Die Behandlung: Roman (German Edition)
dir nichts davon erzählt?«
»Hm …«
»Was ist damals passiert, Tracey? Los, sag schon: Was ist damals passiert?«
»Ich … also …« Plötzlich fing ihr Blick an zu flackern, und er spürte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.
»Los, sag schon: Wo hat Penderecki ihn hingebracht?«
»Wieso wollen Sie das wissen?«
»Ist egal.« Caffery trommelte sich genervt mit den Fingern gegen die Schläfe, als ob er sich zu Tode langweilte. »Entscheidend ist, was mit dir passiert, wenn du nicht mit der Wahrheit herausrückst.«
Sie betrachtete aufmerksam sein Gesicht, als ob sie über etwas nachdachte, und dann veränderte sich allmählich ihr Ausdruck. »Ach so«, sagte sie schließlich mit einem verdächtigen Glimmen in den Augen. »Und ich hab gedacht, du interessierst dich für einen Beißer. Hast du das nicht gesagt – dass du einen Kerl suchst, der kleine Jungs beißt?«
»Richtig. Aber im Augenblick möchte ich vor allem wissen, was aus dem kleinen Jungen geworden ist, den Penderecki damals entführt hat.«
»Wieso bist du eigentlich ganz allein hergekommen?«
»Weil ich der Einzige bin, der was von der Geschichte weiß.«
»Willst du mich vielleicht verhaften?«
»Wenn du Wert darauf legst – jederzeit.«
»Nein, du lügst.« Ihre Augen funkelten wie falsche Edelsteine. Ja, sie hatte ihn durchschaut. »Na, Freundchen, du bist inoffiziell unterwegs – was?« Sie lächelte und entblößte dabei ihre gelben Kaninchenzähne. »Du arbeitest für jemanden. Geht um Kohle – richtig? Du steckst mit jemandem unter einer Decke.«
»Ich will von dir nur die Wahrheit wissen.«
»Die Wahrheit? Die ganze Wahrheit?«
»Ja.«
Sie schwieg. Die beiden starrten einander lange an. Dann zog Tracey die Augenbrauen hoch und grinste.
»Was ist los ?«
»Kann ich dir nicht sagen. Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist.«
»O Gott.« Er schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht in den Händen. »Hör endlich mit dem Schwachsinn auf«, sagte er müde. »Ist mein völliger Ernst, Tracey, hör endlich mit dem Unsinn auf. Ich will wissen, was aus ihm geworden ist.«
»Keine Ahnung – echt nicht. Ich weiß nur, dass Ivan mit meinem Bruder nicht darüber sprechen wollte, das ist alles. Ich schwör, ich hab keinen blassen Schimmer.«
20. KAPITEL
Caffery ließ sich erschöpft in seinen Sitz zurücksinken. Er drehte sich noch eine Zigarette und saß dann schweigend rauchend da. Verdammte Scheiße . Er nahm ihr sogar ab, dass sie ihm über Rorys Mörder tatsächlich nichts sagen konnte, aber er war sich ganz sicher, dass sie über Ewan mehr wusste, als sie zugab. Sollte er sich also wieder mal für dumm verkaufen lassen – wie ein verzweifelter hungriger Hund blindlings herumschnüffeln? Was bleibt dir denn übrig? Er sah Rebecca vor sich. Sie sah ihn amüsiert an, zog an ihrem Zigarillo und musterte ihn kühl. Penderecki ist zwar nicht mehr da, trotzdem schafft es dein Bruder Ewan immer noch, dass du dich zum Vollidioten machst.
Nein, dachte er, verdammt noch mal, nein. Er schnipste die Zigarette aus dem Fenster, ließ den Motor an und fuhr ein paar Meter vor. »Ich komme wieder.« Er griff an Tracey vorbei nach dem Türöffner auf der linken Seite und stieß die Tür auf. »Wenn du in Ruhe noch mal über alles nachgedacht hast.«
Sie beäugte skeptisch die Brennnesseln, die aus den Ritzen in dem heißen Asphalt wuchsen. »Ich steig doch nicht in Unterwäsche aus dem Auto. Können Sie mich nicht nach Hause fahren?«
»Nein.« Er öffnete ihren Sicherheitsgurt und versetzte ihr einen Stoß. »Los – raus.«
Sie hielt sich am Türrahmen fest. »Verdammter Scheißer. Was bildest du dir eigentlich ein …?«
»Los, verpiss dich.«
»Du Schwein!« Tracey Lamb stieg schimpfend aus dem Wagen. »Dreckskerl.«
»Schon gut.« Er zog die Tür hinter ihr zu. »Also dann bis später.« Sie hatte nur ihre Unterwäsche und einen durchsichtigen Morgenmantel an und stand jetzt rund drei Kilometer von zu Hause entfernt barfuß auf dem Asphalt, doch das interessierte ihn nicht. Blöde Kuh . Er gab Gas und rauschte davon, seine Hände am Lenkrad zitterten. Er fuhr auf der A12 nach London zurück und dann direkt ins Zentrum, wo er nach Süden Richtung Shrivemoor abbog. Bevor er nach Hause fuhr, um zu schlafen, wollte er Souness noch von Pendereckis Versteck erzählen. Schlafen – das Wort erschien ihm wie ein großer Schluck Wasser aus einer kühlen Quelle.
Da er tanken musste, stoppte er an der Tankstelle gleich
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