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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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entließ die Kranken nach Hause. Nur die Sterbenden blieben in der Klinik.
    Oft kamen die Verwandten und wollten ihren Kranken abholen. Karin zitterte, wenn sie sich bei ihr meldeten. Die Presseveröffentlichungen über Betrug in der Klinik, über die Wertlosigkeit der Hansen-Therapie, Berichte von Reportern, die nur der Sensation, nicht der Objektivität dienten, hatten Erbitterung gesät. Immer wieder hörte Karin den Satz: »Sie glauben doch wohl nicht, daß wir den Rest bezahlen? Für diese Behandlung, über die alle schreiben, sie sei sinnlos? Betrogen hat uns Ihr Mann! Schweres Geld mit Versprechungen herausgelockt! Das werden wir sagen, wenn wir uns vor Gericht wieder sprechen …«
    Karin ließ die Beschimpfungen über sich regnen … was sollte sie antworten? Sie stellte die Rechnungen aus, weil es die Korrektheit verlangte.
    »Ich glaube nicht, daß Sie noch die Frechheit haben werden, Ihre Rechnungen einzuklagen!« sagte jemand. »So ein Schwindel mit der Gutgläubigkeit von Kranken …«
    Nach vier Wochen verließen die ersten Schwestern das Haus. Die Ärzte suchten neue Stellen … Karin war nicht mehr in der Lage, das achtzig Kopf starke Personal zu entlohnen, die Gehälter zu zahlen, die Forderungen der Lieferanten zu begleichen.
    Das vor drei Jahren bereits praktizierte Spiel begann wieder: Die Banken gaben keinen Kredit mehr, nachdem Dr. Hansen verhaftet war. Die Sparkasse verlangte die sofortige Bereinigung eines überzogenen Kontos. Sachwerte wurden als Sicherheiten nicht angenommen … wußte man denn, ob nicht alles verkauft werden mußte, wenn die Ersatzansprüche der Hunderten Geschädigten – wie die Presse schrieb – vom Gericht anerkannt würden?
    Immer und immer wieder versuchten die Anwälte, mit ihrer Haftbeschwerde durchzukommen. Sie scheiterten.
    Als letzte verließen Dr. Summring und Dr. Adenberg das Haus. Sie verabschiedeten sich von Karin, die Worte blieben ihnen im Hals stecken.
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück!« sagte sie tapfer. »Und im Namen meines Mannes danke ich Ihnen, daß Sie bis zuletzt ausgehalten haben …«
    »Wir kommen wieder, wenn sich der Irrtum aufgeklärt hat«, sagte Dr. Summring. »Wir alle kommen wieder …«
    Karin nickte. Sie wußte wie Dr. Summring, daß es Worte waren, die mit dem Wind verwehten. Es gab kein Zurück mehr. Dr. Hansen war am Widerstand seiner Zeit gescheitert. Es war ein Schicksal, das weder Worte noch kommende Taten ändern oder gar abwenden konnten.
    In der achten Woche lag die ›See-Klinik‹ verlassen unter der strahlenden Sonne. Die Segelboote wiegten sich einsam am Ufer vor dem Bootssteg, auf den Terrassen standen die Liegestühle verlassen unter den Sonnenschirmen. Hinter den blinkenden Fenstern und kleinen Balkonen lag die Leere. Abgezogene Betten, nackte Matratzen, zusammengefaltete Decken. Die Stühle im großen Speisesaal waren übereinander gestellt und verstaubten. Totenstille in den Gängen und Fluren. Nur im Hausmeistertrakt waren Stimmen … die Wottke-Kinder.
    »Ein bißchen groß als Einfamilienhaus«, sagte Wottke zu Karin, während er die Terrassen fegte. »Was sagt denn der Chef?«
    »Er hofft auf seinen Prozeß. Er denkt an nichts anderes mehr.« Karin setzte sich in einen der Liegestühle. »Ich war gestern bei ihm. ›Vor Gericht wird man mich reden lassen müssen‹, sagte er. ›Da kann keiner sagen: Ich entziehe Ihnen das Wort.‹ Das ist seine ganze Hoffnung: Reden können vor der Weltöffentlichkeit …«
    »Und was wird unterdessen aus uns?« Wottke stützte sich auf seinen Besen. »Dreitausend Mark habe ick gespart … Das reicht für 'ne Zeit. Aber dann?«
    Karin sah über den blauleuchtenden See. »Wir werden durchhalten, Wottke. Wie … das wird sich zeigen. Ich habe noch mein mütterliches Vermögen … und wir haben doch auch gute Freunde.«
    »Freunde?« Wottke begann weiter zu fegen. »Det wär das erstemal, det es Freunde gibt, wenn man sie braucht …«
    Die Gutachter waren sich einig.
    Marianne Pechl hätte gerettet werden können, wenn man sie rechtzeitig richtig behandelt hätte. Der Malermeister, der als Centurio auf der Bühne starb, lebte noch heute, wenn man ihn nicht hätte spielen lassen! Außerdem hatte man bei ihm bewußt die Röntgenbilder vertauscht! Die angegebenen Heilungen waren Scheinheilungen, denn nach nochmaligen genauen Diagnosen hatte es sich bei allen Fällen nie um ein Karzinom gehandelt. Die einweisenden Ärzte hatten sich geirrt. Sogar die histologischen

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