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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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natürlich Recht. Ich bin nicht gerade die Intelligenzbestie der Familie. Wahrscheinlich war ich für niemanden eine große Hilfe. Aber ich wollte es versuchen.
    Ich glaube, Du verstehst das, Almighty. Einmal beim Tee hast Du uns erzählt, dass Du als Sechzehnjährige freiwillig in einem Krankenhaus in der Innenstadt gearbeitet hast. Du hast erzählt, Du hättest bloß Zeitschriften verteilt und Tabletts weggeräumt. Aber Du hattest bestimmt Gründe dafür. Vielleicht ging es Dir ja wie mir – Du wolltest jemandem ein bisschen helfen. Du wolltest Dich irgendwie nützlich machen und unabhängig sein.
    Ich will mein Leben nicht als reiches, verwöhntes Mädchen vergeuden. Wer weiß, wie viel Zeit mir bleibt, bevor mich irgendein Irrer in einem Mini-Markt als Geisel nimmt und erschießt. Nachhilfe war das einzig Sinnvolle, was mir einfiel. Es würde mich für eine Weile aus der Schneekugel heraus- und in die richtige Welt hineinholen, wo ich mein Glück wirklich auf die Probe stellen könnte.
    Als ich an diesem Tag von der Schule nach Hause kam, beschloss ich, zur York Road hinüberzulaufen und mir anzusehen, was beim 7-Eleven vor sich ging. Ich erzählte niemandem, was ich vorhatte. Ich wollte einfach einen Abstecher zur York Road machen und die Straße hinunterspähen, um zu sehen, ob sich dort etwas tat.
    Von der Ecke Northway und York Road konnte ich den Laden nicht erkennen, doch ich sah Blaulicht. Ich lief die York Road hoch und ging so lange weiter, bis ich schließlich zum 7-Eleven kam.
    Der Laden war geschlossen und mit gelbem Polizeiband abgeperrt. Auf dem Parkplatz standen einige Polizeifahrzeuge. Eine Frau in einem Trenchcoat sprach mit einem Polizisten. Ein Kamerawagen von Eyewitness News parkte auf der Straße, aber es war nirgendwo ein Reporter zu sehen. Obwohl die doch damit werben, dass sie durch Augenzeugen immer so nah am Geschehen dran sind. Vielleicht saß die Reporterin im Bus, machte ein Nickerchen oder frischte ihr Make-up auf.
    Es war nichts zu sehen, keine Blutlachen oder so was, zumindest nicht von außen. Durch die zerborstene Glasscheibe erkannte ich eine große Stahltür hinter der Theke. Hinter dieser Tür befand sich der Lagerraum, in dem die Geiseln die ganze Nacht festgehalten worden waren.
    Ich kaufte beim Zeitungskiosk auf der anderen Straßenseite eine Packung Kaugummi und machte mich auf den Heimweg. Ich lief gerade den Northway hinunter, als ein Wagen rückwärts aus einer Ausfahrt kam und mich anfuhr. Das war das erste Mal.

Drei
    Ich prallte vom Kofferraum ab und stürzte auf den Gehweg. Der Wagen blieb stehen, eine Frau sprang heraus. Sie schrie und fuchtelte mit den Armen.
    »Oh! Oh! Um Gottes willen! Alles in Ordnung? Geht es dir gut?«
    Ich saß in gelassener Benommenheit auf dem Pflaster, um meinen Kopf tanzten Sterne, aus den Leitungen über mir sprühten Funken. Aber alles war in Ordnung. Ja, ich glaubte, es war alles in Ordnung.
    Ich rappelte mich auf und rieb mir die Hose sauber. »Mir geht’s gut. Wirklich. Mir geht’s gut.« Ich hatte einen kleinen Kratzer am Ellbogen, aber das war alles.
    Trotzdem wirkte die Frau ziemlich mitgenommen. Sie umfasste meinen Kopf mit den Händen und starrte mir in die Augen, schnappte besorgt nach Luft, anschließend schüttelte sie meine Hände, erst die eine, dann die andere, um zu prüfen, ob mir das wehtat.
    »Mir geht’s gut. Nichts passiert«, beharrte ich.
    Sie fing an zu weinen. »Ich habe noch nie irgendjemanden angefahren! Ich habe so einen Schrecken bekommen!«
    »Klar.« Ich fühlte mich komisch, es war dasselbe Gefühl wie in Lulas Haus, nachdem ich in den Raum ohne Boden gestürzt war. Aufgerüttelt und nicht wissend, wo ich gelandet war. Aber diese Frau war noch mitgenommener als ich. Ich versuchte sie zu trösten. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin nicht verletzt. Es ist alles gut.«
    »Bist du sicher? Bist du sicher? Ach, Gott sei Dank. Soll ich dich zu einem Arzt bringen oder so? Soll ich dich nach Hause fahren?«
    »Nein, ich wohne nur ein paar Straßen weiter. Ich schaff das allein.«
    »Bitte, lass mich dich nach Hause bringen«, bat sie.
    »Mir geht es gut. Wirklich. Sie können ruhig losfahren.«
    »Wenn du ganz sicher bist –«
    Der Motor ihres Wagens lief immer noch und es stank nach Abgasen. Ich winkte ihr zu und lief los, um ihr zu demonstrieren, dass ich nicht verletzt war. Sie war frei. Frei, ihres Weges zu gehen und ihr Leben wie bisher fortzusetzen, schließlich hatte sie niemanden verletzt.
    Ich

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