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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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entdecken: in der Achselhöhle, im Gesicht und im Bereich des Skrotums. Nur an den Schultern – ein Verfahren, das Sexualverbrecher häufig anwenden, um ihr Opfer gefügig zu machen. Doch als Krishnamurthi den Anus untersuchte, entdeckte er etwas anderes. »Ja.« Er räusperte sich und richtete sich dann auf. »Ja, da ist eine Auffälligkeit.«
    Niemand sagte etwas. Souness und Caffery sahen sich an.
    »Und – wissen Sie, was es sein könnte?«
    »Das lässt sich bei diesen Lichtverhältnissen nicht genau sagen – dazu brauchen wir zuerst die Laborergebnisse -, aber eine qualifizierte Mutmaßung könnte man schon anstellen.«
    Souness nickte. »Verstehe.« Sie sah Caffery an. Er nickte ihr knapp zu und und sah dann Krishnamurthi wieder bei der Arbeit zu. Solange die Fremdsubstanz noch nicht analysiert war, war ein eindeutiges Urteil unmöglich. Konnte sich schließlich theoretisch um alles Mögliche handeln.
    Der Fotograf legte einen Film in eine eins-zu-eins-Fingerabdruck-Kamera ein und kramte ein hellblaues rechtwinkliges Lineal aus seiner Instrumententasche hervor. Dann trat Krishnamurthi beiseite, und der Mann legte das Lineal neben die Wunde und fokussierte die Kamera. Souness und Caffery sahen schweigend zu, wie der Fotograf jeden einzelnen Biss an Rory Peachs Schulter dokumentierte. Als er gerade fertig war, kam auch schon der Odontologe des King’s Hospital herein.
    Mr. Ndizeye, promovierter Kieferchirurg und Adventist, hatte eine dicke Kassenbrille auf der Nase und trug unter seinem weißen Kittel ein Hawaiihemd. Seine Mundwinkel wiesen – wie bei einem Clown – steil nach oben, sodass eine Art Dauerlächeln auf seinem Gesicht lag. Von seiner glänzenden Stirn strömte der Schweiß, als er jetzt die Wunden inspizierte, sich Notizen machte und eine geschmeidige Masse auf die Wunden auftrug, um die nötigen Abdrücke zu nehmen. Die Assistenten tauschten hinter seinem Rücken Blicke aus.
    »Und – wie sieht es aus?«, fragte Souness. »Haben Sie was Verwertbares gefunden?«
    »Ja, ja.« Ndizeye wartete ungeduldig darauf, dass sein Assistent eine Spritzpistole mit Polysilikon nachfüllte. »Bei manchen dieser Bisse hat der Täter sich viel Zeit gelassen.« Er inspizierte den Wachsabdruck, den er von Rorys Schulter gemacht hatte, und ließ vorsichtig den Finger darüber gleiten. »Radiale Abschürfungen. Das heißt, der Beißer hat gleichzeitig gesogen. Typisch für sadistische Bisse.« Er zog ein Tempo aus der Gesäßtasche und wischte sich die Stirn ab. »Also auf Anhieb zu erkennen sind die Zähne Nummer eins, zwei, drei oben links und oben rechts die Nummer eins und vielleicht noch der zweier.« Er hob den Kopf, und die Augen hinter seiner Brille erschienen plötzlich wie große Fische. »Ja, ich bin sehr zufrieden«, sagte er mit seinem Clownslächeln. »Ich glaube, das ergibt einen perfekten Abdruck.«
     
    Nach der eigentlichen Obduktion wurden unter speziellen Lichtverhältnissen noch weitere Fotos gemacht. Die gerichtsmedizinische Abteilung baute ihre mobilen Stellwände auf, und Souness und Caffery gingen ihrer Wege. Souness hatte eine weitere Pressekonferenz zu überstehen, während Caffery in die Zentrale fuhr, um den beeindruckenden Papierstapel, der sich mittlerweile auf Kryotos’ Schreibtisch angesammelt hatte, noch um einige weitere Unterlagen mit den neuesten Ergebnissen zu ergänzen. Als er schließlich spätabends Schluss machte, wurde ihm plötzlich bewusst, dass er seit fast zehn Stunden nichts gegessen hatte und dass er am ganzen Körper zitterte. Also besorgte er sich unterwegs im Crystal Palace einen kleinen Snack, und das Zittern hörte tatsächlich auf. Zu Hause blieb er wie üblich kurz in der Eingangstür stehen, um sich vor der Begegnung mit Rebecca noch ein wenig zu sammeln.
    Allerdings hätte er sich diese Mühe sparen können, da Rebecca ohnehin nicht in Stimmung war, mit ihm über die Ereignisse des Tages zu sprechen.
    Sie lag in einer karamellfarbenen Wildlederhose und einem kurzen weißen Pullover auf dem Sofa, hatte einen pinkfarben lackierten Finger in den Mund geschoben und starrte gedankenverloren auf den Fernseher. Vor ihr auf dem Tisch lag ein Stapel Time-Out -Magazine. Sie blickte nicht einmal auf, als er hereinkam – also musste er das Gespräch eröffnen: »Wie geht es dir?«
    Sie sah ihn abwesend an – wie jemand, der ein offenes Fenster betrachtet und es nicht der Mühe für wert befindet, eigens aufzustehen, um es zu schließen.
    »Ich hab

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