Die Behandlung: Roman (German Edition)
die Situation für Sie ist, Alek.«
»Ach, wirklich?« Peach sah Caffery mit kalten Augen an. »Meinen Sie tatsächlich, dass Sie das verstehen?«
»Ja, ich glaube, ich …«
»Sie glauben also tatsächlich, dass Sie das verstehen?« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Da schneit ihr beschissenen Bullen mal kurz hier herein und wollt mir weismachen, dass ihr versteht, was ich durchgemacht habe? Sie haben ja nicht mal einen blassen Schimmer , was wir erlebt haben …«
»Also, eigentlich wollte ich nur sagen …«
»Nein!« Peach wies mit dem Finger in Cafferys Richtung. »Nein, jetzt sage ich Ihnen mal, was Sache ist.« Sein Kopf fing an zu wackeln, und die Sehnen an seinem Hals traten hervor. »Und wenn Sie mir genau zuhören, dann könnte es sein, dass Sie vielleicht eines Tages irgendwas begreifen. Und ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Ihnen mal genau dasselbe passieren wird. Ja, ich hoffe aufrichtig, dass es Ihnen dann genauso dreckig geht wie mir jetzt und dass dann irgendein Schwachkopf daherkommt und Ihnen erzählt, wie beschissen gut er Sie versteht. Sie haben doch noch nie vor einer Entscheidung gestanden, wie ich sie zu treffen hatte – noch nie .« Er ließ den Kopf nach hinten auf das Kissen sinken und atmete schwer. »Sie haben ja nicht mal Kinder – das seh ich doch in Ihren Augen.«
Caffery starrte auf Rorys Buntstiftzeichnung. Er wusste: Eigentlich sollte er Mitleid mit Alek Peach haben. Er wusste: Im Grund genommen konnte einem der Mann nur unendlich Leid tun, aber da war plötzlich wieder diese irrsinnige Wut, die wie Feuer in ihm brannte. Ja, er hatte erwartet, dass dieser Peach seine – Cafferys – aufrichtig gemeinte Mitleidsbekundung annehmen würde. Jetzt versuchte er es erneut. »Mr. Peach, ich möchte doch nur …«
»Ach, hören Sie doch auf.«
»Ich möchte doch nur …«
»Auf Ihr Verständnis kann ich verzichten .«
Scheiße . Caffery sprang wütend auf, ging erregt neben dem Bett auf und ab, sah Souness flehend an. »Ich hab ja nur versucht, es Ihnen möglichst leicht zu machen«, murmelte er.
Souness wandte den Blick von Peach ab und berührte Caffery am Handgelenk. »Am besten, Sie überlassen das mir.«
»Klar – nichts lieber als das.« Caffery ließ sich in den Sessel in der Ecke fallen. Er hatte ohnehin genug von diesem Alek Peach. Er streckte die Beine aus, stützte den Kopf in die Hand und sah einfach nur zu.
»Na dann …« Souness rieb sich die Stirn und überlegte, wie sie am besten anfangen sollte. »Alek, nach dem Stand unserer Ermittlungen hat der Eindringling Sie dazu gezwungen, Rory etwas anzutun …« Sie hielt inne. Peach atmete schwer und starrte wütend auf seine Hände. »Da wir bisher noch nie mit einer derartigen Situation konfrontiert waren, sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Doch zuerst brauchen wir mal eine Aussage.«
Schweigen. Caffery saß in der Ecke und beobachtete die beiden. Sie wird ihn genauso wenig zum Sprechen bringen wie ich- diesen Scheißtyp .
»Tut uns sehr Leid, Mr. Peach.« Sie drückte ihm mitfühlend die Hand. »Aber wir müssen es in Ihren eigenen Worten hören.«
Plötzlich warf Peach den Kopf zurück. Tränen standen in seinen Augen und rollten ihm über die Wangen. Dann holte er tief Luft. »Na ja, was soll’s – ich bin ohnehin so gut wie tot«, murmelte er. »Ich hab mit dem Leben sowieso abgeschlossen, also kann ich Ihnen die Geschichte genauso gut erzählen. Wirklich wahr – ich bin tot. Aber wenigstens sehen können Sie mich noch.« Er wies mit seiner dick aufgeschwollenen, dunkel verfärbten Hand auf seine Brust. »Kann sein, dass Sie mich in meiner sterblichen Hülle hier vor sich sehen, doch in Wahrheit bin ich schon ganz weit weg – falls Sie verstehen, was ich meine. Ja, ich bin in Wahrheit gar nicht mehr hier.« Er presste sich die Handgelenke in die Augenhöhlen, um den Tränenfluss zu stoppen. »O Gott, o Gott …«
Als es vorbei war, blieben Caffery und Souness draußen vor dem Eingang der Station stehen und sahen beide auf die Uhr. Sie waren kreidebleich. Peach hatte sich lange geziert, doch dann hatte er die ganze widerliche Geschichte auf einmal ausgespuckt- hatte es aus sich herausgerissen und ihnen wie ein blutiges Stück Fleisch vor die Füße geworfen. Er hatte alles zugegeben – zugegeben, dass es noch irgendwo Fotos geben musste, dass er, entgegen seiner ursprünglichen Aussage, Rory sehr wohl gesehen und gehört hatte. Außerdem hatte der Eindringling ihm selbst und Rory während der
Weitere Kostenlose Bücher