Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
große Fortschritte gemacht, aber du musst dabei nicht immer allein bleiben. Verstehst du?«
Ja, sie verstand. Sie wusste, mit wem sie sprechen musste. Mit dem Rettungsspringer des 129th Rescue Wing, der in dieser Nacht Dienst getan hatte. Sein Name stand im Polizeibericht: Gabriel Quintana.
Tina warf ein Zuckerpäckchen nach ihr. »Ich hol dich an der Uni ab.«
Quintana. Sie spürte ein Kribbeln in den Fingerspitzen. »Tut mir leid, hab nicht aufgepasst. Was hast du gesagt?«
»Du klebst an deiner Arbeit wie eine Fliege am Marmeladenglas. Ich hol dich heute Abend ab. Um acht?«
»Außer der Fall, an dem ich dran bin, entwickelt sich zum Monster.«
Tina stand auf. »Uh, ein Monsterfall. Bringen sie dich dann im Fernsehen?«
»Ja, wie ich in enger Jeans und mit tiefem Ausschnitt mit einer Taschenlampe durch die Blutlachen am Tatort stapfe.«
»Und mit einer Knarre natürlich, die darf nicht fehlen. Und dann reißt du dir die Sonnenbrille runter und schwörst Rache. Versprochen?«
»Auf jeden Fall. Aber nur wenn Schweine in Formation fliegen und gegen Godzilla kämpfen.« Ihr Lächeln war gleich wieder verschwunden. »Ich muss mit den Leuten vom 129th Rescue Wing sprechen.«
»Richte ihnen schöne Grüße aus, die sind echt große Klasse.« Tina unterbrach sich. »Moment mal …«
»Ja.« Jo schloss das Notebook. »Vielleicht sollte ich eine kugelsichere Weste anziehen.«
Sorgenfalten gruben sich in Tinas Gesicht. Jo sammelte ihre Sachen zusammen, gab ihrer Schwester einen Abschiedskuss und trat hinaus in die wärmende Sonne. Sie wusste, dass ihr eine kugelsichere Weste nichts nützen würde. Kevlar schützte das Herz zwar vor Geschossen, aber nicht vor Trauer.
KAPITEL 7
Der Himmel draußen vor dem Café hatte einen silbrigen Glanz. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf. Als sie sich umwandte, entdeckte sie Ferd Bismuth, der auf dem Gehsteig dahergetrottet kam.
»Mist.«
Bismuth richtete sich auf und verfiel ins Stolzieren. Sie hatte keine Zeit für eine lange Unterhaltung, doch es war zu spät, um einfach abzuhauen. Er hatte sie schon erspäht.
Er winkte. »Hallo, Nachbarin.«
Ferd war der, der hinter den kotbedeckten Amorstatuen und flatternden Vorhängen in der Villa neben Jos Haus wohnte. Er war nicht dick, lehnte sich aber beim Gehen zurück, wie um das Gewicht eines Bauchs auszugleichen, und hielt die Hände weit weg vom Körper, als lägen sie auf dicken Fettpolstern. Er hatte X-Beine und trug großzügig geschnittene Kleidung. Sein Haar glänzte vor Brillantine. Wie immer schien er bereit für sein Foto im Flugüberwachungszentrum der NASA von 1969.
Lächelnd rollte er auf sie zu. »Anscheinend hab ich dich an der Straßenbahnhaltestelle verpasst.«
Sie musste ihre Antwort behutsam austarieren. Bei Ferd mutierte jedes belanglose Geplänkel zum reinsten Minenfeld. Sie zog ihre Mappe höher, um den Eindruck zu erwecken, dass sie ganz dringend irgendwohin musste. Was ja auch stimmte, doch so was hatte Ferd noch nie sonderlich beeindruckt. Selbst wenn sie lichterloh gebrannt hätte, hätte sich Ferd nicht davon abhalten lassen, mit ihr zu plauschen. Gleiches galt im Übrigen auch für den Fall, dass er selbst in Flammen gestanden hätte.
Am besten, sie schlug ein harmloses Thema an wie das Wetter. »Schön, dass die Sonne noch mal rauskommt, nicht wahr?«
Sein Lächeln schrumpfte. »Hätte ich mich eincremen müssen? Ich dachte, jetzt im Oktober ist es sicher.« Er betrachtete seine Arme, als würde er jeden Augenblick mit dem Erscheinen von Melanomen rechnen.
Sie machte einen Schritt. »Faktor zwanzig, das ist immer gut. Aber du darfst dich auch nicht vor der Sonne verkriechen - sie spendet dir Vitamin D. Und sie macht fröhlich.«
»Vitamin D? Du meinst … warte, nein, Jo, bitte geh noch nicht. Willst du damit sagen, ich könnte Rachitis bekommen?«
Sie hatte es vergeigt. Man durfte ihnen nie eine Chance geben - hatte sie denn nichts aus ihren Aussagen vor Gericht gelernt? Bloß keine offenen Antworten oder gar Andeutungen, mit denen der gegnerische Anwalt einen bei der Vernehmung kreuzigen konnte. Und sie musste Ferd gleich einen ganzen Pack Nägel in die Hand drücken samt Gebrauchsanleitung, wie man sie am besten reinhämmerte. Er war der schlimmste Hypochonder, dem sie je begegnet war.
»Vitamin D? Du meinst, bei dem dauernden Regen und Nebel kriegen wir nicht genug davon?« Er senkte den Blick auf die Knie. »Bin ich ernsthaft in Gefahr? Ich will nicht, dass meine Knochen weich
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