Die Behandlung: Roman (German Edition)
noch.« Er öffnete die Tür und blickte in einen kleinen Wandschrank. Die Glühbirne war kaputt, und er brauchte einen Augenblick, um sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Doch dann schrak er plötzlich zurück und hielt sich am Rahmen der Tür fest.
»Was gibt’s denn?«
»Weiß nicht.« Er wischte sich über den Mund. »Ist so dunkel hier – geben Sie mir mal die Taschenlampe.«
Souness reichte ihm die Taschenlampe, und er ließ den Strahl in dem kleinen Verschlag umherwandern. Auf der Rückseite des Schrankes war ein hüfthoher Glastank installiert. Fast wie ein Aquarium. »Hinten in dem Schrank steht so ein merkwürdiger Behälter.«
»Ja, dann schauen Sie doch nach.«
»Ja.« Ja klar, natürlich . Der Tank war zu etwa zwei Dritteln mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt, und nahe der Oberfläche schwamm ein merkwürdiges Gebilde. Ja, da schwimmt irgendwas, aber das ist nicht so wichtig …
»Los, Jack, machen Sie schon. Wir haben es eilig.«
»Es stinkt – wollen Sie nicht lieber nachsehen?«
»Ach Jack, seien Sie kein Feigling.«
»Wenn Sie so mutig sind – dann schauen Sie doch nach.«
»Kommt nicht in Frage – das ist ein Männerjob.«
»Also gut.« Er holte tief Luft und trat in den Schrank. »Also, da liegen irgendwelche Sachen am Boden.« Er richtete den Lichtstrahl nach unten. »Kleider«, sagte er. »Ein Kleiderhaufen auf dem Fußboden.« Doch darum konnten sie sich später noch kümmern. »Und dann ist da so ein Tank …« Er trat näher, richtete die Taschenlampe auf den Behälter und erkannte, was in der gelben Flüssigkeit schwamm: Kleider, die in – er bückte sich ein wenig -, Kleider, die in … »Verdammt noch mal.« Völlig konsterniert trat er einen Schritt zurück.
»Was gibt’s denn?«, wollte Souness wissen. »Was ist denn los?«
»Pisse. Ein paar hundert Liter Pisse.«
»O weh …«
»Dieses perverse Schwein.« Caffery richtete den Strahl der Taschenlampe in den Tank. Männerkleider, ein Trainingsanzug mit Kapuze, drei Paar Turnschuhe. Dieser Roland Klare verwahrte doch tatsächlich seine Kleider und Schuhe in einem Glastank, der fast einen halben Meter hoch mit Urin gefüllt war. »So ein elendes perverses Schwein …«
Benedicte fieberte und war nahe dem Delirium. Ihre Haut juckte, und das Saugen an dem Heizungsrohr hatte in ihrem Mund offene Stellen hinterlassen. Sie hatte fast einen ganzen Tag gebraucht, um Smurfs Kadaver so weit wie irgend möglich von sich wegzuschieben. Dann hatte sie Hals Hemd über das tote Tier geworfen, was die Schmeißfliegen jedoch nicht davon abhielt, sich gierig auf das verwesende Fleisch zu stürzen. Jedes Mal wenn sie die Augen öffnete, hatte sie das Gefühl, dass sich die Zahl der Insekten in der Zwischenzeit verdoppelt hatte.
Manchmal war sie sich bewusst, dass sie wach war, mitunter zweifelte sie allerdings daran. Sie verdrehte die Augen, sah zuckende Lichtblitze, und bruchstückhaft zog das Leben an ihr vorbei, das sie bisher geführt hatte: jenes glückliche unbeschwerte Leben. Plötzlich sah sie sich mit Josh und Hal und Smurf auf dem Rasen sitzen. Es war Sommer, und sie trugen kurze Hosen. Joshs Pocari-Sweat-Dose stand auf den Stufen vor der Küchentür, irgendwo spielte ein Radio, und als Josh aufstand, um in das Planschbecken zu springen, klebte hinten an seinen Beinen frisch gemähtes Gras. Dann hörte sie plötzlich, wie Josh im Erdgeschoss schrie. Josh ? War das wirklich Josh? Und das andere Geräusch? Was konnte das nur sein? Ein grunzendes Tier? Oder ein Mann?
Ben – jetzt reiß dich zusammen, wach endlich auf!
Josh? Schwitzend und mit rasendem Herzen öffnete sie die Augen. Ringsum alles dunkel. An der Decke silbernes Mondlicht. Drüben in der Ecke die Umrisse ihres toten Hundes. Ja, sie war wach. Richtig wach. Aber hatte Josh nun wirklich geschrien? Sie drehte sich auf die Seite und presste das Ohr gegen die Bodendielen und lauschte, ob sie unten etwas hören konnte. Stille.
Offenbar eine Einbildung.
Sie riss die Augen weit auf, versuchte, das Bild wieder heraufzubeschwören: Josh und Hal auf dem Rasen. Doch ihr Gehirn kam ihr plötzlich dick angeschwollen vor, drückte auf ihre Augen, und das Bild wollte sich einfach nicht wieder einstellen. Nein, sie konnte die Gesichter der beiden nicht mehr sehen. Nach nur fünf Tagen hatte sie nur noch eine verschwommene Vorstellung davon, wie ihr kleiner Sohn und ihr Mann wirklich aussahen – Josh, ein hilfloses kleines Wesen mit ausgestreckten Armen, und Hal
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