Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
Regenbogen. Es sind ja dann sowieso nur noch Takey und du hier.«
»Das wird einsam werden«, sagte sie.
»Ja, irgendwie schon. Aber denk an die Ruhe, die du haben wirst. Und an Gingers und Daddy-os ungeteilte Aufmerksamkeit.« Da mussten wir lachen.
Ich klappte Norries Laptop auf und checkte meine Mails. Ich fand eine interessante Nachricht von jemandem namens Delphine Burrell.
Liebe Jane Sullivan,
ich bin kürzlich über Deinen Blog, myevilfamily.com, gestolpert und lese ihn mit viel Freude. Ich denke, einige Bürger in Baltimore würden sich für Deine Gedanken über die Geschichte unserer Stadt interessieren. Darf ich Dich für einen Artikel im Lokalteil unserer Zeitung interviewen? Ich würde gern über Deinen Blog reden und darüber, wie Du über die Geschichte Deiner Familie denkst.
Danke!
Delphine Burrell
Redaktion
»The Baltimore Sun«
Hmm. Sehr interessant. Die Zeitung wollte eine Story über mich und meine Familie bringen. Meine böse Familie.
Sollte ich mich darauf einlassen?
»Irgendwas Neues?«, wollte Sassy wissen.
»Nein.« Ich loggte mich aus und klappte das Laptop zu. Besser, ich verschwieg Sassy die Sun . Sie würde es bald genug erfahren. So wie alle.
Draußen wurde eine Autotür zugeschlagen. Ich spähte aus dem Fenster.
»Da kommt Norrie.« Ich zündete mir eine Kippe an, damit der warme Nelkengeruch sie gleich beim Reinkommen begrüßte. Ah, wie sie das liebt.
»Jane, sie wird uns rausschmeißen.«
»Nein, wird sie nicht. Damit droht sie immer, aber sie tut es nie.«
Ein paar Minuten später stürmte Norrie ins Zimmer. »Hab ich mir schon gedacht, dass du hier bist.« Sie warf mir einen finsteren Blick zu.
»Was? Was hab ich denn gemacht?«
»Ich werde dir zeigen, was du getan hast.« Sie klappte ihr Laptop auf, das zu surren anfing. Sie tippte etwas und auf dem Bildschirm erschien myevilfamily.com.
»Verdammte Scheiße, Jane?« (Zitat! Zitat!) »Du schreibst einen Blog über unsere Familiengeheimnisse? Und das muss ich auf einer Party von einer total Fremden erfahren?«
»Eine total Fremde liest meinen Blog?«, fragte ich. »Cool. Wer denn?«
»Was tut das zur Sache? Warum machst du so was? Und warum hast du mir nicht davon erzählt?« Sie wandte sich an Sassy. »Wusstest du Bescheid?«
»Nein«, sagte Sassy. »Lass mal sehen.«
Sassy fing an, die Blogeinträge zu lesen. Norrie entriss mir die Kippe und warf sie aus dem Fenster. Es war alles sehr theatralisch und aufregend.
»Ich hätte nicht gedacht, dass es irgendjemand liest«, sagte ich. »Außerhalb der Familie. Ich hätte dir davon erzählt, aber ich hatte Angst, du würdest versuchen, mich abzuhalten, und ich lasse mich nicht abhalten. Die Welt muss die Wahrheit erfahren.«
»Die Wahrheit?«, fragte Norrie. »Das ist doch bloß ein Haufen alter Familienklatsch. Wer weiß, ob davon überhaupt irgendwas stimmt?« Sie setzte sich aufs Bett. »Warum schreibst du all diese gemeinen Sachen über Almighty? Sie wird dir den Hals umdrehen.«
»Falls sie es rausfindet.«
»Sobald sie es rausfindet.«
Und wenn ich mit der Reporterin der Sun redete, würdest Du es auf jeden Fall herausbekommen.
»Ich bin wie die heilige Johanna von Orléans«, erklärte ich. »Alle hielten sie für verrückt, doch sie hatte eine Vision. Sie versuchte nur zu tun, was richtig war.«
»Jane, sie wurde verbrannt. Schalt doch mal dein Gehirn ein.«
»Ich weiß«, räumte ich ein. »Aber das wird mir nicht passieren. Almighty wird mich schon nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Nicht mal sie ist so böse.« (Bist Du nicht – oder? Kleiner Scherz am Rande.)
Norrie seufzte. »Jane, warum tust du uns das an?«
Ich versuchte ihr meine Gründe zu erklären. Folgendes habe ich gesagt. Vielleicht hilft es Dir, mich zu verstehen.
»Immer wenn man etwas über Almighty in der Zeitung liest, lassen sie sich darüber aus, wie toll es von ihr ist, dass sie Schulen Geld spendet und Wohltätigkeitseinrichtungen unterstützt und solch ein schönes Haus hat und ein abwechslungsreiches Leben und eine bemerkenswerte Familiengeschichte. In der Zeitung klingt alles über sie – über uns – so glamourös. Und ich fand einfach, jemand sollte mal die andere Seite erzählen. Um ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen. Mehr will ich doch gar nicht.«
»Und wann hörst du auf?«
Ich schüttelte den Kopf. »Erster Zusatzartikel zur Verfassung: Du kannst mich nicht aufhalten.«
»Schreib einfach nie über mich. Falls doch, werde ich nie wieder mit
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