Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
bei der Feier an Heiligabend allen dieses Superkunststück vorführen zu können.
Mir war vorher nicht bewusst gewesen, wie klug Fische eigentlich sind. Bubbles war wie ein Hund. Er wollte Futter, und wenn man damit vor ihm hin und her wedelte, tat er alles, was in der Macht seines kleinen Fischkörpers stand. Es war lustig anzusehen, aber es machte mich auch traurig. Da war er, in seinem Aquarium eingesperrt, und hatte nichts Besseres zu tun, als uns für ein paar Fischflocken zu unterhalten. Kein tolles Leben.
»Dann lass das Wunder mal sehen«, sagte Jane.
Takey senkte die Wasserpistole und verbeugte sich wie ein Zauberer. »Bei seinem ersten Kunststück wirft Bubbles einen Basketball.«
»Das kennen wir schon«, sagte Jane.
Norrie versetzte ihr einen Rippenstoß. »Aber wir würden es gern noch mal sehen.«
»Oh ja, wir würden es supergern noch mal sehen«, flötete Jane.
Der winzige Basketballkorb war an einem Ende des Aquariums aufgestellt. Takey hielt an einem Stäbchen ein Häppchen Fischfutter an die Wasseroberfläche. Bubbles schwamm nach oben und knabberte daran. Dann ließ Takey den kleinen Plastikbasketball ins Wasser fallen. Bubbles bugsierte den Basketball zum Boden des Aquariums und auf den Korb zu. Als Takey dort wieder mit einem Futterhäppchen vor ihm herumwedelte, stieß Bubbles den Ball hinein.
»Treffer!«, rief Takey. Wir klatschten. Er gab Bubbles zur Belohnung noch ein Häppchen.
»Und nun das todesmutigste Kunststück, das ein Goldfisch je vollbracht hat«, kündigte Takey an. »Der unglaubliche Feuerring!«
Wir klatschten aufs Neue. Takey hielt einen kleinen Reifen in die Höhe, der mit Plastikflammen aus Janes altem Hot-Wheels-Set beklebt war. Er ließ den Reifen an einem Nylonfaden knapp über der Wasseroberfläche in der Mitte von Bubbles’ Aquarium baumeln. Er präparierte den Stab mit jeder Menge Futter.
»Trommelwirbel, bitte.«
Ich trommelte auf der Tischplatte. Takey hielt etwas Futter in die Luft und Bubbles sprang aus dem Wasser, um es sich zu holen. Dann packte Takey neues Futter auf das Stäbchen und hielt es in den Reifen. Bubbles sprang hoch und folgte dem Futter durch den Reifen. Norrie hielt die Luft an und wir applaudierten stürmisch.
»Tatatata!« Takey machte eine tiefe Verbeugung. Ich drückte ihn und gab ihm einen Kuss.
»Du hast es tatsächlich geschafft!«
»Danke. Danke.« Feierlich gab er Bubbles seine Belohnung.
»Dieser Fisch wird fett werden«, sagte Jane.
An diesem Abend lag ich in meinem Bett auf dem Rücken und blinzelte in die Dunkelheit. Durch einen Spalt in meinen Gardinen schimmerte das Licht einer Straßenlaterne. Das Haus gab ein leises Summen von sich, es waren die Geräusche seiner arbeitenden Eingeweide – Wasser rauschte in den Rohren, weil sich gerade jemand die Zähne putzte oder die Toilettenspülung betätigte, der Geschirrspüler brummte, die Uhren klickten. Draußen im Garten zirpten die letzten Grillen des Jahres Auf Wiedersehen, Auf Wiedersehen . Ein Auto fuhr langsam die Straße hinunter, seine Scheinwerfer brachten meine Zimmerwand bleich zum Leuchten.
Gleich hinter unserem kleinen Reich konnte ich den Verkehr hören, die Autos, die geschäftigere Straßen entlangfuhren oder den Expressway in Richtung des riesigen Bienenstocks Baltimore hinunterrasten – der brummenden, schreienden, quietschenden, kreischenden Stadt.
Kurz darauf hörte ich in der Ferne Sirenen und ein Rattern am Himmel, die Stadt bewegte sich auf mich zu, kam näher und wurde lauter und steuerte direkt auf mein Zimmer zu. Das Rattern flog direkt über unser Dach, das Ratsch, Ratsch, Ratsch eines Hubschraubers durchschnitt die Luft. Als ich durch den Vorhang spähte, bemerkte ich einen Scheinwerfer, der die Gärten und Seitenwege hinter den Häusern unserer Straße absuchte. Das Geräusch wurde leiser, dann wieder lauter und kreiste über dem Viertel. Ein Polizeihelikopter. Die Sirenen heulten auf der Charles Street, dann verstummten sie. Es folgten noch mehr Sirenen. Ratsch, ratsch, ratsch über meinem Kopf.
Unsere Wohngegend wurde den ganzen Sommer von Polizeihelikoptern überwacht, es war also eigentlich keine große Überraschung. Manchmal denke ich, sie spionieren uns aus. Doch dieses Mal schienen es mehr Sirenen zu sein als sonst, und an diesem Abend schloss ich die Augen und überlegte, kurz bevor ich einschlief: Was geht da draußen vor sich?
Zwei
Als ich am nächsten Morgen zum Frühstück in die Küche hinunterging, starrte Miss Maura
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