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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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vergewaltigte. Außerdem berichtete Klare in dem Heft über sein zwanghaftes Verlangen, die verschiedensten Dinge mit seinem Urin »zu neutralisieren und zu reinigen«. Und sie erfuhren sogar, warum er Handschuhe getragen hatte: nicht etwa, weil er der Spurensicherung ein Schnippchen schlagen wollte, sondern ebenfalls wegen seines krankhaften Reinlichkeitswahns. Auf einer der letzten Seiten entdeckte Caffery dann etwas, was sein Blut in Wallung versetzte:
    Identifizierung neuer Zielgruppe/Familie abgeschlossen … … sämtliche durch weibliche Nutzung verunreinigten Ob jekte eruieren und neutralisieren (erledigt!)
     
    Er griff nach dem Buch.
     
    Neue Familie: oberserviertes Kind gut, Vater gut Probleme: 1. Frau, 2. Hund
    »Damit können nicht die Peachs gemeint sein. Die haben doch keinen Hund.«
    »Nein. Das ist die Familie, bei der er sich inzwischen eingenistet hat.« Caffery saß noch immer wie erstarrt auf seinem Stuhl. Irgendwo in seiner Erinnerung regte sich etwas. Ein Hund – war da nicht was gewesen? Und diese Fotos von dem Jungen an dem Heizkörper – und die blass orangefarbene Wand, ein nagelneuer weißer Heizkörper – und war da im Freien nicht noch ein dunkles Gebilde gewesen, das sich so merkwürdig auftürmte? Ein Hügel vor einem Fenster? Bäume? Er wusste schon kaum mehr, an wie viele Türen er in den ersten Tagen der Ermittlungen geklopft hatte. Außerdem hatten doch Logan beziehungsweise die zwei Spezialbeamten, die Caffery seit einigen Tagen unterstützten, die Adressen hinterher allesamt noch einmal abgeklappert. Trotzdem blieb da diese dumpfe Ahnung. Und als er schon glaubte, dass es ihm jeden Augenblick wie Schuppen von den Augen fallen müsste, klingelte draußen auf dem Gang die Aufzugsglocke, und er verlor plötzlich den Faden und starrte wieder gedankenverloren das Foto eines namenlosen Kindes in einem namenlosen Raum an und glotzte auf das voll gekritzelte Notizbuch, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Scheiße.«
    Fiona Quinn und zwei ihrer Mitarbeiter erschienen vorne im Gang und blickten verstört um sich. Offenbar hatten sie eine Art Begrüßungskomitee erwartet. »Sind wir etwa die Ersten?«
    »Ja.« Souness und Caffery standen auf. »Kommen Sie doch herein.«
    Caffery kochte noch mal Kaffee und bot Fiona einen Stuhl an. »Haben Sie Carmel Peach getestet?«, wollte Souness als Erstes wissen. »Haben Sie ihr Blut untersucht?«
    Quinn legte die Stirn in Falten. Konnten einen ganz schön nervös machen – diese beiden Polizisten, die ständig unter Volldampf standen. »Aber wonach denn?«
    »Medikamente? Beruhigungsmittel? Sonstige Drogen?«
    »Hat mir doch niemand gesagt. Als ich die Aussagen bekommen habe, hab ich sofort …«
    »Haben Sie denn von ihr noch eine Blutprobe?«
    »Ja – haben wir. Ich veranlasse sofort die entsprechenden Tests.«
    »Und haben Sie im Haus der Peaches Urinproben genommen? Hat der Kerl dort möglicherweise die Möbel angepisst?«
    »Sie wissen doch selbst, dass dort alles mit Urin getränkt war.«
    »Und, haben Sie Proben genommen?«
    »Sie wissen doch, dass wir uns nur auf die Aussagen stützen können, die wir von Ihnen bekommen. Kein Mensch hat uns darüber aufgeklärt, dass der Mann möglicherweise irgendwelche Sachen angepinkelt hat.«
    »Aber Sie haben doch gerade selbst gesagt, dass überall Urin war.«
    »Sicher. Aber wir waren der Meinung, dass das Zeug von den Peaches stammt.«
    Caffery und Souness saßen nachdenklich da.
    »Also – ich hab doch von alledem überhaupt nichts gewusst.«
    »Schon in Ordnung, ist nicht Ihr Fehler.«
     
    Die Krisensitzung dauerte bis 2 Uhr früh – sogar ein Vertreter der Staatsanwaltschaft war anwesend und außerdem der Distriktschef, der eigens von einem Abendessen in seinem Golfclub herbeigeeilt war. Während der gesamten Sitzung musste Caffery immer wieder die Fotos mit dem Kind anstarren, das vor dem weißen Heizkörper kauerte. Orangefarbene Wände. Woher kannte er nur diese Wände? Und als er dann die Fotos betrachtete, auf denen das verschwommene Gesicht des Mannes aus der Half Moon Lane zu sehen war, schrillte in seinem Kopf ebenfalls eine Alarmglocke. Die Form seines Kopfes und die Art und Weise, wie er gefesselt war – die Arme über der Brust gekreuzt -, das erinnerte ihn doch an irgendwas. Wäre er nicht so müde und so völlig übernächtigt gewesen, dann hätte ihm sein Gedächtnis wahrscheinlich bessere Dienste erwiesen. Aber es wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen. Nach der

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