Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
auf.
»Sanitäter sind dazu ausgebildet, lebensrettende Maßnahmen bei Schwerverletzten zu ergreifen. Sie kommen mit Arzneien und Ausrüstung, stehen in Funkkontakt mit der Zentrale. Sie sind auf Notversorgung spezialisiert.« Er ließ ihre Schulter nicht los. »Du warst eine Studentin der forensischen Psychologie, die bei einem Rettungsflug eingesprungen ist.«
Er senkte die Stimme. »Du warst Daniels Frau. Du hattest gerade selbst mit knapper Not einen Absturz überlebt. Du warst kein Sanitäter.«
Licht schien auf sie niederzuschießen, ein Blitz, wie von einem elektrischen Schlag. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie legte ihm die Hand aufs Herz.
Seine Brust hob und senkte sich schwer. In seinen braunen Augen lag ein unendlich tiefer Schmerz. »Der Sanitäter war ich.«
Die unsichtbare Klinge schien um neunzig Grad herumzuschwenken und ihr einen klirrenden Hieb zu versetzen. O Gott.
»Gabe, nein, du darfst nicht glauben, dass du schuld bist …«
»Bitte nicht.« Er legte ihr den Finger auf die Lippen. »Jetzt nicht.« Er drückte ihr die Schlüssel in die Hand. »Ich komme allein nach Hause.«
KAPITEL 32
Perry schlüpfte in seine Anzugjacke, strich den Kragen glatt und zog den Krawattenknoten zurecht. Die Krawatte war zwar aus minderwertigem blauem Polyester, aber immerhin bedeckte sie das knorrige Narbengewebe um seinen Hals. Er wischte sich einen Fussel von der Schulter und begutachtete sich im Spiegel. Sein Haarschnitt machte einen billigen Eindruck. Insgesamt wirkte er wie jemand, der in letzter Zeit ein bisschen Pech gehabt hatte. Ein unbedarfter, wohlmeinender, braver Bürger. Wenn die Strangulationsnarbe unter dem Kragen verborgen war, erinnerte nichts mehr an einen Mann, der einen mörderischen Überfall überlebt hatte. Ein ganz normaler Typ.
Mit einem Klopfen öffnete sich die Tür. »Fünf Minuten.«
Er setzte den Sprachgenerator an die Kehle. »Fast fertig.«
Der Mann nickte und lächelte. Dieses zuckersüße Grinsen, das bedeutete: Schau mich an, ich tu so, als wärst du kein Monster, bin ich nicht toll? Dann zog er sich wieder zurück.
Pray starrte auf die Tür. Dieser herablassende Arsch hatte nicht mal Angst vor ihm. Mit dem Anzug wirkte er nicht mehr furchterregend. Das unauffällige Erscheinungsbild
neutralisierte eine starke Waffe in seinem emotionalen Arsenal. Einen Moment lang kam er sich wie kastriert vor, und heißer Zorn kochte in ihm hoch. Doch er unterdrückte ihn.
Noch einmal huschte sein Blick zum Spiegel, er kämmte sich mit den Fingern durchs Haar und legte sich die Miene eines ernsten Bauerntölpels zurecht. Er sah harmlos aus. Er klang gekränkt. Das sollte reichen, um das Mitleid der Leute zu wecken.
Mentale Abrüstung - vielleicht erwies sich das für ihn heute als eine noch schlagkräftigere Waffe.
Er trat zur Tür und presste das Ohr ans Holz. Nichts zu hören. Vorsichtig angelte er das Handy aus der Jackentasche. Es gehörte einem seiner Anwälte, die er gleich nachher vor Gericht treffen würde. Er schaltete den Sprachgenerator ein und zog die SIM-Karte heraus. Dann schob er sie in das Telefon und wartete, bis es betriebsbereit war.
Er hatte es hier mit dem Gesetz zu tun. Das hieß, alles war erlaubt. Er würde lügen, bestechen, betrügen und wenn es sein musste sogar abhauen. Er würde alles tun außer beten.
Er schickte eine SMS. Wo bist du? Müssen wir uns um die Meyer kümmern? Ruf an.
Nicht mehr lange, dann war es so weit.
Jo steckte sich ihren Krankenhausausweis an und trabte die Stufen zur Intensivstation hinauf. Ihre Schritte hallten auf dem Beton wider. Das Treppenhaus kam ihr vor wie ein sonderbar verzogener Korkenzieher. Und in ihrem Herzen sah es nicht viel anders aus.
Zum ersten Mal seit zwei Jahren glaubte sie reinen Sauerstoff auf der Zunge zu schmecken und ohne Beklemmung zu
atmen. Eine riesige Last war ihr von den Schultern gefallen, sie hatte das Gefühl, nach einer Ewigkeit in den Tiefen wieder zur Oberfläche durchgebrochen zu sein. Doch nur weil jemand anders die Bürde übernommen hatte.
Gleichzeitig spürte sie eine große Schwermut. Aber diesmal sah sie nicht Daniel, sein strahlendes Lächeln, das erlöschende Licht in seinen Augen, als er ihr im Hubschrauber die Hand drückte.
Sie sah Gabriel Quintana.
Stolz, wachsam, unerschütterlich und selbstsicher, dazu ausgebildet, Patienten notfalls auch mit Waffengewalt gegen angreifende Feinde zu schützen. Dieses gelassene Lächeln, das den Schmerz verbarg. Der Soldat, der bei
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