Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
lange was er will bis er genug hat oder ihm langweilig wird, dann sucht er sich das nächste willige Opfer. Und davon rennen leider genug da draußen herum. Was um Himmels Willen ist Euch Frauen denn so wahnsinnig wichtig daran, ob Ihr „schön“ seid oder, ob man Euch will? Kommt Ihr denn nie auf die Idee, dass es wichtig sein könnte, was oder wen Ihr wollt? Ob jemand gut genug für Euch ist?“
Lynn würgte: „Gut genug für mich? Wer sollte mich denn schon wollen? Was bin ich denn schon? Du weißt nicht wie es ist, damit zu leben, dass man sich selbst hasst.“ Dann versuchte sie es ihm zu erklären: „Stell dir mal folgendes vor: du machst eine Reise und du darfst oder sollst jemanden aussuchen, der oder die dich begleitet. So, wen würdest du wählen? Es heißt doch immer, dass man Reisegefährten sehr sorgfältig aussuchen muss, weil man in so einer Situation mit den schlechtesten Eigenschaften des anderen konfrontiert wird. Das eigene Leben gleicht so einer Reise, nur dauert sie länger. Man muss die ganze Zeit mit sich selbst, dem eigenen Ich verbringen. Wenn das eigene Ich beschissen ist, dann wird das irgendwann unerträglich. Man wird dankbar für alles, was man an positivem Feedback bekommen kann, egal von wem und woher das kommt.“
„Wie kommst du auf die Idee, dass Dein eigenes Ich beschissen ist?“ wollte Alex wissen. „Liegt das an den Dingen, die du tust, an der Art wie du lebst, woran?“ „Das bin einfach ich, die Tatsache, dass ich es bin, disqualifiziert mich für das Leben. Genetischer Müll sozusagen. Ich hasse meine Stimme, meine eigenen Gedanken, meine Unsicherheit, meinen ganzen Körper. Ich kann hundertmal duschen und habe noch immer das Gefühl, permanent schmutzig zu sein und unangenehm zu riechen. In meinem Kopf regiert das absolute Chaos, ich bin zu gar nichts zu gebrauchen. Ich...“
„Stopp!!!“ Alex sah Lynn fassungslos an. So einen Ausbruch hatte er bei ihr noch nie erlebt. „Was ist denn mit dir passiert? Wer hat dir denn das eingeredet?“
„Niemand. Ich kenne mich besser als jeder andere Mensch. Ich weiß ja was ich bin. Falls andere Menschen etwas anderes in mir sehen, so ist das einfach deshalb weil ich sehr viel Mühe dafür aufwende, um nach außen hin halbwegs „normal“ zu wirken. Damit nicht jeder gleich bemerkt was bei mir alles nicht stimmt. Aber das ist alles nur Täuschung. Ich fühle mich wie ein Klumpen Schleim, widerlich, ekelig und darüber ziehe ich so oft wie möglich den Überzug der Normalität.“
„Hm, schön dass du gar keine Komplexe hast.“ Alex grinste zwar, wirkte aber etwas hilflos. „Ich habe ja gesagt, dass auch ich Frauen alles Mögliche erzähle – aber ich hätte nie gedacht, dass einer der Gründe, warum das so gut wirkt, so eine extreme Selbsteinschätzung sein könnte.“
Er seufzte: „Wenn ich dir jetzt sage, dass du etwas Besseres als das verdient hast, ist das vermutlich vergebliche Liebesmühe, oder?“
„Vermutlich ja.“ Lynn nickte.
„ Das erklärt auch warum manche Frauen fast zu allem bereit sind, wenn man ihnen nur sagt: ich liebe dich. Das zieht fast immer. Egal, ob man es so meint oder nicht. Da ist das Ego anscheinend so derartig ausgehungert, dass der Verstand komplett ausschaltet. Ich habe ehrlich keine Ahnung, wie man das in den Griff bekommt. Hast du schon mit Therese darüber geredet?“ Alex fuhr sich durch die Haare bis sie total zu Berge standen.
„Schon, aber sie weiß nicht, dass ich wieder bei ihm war. Sie würde sicher mit mir schimpfen. Sie hat gesagt, dass er nicht gut für mich ist und, dass ich mich von Cedric fernhalten soll. Damit hat sie ja auch Recht. Ich habe keine Ahnung, wie ich ihr das erklären sollte.“
„Wie soll das denn weitergehen?“ fragte er. „Seht Ihr Euch wieder?“ Lynn zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte nein zu sagen, wenn er wieder auftaucht.“
„Ich hätte ja kein Problem mit Gelegenheitssex, das weißt du. Die Bisse sind wiederum ein ganz anderes Thema, auch die Art wie er sonst mit dir umzugehen scheint. Das Beißen ist nicht normal, auch das Verlangen nach Blut nicht. Wäre ja noch okay, wenn du genauso gepolt wärst und es genießen würdest, tust du aber anscheinend nicht. Er respektiert das nicht. So sieht es doch aus, oder?“ „Genau das ist der Punkt.“ Lynn nickte.
„Rede mit Therese, sie wird besser wissen was zu tun ist. Sie kennt dich schon so
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