Die Behandlung: Roman (German Edition)
ist, die Sie für nötig halten. Auch würde sie sich natürlich so häufig bei der Polizei melden, wie Sie es verfügen. Ferner ist sie bereit, ihre Heimatgemeinde nicht zu verlassen.«
»Also, passen Sie mal auf.« Der Haftrichter schüttelte bedauernd den Kopf. »Es ist nicht meine Sache, Ihnen die Regeln des Strafrechts zu erläutern, aber wir haben es hier mit einem schwerwiegenden Tatvorwurf zu tun.« Er zeigte mit seinem Schreiber in Lambs Richtung. »Außerdem ist Ihre Mandantin mehrfach vorbestraft.«
»Ja, aber wegen völlig anderer Delikte.«
»Aber Sie weiß , welches Strafmaß sie erwartet.« Er hielt inne, bis Alvarez sich wieder gesetzt hatte. »Sie kennt das Strafmaß, das ihr im Fall einer Verurteilung droht – also …« Der Haftrichter machte sich eine Notiz in seinem Register, neigte sich zu dem Gerichtsdiener hinüber, flüsterte ihm etwas zu und sah dann wieder die anderen Anwesenden an. »Also – nein . Der Antrag ist abgelehnt.« Er drehte sich auf seinem Stuhl, bis er Tracey Lamb direkt ins Gesicht schaute. »Egal, was Sie mir anbieten, meine Entscheidung ist unwiderruflich. Also, Miss Lamb, wenn Sie sich jetzt bitte erheben.«
Sie stand mit zusammengekniffenen Augen auf, kaute mechanisch auf ihrem Kaugummi und sah ihn wütend an.
»Ich habe ja bereits gesagt, dass ich den Fall wegen der Schwere des Tatvorwurfs hier nicht verhandeln kann. Außerdem müssten zunächst noch etwaige Zeugen angehört werden. Deshalb halte ich es für angeraten, den Fall vor einem Gericht zu verhandeln, das über die Möglichkeit verfügt, sich das Beweismaterial gegebenenfalls auf Video anzuschauen – wenn Sie verstehen, was ich meine.« Er ließ sie erst gar nicht zu Wort kommen. »In der Zwischenzeit werden Sie in Untersuchungshaft genommen, weil nach meiner Auffassung ein erhebliches Risiko besteht, dass Sie sich der Hauptverhandlung entziehen könnten. Sie können heute in einer Woche – also am dritten – wieder vor diesem Gericht erscheinen, und dann werden wir uns abermals mit Ihrem Fall befassen. Vielen Dank.« Er sah den Gerichtsdiener an und zog die Augenbrauen hoch. »Können wir jetzt weitermachen?«
Wieder ein Morgen. Sie hatte kaum mehr Kraft in den Armen, und jetzt war noch etwas Neues hinzugekommen: Die Luft war von einem bestialischen Gestank erfüllt. In der Nacht hatte Smurf etwas erbrochen, das wie Kaffeesatz aussah. Als Benedicte die stumpfen Augen der Hündin sah und den verkrusteten Schleim an ihrer Schnauze, wusste sie Bescheid. Sie schlang einen Arm um den Hals der alten Hündin und presste den Mund gegen ihr Ohr. »Smurf – es tut mir so Leid.«
Benedicte hatte Smurf vor zwölf Jahren als Welpen aus einem Tierheim in Battersea geholt und sie an einer roten Leine nach Hause gebracht. Der kleine Hund war an der Bushaltestelle aufgeregt zwischen ihren Beinen herumgehüpft und hatte wie wild mit dem Hinterteil gewackelt. Jeder Waschtag war seither eine mittlere Katastrophe gewesen, da kaum ein Sockenpaar vor dem verspielten Hund sicher war. Außerdem liebte es Smurf, während der sommerlichen Cornwall-Aufenthalte der Familie mit Josh im Meer herumzupaddeln. Da sie nicht genau wussten, wann die Hündin geboren war, ernannten sie den Valentinstag zu ihrem offiziellen Geburtstag. Jetzt roch Smurfs Atem nach Ammoniak, sie röchelte nur noch und ließ die Luft pfeifend zwischen den ausgedörrten Lefzen entweichen.
»Ich liebe dich – gute, alte Smurf.« Benedicte lag neben dem Hund und presste das Gesicht gegen den seidigen Kopf, spürte, wie der Hund blinzelte, strich über die nach Rost riechenden grauen Haare. Ja, sie küsste den Hund sogar einmal, und zwar unterhalb des Ohres, wo das Fell besonders weich war. Smurf wandte nur leicht den Kopf und stöhnte. Sie hob kurz den Schwanz und legte eine abgemagerte Pfote auf Benedictes nackten Fuß.
Es hat alles keinen Sinn, am Ende siegt ohnehin nur das Böse – egal, was du tust, egal, wie sehr du dich auch anstrengst. Keine Mauer ist dick genug, um …
Als Benedicte eine halbe Minute später den Kopf hob, hatte Smurf aufgehört zu atmen.
Caffery wachte früh auf – früher als geplant – und sah sofort Alek Peachs Gesicht vor sich. Rebecca lag neben ihm und schlief. Er legte den Kopf auf den Arm und beobachtete, wie sie ein und aus atmete – ihr kleines Koboldgesicht war glatt und völlig entspannt. Er überlegte, ob er sie wecken und sie noch einmal mit derselben Leidenschaft lieben sollte wie am Vorabend. Doch dann
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