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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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in einem Blog
    Von Delphine Burrell
    Mrs Louisa Beckendorf – mit vollem Namen Arden Louisa Norris Sullivan Weems Maguire Hightower Beckendorf – ist eine Menschenfreundin, eine herausragende Persönlichkeit der Stadt, eine gesellschaftliche Instanz, eine Grande Dame von solcher Macht, dass sie gemeinhin »Almighty Lou« genannt wird. Seit ihrem Debüt beim Bachelors Cotillon 1947 ist sie eine der einflussreichsten Gastgeberinnen an der Spitze der feinen Gesellschaft Baltimores. Sie sitzt im Vorstand zahlreicher Wohltätigkeitsorganisationen und Kunsteinrichtungen und dank ihr wurde in den Siebzigern das Tragen orangefarbener Federn der letzte Schrei. Ein Flügel des Baltimore Museum of Art ist nach ihr benannt. Es geht das Gerücht, dass jeder, der zu den wichtigsten gesellschaftlichen Ereignissen der Stadt eingeladen werden möchte, sich mit Mrs Beckendorf gut stellen sollte – und auch dafür sorgen sollte, dass sich das nicht ändert.
    Doch nun wird die gefürchtete und einflussreiche »Almighty Lou« womöglich von ihrer eigenen Enkelin in die Schranken gewiesen.
    Jane Sullivan, 16, Schülerin der elften Klasse an der St. Margaret’s Preparatory School und eines von Mrs Beckendorfs sechs Enkelkindern, hat eine Website mit dem Namen myevilfamily.com gestartet. Die Seite ist im Wesentlichen ein Blog, der ausführlich die schmutzige Geschichte der Familien Sullivan und Norris behandelt, und zwar von den Anfängen ihres großen Vermögens bis hin zur kleinlichen Gesellschaftsfehde zwischen Mrs Beckendorf und ihrer Hauptrivalin Mrs Margaret »Mamie« Overbeck, sowie den mysteriösen Selbstmord der Psychotherapeutin ihrer Mutter. Laut Jane Sullivan verzieh Mrs Beckendorf Mrs Overbeck nie, dass Letztere ihr damals Junius Overbeck ausspannte. Selbst jetzt, da die beiden Damen vorgeben, ihre Differenzen beigelegt zu haben, vertritt Jane die Meinung, ihre Großmutter plane eine hinterhältige Racheaktion an Mrs Overbeck.
    Diese Informationen werden von Teilen der Gesellschaft Baltimores wie Süßigkeiten verschlungen – vor allem von denjenigen, die im Norden der Stadt leben und die noblen Privatschulen dort besuchen. »Almighty Lou hatte uns so lange in der Hand – wir freuen uns, dass endlich ein Riss in der perfekten Fassade aufgetaucht ist«, kommentierte eine einflussreiche Persönlichkeit des Nobelstadtteils Guilford, die jedoch nicht namentlich genannt werden wollte. »Es ist einfach herrlich.«
    »Ich erzähle nur die Wahrheit«, antwortet Jane Sullivan auf die Frage, warum sie die schmutzige Wäsche ihrer Familie in der Öffentlichkeit wasche. »Menschen blicken zu meiner Großmutter auf, weil sie reich ist. Nun ja, wenn sie wüssten, wie Reiche zu ihrem Reichtum gekommen sind, würden sie vielleicht weniger zu ihnen aufschauen. Nieder mit dem Bösen! Nieder mit allem!«
    Miss Sullivan kündigte an, dass sie so lange über ihre Familie schreiben werde, bis alle Geheimnisse enthüllt seien. »Ich freue mich, dass die
Sun
meinen Blog bekannt macht«, fügte sie hinzu. »So werden alle die Wahrheit erfahren. Die Macht dem Volke!«
    »Almighty Lou wird diesem Gör den Hals umdrehen«, bemerkte eine Anwohnerin im feinen Roland Park, die aus Angst vor Vergeltung ebenfalls anonym bleiben möchte. »Ihr Erbe hat sich damit wohl erledigt.«
    Mrs Beckendorf stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.

Acht
    myevilfamily.com
    Almightys böser Plan
    Etliche Leute sind noch immer vom Bachelors Cotillon fasziniert, von der Art und Weise, wie die Mädchen dafür ausgewählt werden. Almighty Lou hat eine Menge dabei mitzureden, wen sie für »gut genug« hält, Debütantin zu werden. Obwohl sie selbst reich ist, misst sie Geld keine große Bedeutung zu. Nein, hier geht es um Baltimore, wo Familie und Herkunft alles bedeuten. Zu Geld kann jeder kommen. Beziehungen sind hilfreich, aber nötigenfalls hilft auch Erpressung.
    Selbst wenn man arm (oder hart an der Grenze dazu) ist, kann man Debütantin werden, vorausgesetzt, man kommt aus einer der alteingesessenen Familien Baltimores und besucht eine der Privatschulen. Wallis Warfield Simpson, die berühmte Debütantin Baltimores, die den König von England heiratete und Herzogin von Windsor wurde, hatte so wenig Geld, dass sie von ihrer Tante geschneiderte Kleider tragen musste, doch sie war eine Warfield und das genügte.
    Dieses System bricht im 21. Jahrhundert allmählich zusammen. Außerhalb Baltimores (vor allem im »vulgären« New York) bedeutet Geld

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