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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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gebannt auf eine aktuelle Sondersendung im Fernsehen, während Takey in aller Ruhe seine Cheerios schlabberte und sich einen Casper-Comic ansah. Ich nahm mir aus der Pfanne, die zum Warmhalten auf dem Herd stand, eine Portion Eier und setzte mich neben Miss Maura.
    »Was ist denn passiert? Ich habe gestern Nacht die Sirenen gehört.«
    »Irgendein Irrer hat im 7-Eleven auf der York Road ein paar Leute als Geiseln genommen«, berichtete Miss Maura. »Er hat die Polizei die ganze Nacht auf Trab gehalten. Sie wissen nicht, wie viele Leute dadrinnen sind. Die komplette Straße ist abgeriegelt.« Sie schüttelte den Kopf, schnalzte mit der Zunge und nippte an ihrem Kaffee. »Stell dir vor, die ganze Nacht mit einem wahnsinnigen Killer in einem 7-Eleven eingesperrt zu sein.«
    »Morgen allerseits.« Daddy-o kam für die Arbeit gekleidet in Nadelstreifenanzug, hellblauem Hemd und Fliege herein. Er schenkte sich Kaffee ein, dann merkte er, dass Miss Maura und ich am Fernseher klebten. »Warum die ganze Aufregung?«
    »Geiselnahme«, erklärte Miss Maura. »7-Eleven. York Road.«
    Im Sommer fahren wir oft mit dem Rad zu dem Laden an der York Road, um uns Slurpees, diese halbgefrorenen Drinks, zu kaufen. Takey steht auf die alte Leuchtreklame des Swallow at the Hollow Bar & Grill , auf der ein Vogel mit Strohhut und Fliege ein Bier trinkt. Er findet, der Vogel sieht Daddy-o ähnlich.
    »Oje.« Daddy-o beugte sich vor, um sich die Nachrichten anzusehen. »Die arme alte York Road bekommt aber auch sämtliche Dramen ab.«
    »Die Geiseln werden seit nunmehr fast zehn Stunden im Lagerraum auf der Rückseite dieses 7-Eleven festgehalten«, erklärte der Reporter. »Laut Aussage der Polizei – Moment –«
    Hinter dem Reporter herrschte plötzlich Aufregung und drei Geiseln rannten mit erhobenen Händen aus dem Laden. Die Polizei brachte sie schnell in Sicherheit.
    »Wie es aussieht, hat der bewaffnete Geiselnehmer drei seiner Opfer freigelassen«, kommentierte der Reporter. »Wir wissen nicht, wie viele Personen sich noch im Laden befinden, doch die Entkommen sollten uns mehr darüber erzählen können, wer die anderen sind, wer der Bewaffnete ist und was er genau verlangt.«
    Norrie kam mit klimperndem Schlüsselbund herein und steuerte geradewegs auf den Kaffee zu. »Komm, Sass. Wir müssen los.«
    »Noch einen Moment. Ich will das hier sehen.«
    »Jane wartet schon. Und ich darf heute nicht zu spät kommen – wir schreiben in der ersten Stunde einen Französischtest.«
    Sie zerrte mich nach draußen zum Auto, wo ich im Radio die Nachrichten einschaltete. Die soeben entkommenen Geiseln berichteten der Polizei, was im 7-Eleven vor sich ging. Ein Verrückter, der früher dort gearbeitet hatte, war mit einer Pistole hereingestürmt und hatte den Verkäufer und die Kunden in den Lagerraum gedrängt. Er ließ sie weder zur Toilette gehen noch einen Schluck Wasser trinken oder sonst etwas. Er zielte mit der Pistole reihum auf jeden einzelnen Kopf und drohte, ihnen allen das Hirn rauszupusten. Ohne ersichtlichen Grund hatte er zwei der Geiseln erschossen, die anderen mussten stundenlang neben den Leichen sitzen. Sie hatten keine Ahnung, was er wollte, er wiederholte nur gebetsmühlenartig, dass seine Freundin ihm sein Kind weggenommen habe. Die drei Geiseln waren dem Bewaffneten durch irgendeinen Trick entkommen, doch sie waren besorgt, dass er nun den verbliebenen Geiseln etwas antun könnte.
    »Beängstigend«, sagte Norrie.
    »Wie will er denn so sein Kind zurückkriegen?«, fragte Jane. »Der Kerl denkt die Dinge aber auch nicht bis zum Ende durch.«
    Ich versuchte mir das alles vorzustellen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie schlimm es sein muss, wenn einem das Kind weggenommen wird, oder wie es sich anfühlt, wenn einem jemand eine Pistole an den Kopf hält. Doch meine Gedanken schweiften nach kurzer Zeit ab. Sie wollten sich glücklicheren Dingen zuwenden.
    Gerade als wir bei St. Maggie’s auf den Parkplatz einbogen, verkündete der Radiosprecher, dass der Geiselnehmer die Pistole schwenkend aus dem Laden gestürmt war und gedroht hatte zu schießen. Die Polizei hatte ihn erschossen. Im Laden fanden sie vier tote Geiseln.
    Jane drehte das Radio aus. »Danke, Sassy. Jetzt werde ich immer Angst haben, wenn ich mir ein Slurpee hole. Und ich liebe Slurpees.«
    »Was anderes als Slurpees fällt dir nicht ein?«, fragte Norrie. »Da sind gerade fünf Menschen gestorben.«
    »Genau«, sagte ich.
    »Kirschrote Slurpees«,

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