Die Behandlung: Roman (German Edition)
Tracey.«
»Was wollen Sie?«
»Ich möchte nur wegen der Kautionsverhandlung nächste Woche einiges mit Ihnen abklären. Diesmal will ich besser vorbereitet sein. Ich möchte denen nämlich einen Deal anbieten.« Sie blickte ihre Mandantin an und wartete gespannt auf deren Reaktion.
Tracey nahm ihr gegenüber Platz und sah sie finster an. »Mit keinem Wort haben Sie die Möglichkeit erwähnt, dass dieser Richter mich heute in U-Haft nimmt.«
»Ich weiß, ich weiß. Tut mir Leid, Tracey.«
»Ich wär zu dem Termin gar nicht erschienen, wenn ich gewusst hätte, dass es so ausgeht.«
»Tracey, dieser Haftrichter ist für seine Strenge bekannt. Ich hab hinterher mit dem Anklagevertreter gesprochen, und der Mann war genauso überrascht wie ich selbst.« Sie lächelte und entblößte dabei ihre gelben Zähne. »Aber nächste Woche stellen wir einen neuen Antrag, und dann geht alles wie von selbst.«
»Echt?« Lamb hob ein wenig den Kopf und inspizierte Alvarez skeptisch. In einer Woche konnte Steven schon tot sein. Falls es ihm nicht gelang, sich irgendwie zu befreien, würde er die ganze Zeit gefesselt in dem Wohnwagen verbringen. Sieben Tage – wie lange dauert so was eigentlich? Und was soll ich hinterher mit der Leiche anstellen? Das Einzige, was er zu trinken und zu essen hatte, waren die paar Dosen Cola und die Schokoriegel, die sie ihm heute früh gebracht hatte – und dann noch ein bisschen Wasser in der Flasche unter dem Waschbecken. »Und woher wissen Sie so genau, dass Sie mich beim nächsten Mal rausholen?«
»Weil ich mir inzwischen ein paar Informationen besorgt habe.« Sie zwinkerte Tracey zu. »Der Richter, der heute früh den Vorsitz geführt hat, ist nächste Woche in Urlaub – wir haben es also mit jemand anderem zu tun. Wird ganz sicher keinen Ärger geben, das verspreche ich Ihnen.«
Lamb nickte nachdenklich. Da sie stets argewöhnisch und auf der Lauer war, hatte sie für bestimmte Dinge ein feines Gespür. Deshalb ahnte sie, dass Kelly Alvarez den Anforderungen ihres Berufes nicht gewachsen war. Sie wusste instinktiv, dass sie es bei Alvarez mit einer Idealistin zu tun hatte, die ihren Mandanten unbedingt gefallen wollte, und diese Schwäche wusste sie auszunutzen. »Haben Sie inzwischen herausgefunden, wie die Bullen mich gefunden haben?«
»Sie haben ein Video von Ihnen.«
»Nur eines?«
»Nur dieses eine.« Sie hielt ihr eine Kopie entgegen. »Möchten Sie es sehen?«
»Nein.« Lamb rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. »Und was mache ich auf dem Video?«
»Sie …« Alvarez hielt sich die Hand vor den Mund und hüstelte. »Sie vergehen sich an einem kleinen Jungen.«
»Haben Sie es gesehen?«
»Ja.«
»Und? Wo ist die Aufnahme entstanden? Was habe ich an?«
»Sie befinden sich auf einem Bett.«
»Mit einer getigerten Decke?«
»Genau. Die Polizei hat das Band schon seit Jahren.« Alvarez neigte den Kopf zur Seite. »Das musste ja irgendwann passieren, Tracey. Das Gute ist, dass die Geschichte schon so lange zurückliegt … Wir können die Geschworenen bestimmt davon überzeugen, dass Sie mit solchen Sachen heute nichts mehr zu tun haben.«
»Keine Internet-Bilder?«
»Hm …« Alvarez wurde die Unterhaltung allmählich unangenehm. »Nein«, sagte sie vorsichtig. »Das Video ist das einzige Beweisstück, das bisher gegen Sie vorliegt.«
»Na gut.« Unter den Sachen, die Penderecki in Verwahrung genommen hat, sind mindestens noch vier weitere Videos von mir – und dann noch ein ganzer Stapel mit Carls Internet-Schrott. Diese Beweise hätte Caffery ganz sicher abgeliefert, falls er tatsächlich was mit den Ermittlungen zu tun hatte. Lamb rieb sich das Gesicht und sah sich misstrauisch in dem Raum um. »Okay.« Dann beugte sie sich über den Tisch und sagte flüsternd: »Ich hab Sie doch nach diesem Inspector Caffery gefragt.«
»Ja.« Alvarez war offenbar glücklich, dass sie endlich das Thema wechseln konnte. »Ich hab mich mal umgehört und bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, aber die haben noch nie was von ihm gehört.«
» Sicher nicht?«
»Nein, sicher nicht. Ich hab ein paar Erkundigungen eingezogen. Der Mann ist in einer völlig anderen Abteilung und hat absolut nichts mit dem Pädophilie-Dezernat zu tun und mit den Ermittlungen, die gegen Sie laufen, auch nicht. Wieso? Woran denken Sie denn?«
»Ach, an gar nichts.« Aber sie dachte sogar sehr angestrengt nach. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, und sie wollte mit jeder Faser ihres Körpers
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