Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
mit dem Kerl, der damals Champ missbraucht hat. Natürlich hatte ich dafür keine konkreten Anhaltspunkte – war nur so’n Gefühl.«

12. KAPITEL
     
    Als Caffery um Mitternacht nach Hause kam, zog Rebecca die gleiche Nummer ab wie am Vortag. Diesmal hielten sie sich in der Küche auf. Sie saß wortkarg auf dem Tisch und trank Wodka aus einem Champagnerglas, während er sich einen Drink eingoss. Aber als er sich dann ein wenig nach vorne beugte und die Vorhänge hinter ihr zuzog, als sein Jackett sich dabei öffnete und er sie küsste, spreizte sie die Beine, und alles begann wieder von vorne: Sie ließ sich zweimal von ihm befriedigen, und als er sich dann aufrichtete und den Reißverschluss herunterzog, saß sie plötzlich kerzengerade da und drehte den Kopf zur Seite. »Tut mir Leid«, sagte sie, rutschte von der Arbeitsfläche, strich sich über das Kleid und ging aus dem Raum.
    Caffery ließ sich mit ausgetreckten Armen auf den Tisch fallen. Er amtete heftig und starrte geistesabwesend auf den feuchten Flecken, den sie auf der Tischplatte hinterlassen hatte. Bloß nicht die Nerven verlieren, sonst fühlt sie sich nur bestätigt. Er wartete, bis sein Puls sich wieder halbwegs normalisiert hatte, machte die Hose zu und ging zu ihr ins Wohnzimmer, wo sie schweigend auf den ohne Ton laufenden Fernseher starrte.
    »Rebecca.«
    »Hm?« Sie sah ihn an. »Was gibt’s?«
    »Ich weiß, warum du dich so merkwürdig verhältst, Rebecca. Ja, ich weiß es genau.«
    »Echt?«
    »Du musst endlich mal darüber sprechen. Du musst darüber sprechen, was damals passiert ist.«
    »Mach ich doch ständig .«
    »Ich meine, nicht mit der Presse, ich meine mit mir .« Er zurrte ungeduldig seinen Gürtel zu. »Oder wir vergessen das Ganze, Becky, machen einfach Schluss. Wenn du es lieber mit der gesamten Londoner Kunstszene treiben möchtest als mit mir , dann sollten wir auf diese Farce besser verzichten.«
    Für eine Sekunde schien es so, als ob sie etwas sagen wollte, doch dann überlegte sie es sich anders und ließ mit einem übertriebenen Seufzer die Hände auf das Sofa sinken. » O Gott! Was ist denn mit dir los?«
    »Tja, gute Frage – was mit mir los ist. Ich stehe hier mit einem Riesenständer in der Hose vor dir – schau mich gefälligst an -, und du« – er zeigte auf den Fernseher -, »du hockst dich einfach vor die Scheiß -Glotze.«
    »Hör auf, mich zu belehren, Jack, warum sprechen wir denn zur Abwechslung nicht mal über die dunklen Punkte in deinem Leben?«
    »Wenn dir dazu sonst nichts einfällt.« Er hob abwehrend die Hände. »Immer musst du alles kaputtmachen.« Er wandte sich zum Gehen. »Wenn du mir was zu sagen hast, weißt du ja, wo du mich findest?«
    »Und wo?«
    »Im Bad – ich hol mir nämlich jetzt einen runter.«
     
    Er onanierte in der Dusche, zog dann seine Jogging-Klamotten an, verließ wortlos das Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
    Der Nachthimmel hatte die Farbe des Meeres – jenes tiefe Blau, wie man es bisweilen in einem Korallenatoll zu sehen bekommt. Es war warm, und von irgendwo drang laute Musik aus einem Fenster und verebbte unter dem sternklaren Himmel. Der Schweiß rann ihm in die Augen – während er sich darauf konzentrierte, gleichmäßig auf dem Asphalt dahinzutraben und nicht an Rebecca zu denken. Doch seine Gedanken kreisten unentwegt um genau dieses Thema und um die Klemme, in der sie steckten. Keiner von ihnen beiden war bereit, als Erster einzulenken, so viel war ohnhin klar, sie würden sich nur immer mehr in ihren jeweiligen Standpunkt verbeißen. Scheiße, Rebecca . Er liebte sie, daran hegte er nicht den geringsten Zweifel, brachte ihr eine große Zärtlichkeit entgegen, ein Gefühl, dessen er sich nicht so ohne weiteres wieder entledigen konnte. Trotzdem waren aus seiner augenblicklichen Perspektive lediglich die rigiden Frontlinien zu erkennen, hinter denen sie beide sich verschanzt hatten.
     
    »Jack«, sagte Rebecca plötzlich, richtete sich auf dem Sofa auf und blickte zur Tür. Er war ihr so gegenwärtig, als ob er gerade hereingekommen wäre. »Jack, der Grund ist …« Sie presste sich die Fäuste in die Magengrube. »Also, der Grund ist, dass ich tief verletzt bin. So beschissen verletzt.« Sie hielt inne, starrte mit offenem Mund zur Tür hinüber und lauschte auf den Nachhall ihrer eigenen Worte. Dann verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse und musste laut über ihre lächerliche Inszenierung lachen. »O Gott, ich bin ja so tief verletzt !

Weitere Kostenlose Bücher