Färber rannte hinüber. Der wachhabende Arzt begegnete ihm. Die Tür zu Zimmer zwei stand weit offen … im Bett lag wachsbleich die frischoperierte Patientin. Ihr Atem ging röchelnd und stoßweise, die Hände zitterten über die Bettdecke. Die Stationsschwester zog gerade eine Spritze auf.
    »Was machen Sie denn da?« rief Färber noch im Laufen.
    »Das Herz … Coramin …«, stotterte die Schwester. Sie hielt die Spritze injektionsfertig in der Hand.
    Färber trat an das Bett. Er zögerte, dann griff er nach der Bettdecke.
    »Haben Sie da schon mal

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