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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wie verrückt. »Jack!« Sie schluchzte auf und versuchte, auf die andere Seite des Bettes zu kriechen, doch er hielt sie unerbittlich fest. Er wusste, dass sie mit dem Kopf immer wieder hart gegen die Matratze prallte, und er sah das Blut, das seitlich aus ihrem Mund lief, doch er konnte einfach nicht mehr aufhören. Sie fing an zu weinen, Tränen liefen über ihre Wangen, doch er machte weiter. Erst als er gekommen war, hörte er schließlich auf. Er ließ ihre Haare los, zog seinen Schwanz aus ihr heraus und tappte dann ins Bad. Dort stand er mit gesenktem Kopf in der Dusche, stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, während das warme Wasser an seinem Körper herabströmte, und fing an zu weinen.
     
    Carmel Peach hatte das Blitzlicht, das sie durch den Schlitz unter der Tür gesehen hatte, ganz richtig gedeutet. Die in ihrem Haus entstandenen Fotos waren auf einer Filmrolle fixiert, die wiederum in einer vorne mit Klammern zusammengehefteten Bomberjacke steckte, und diese Jacke lag in Roland Klares Schlafzimmer auf dem Fußboden.
    Klare hatte das Fotobuch sorgfältig studiert, sich zahlreiche Notizen gemacht und die Dinge aufgelistet, die er brauchte. Inzwischen war es spätabends, und er lief mit der Liste in der Hand durch seine Wohnung, um zwischen all den anderen Sachen die Dinge zusammenzusuchen, die er für die Konstruktion einer Dunkelkammer benötigte. Die größte Entdeckung hatte er allerdings bereits einige Stunden früher gemacht, als er hinter einem Stapel von Illustrierten einen unförmigen Vergrößerungsapparat gefunden hatte, den er bereits einige Monate zuvor dort verstaut hatte. Er hatte das Gerät in Balham im Hof eines Fotoladens in einem Mülleimer gefunden. Ziemlich mitgenommenes Teil, und die Belichtungsschaltuhr ging auch nicht mehr, doch in Klares Welt gab es schlechterdings nichts, absolut gar nichts , was er nicht gebrauchen konnte. Den Apparat hatte er inzwischen in seinem zu einer Dunkelkammer umgerüsteten Schlafzimmerschrank aufgestellt. Welch ein Glück!
    Doch als er jetzt zwischen den Zimmern hin und her ging und in diversen Kisten und Ecken herumkramte, stand er plötzlich vor einem Problem. Klare kannte in seiner Sammelwut keine Grenzen, ja, er konnte innerhalb weniger Wochen ein ganzes Zimmer mit mehr oder weniger wertlosem Ramsch anfüllen. Also musste er seine Wohnung zwischendurch entrümpeln, um Platz für die verbliebenen Dinge zu schaffen. Allerdings verlor er dabei bisweilen den Überblick und warf auch Dinge weg, die er eigentlich noch benötigte. Und so stellte er jetzt zu seiner Überraschung fest, dass er etliche Sachen entsorgt hatte, für die er noch Verwendung gehabt hätte. Das meiste, das er für seine Zwecke brauchte, hatte er zwar vorrätig, etwa eine Entwicklungsdose (die er in demselben Mülleimer gefunden hatte wie den Vergrößerer), eine alte Waschschüssel, die sich zum Wässern der Abzüge hernehmen ließ, und etliche alte Katzenklos, die als Entwicklerschalen dienen konnten. Ja, obwohl er dies alles vorrätig hatte, stellte er bei Durchsicht seiner Liste dennoch fest, dass ihm noch so manches fehlte, zum Beispiel Entwicklerlösung, eine Dunkelkammerleuchte und verschiedene chemische Flüssigkeiten. Als er jetzt die Liste nochmals überflog, fing sein rechtes Auge plötzlich an zucken. Für das Unterbrecherbad konnte er notfalls auch Essig hernehmen, hieß es in dem Buch, aber eine Dunkelkammerleuchte? Eine Dunkelkammerleuchte, Entwicklerlösung und ein Fixiermittel – diese Dinge konnte er nur kaufen. Sein Gesicht fing vor Erregung an zu zucken. Dann wanderte er, in Selbstgespräche vertieft, durch seine Wohnung und schaute überall nach, ob er auch ganz sicher nichts übersehen hatte, ob nicht in irgendeiner Ecke noch ein paar unentdeckte Flaschen herumstanden. Aber nein – wenn er den Film entwickeln wollte, musste er nach Balham fahren – daran führte kein Weg vorbei – und vielleicht sogar etwas Geld ausgeben.
    Vom Wohnzimmerfenster aus bot sich ein herrlicher Ausblick auf den im silbernen Mondlicht liegenden Brockwell Park, doch Roland Klare war viel zu verbittert, um sich daran zu erfreuen. Er zog die Jalousie herunter, ließ sich auf das Sofa fallen, schaltete den Fernseher ein und starrte Stunde um Stunde gedankenverloren auf den Bildschirm.

17. KAPITEL
     
    (23. Juli)
    Er fuhr aufs Revier. Wohin sonst hätte er auch gehen sollen? Er vermochte seine Gedanken gerade noch so weit zu sammeln, dass er einen Anzug für den nächsten Tag

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