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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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über die Ampel gelaufen.«
    Während eine Polizistin wissen wollte, ob ich irgendwo verletzt war, sprach ein Polizist mit dem jungen Mann und der Zeugin. Sie betastete meine Arme und Beine und leuchtete mir mit einer Taschenlampe in die Augen. Schließlich kam ein Krankenwagen, und ein Sanitäter löste die Polizistin ab.
    »Mit mir ist alles in Ordnung – wirklich«, beharrte ich. »Ich brauche keinen Krankenwagen.«
    »Überlass das mal lieber mir.« Der Sanitäter schob mich in den Krankenwagen und prüfte noch einmal meine Arme und Beine. Er drückte mir auf den Bauch und fragte, ob es wehtue. Er starrte mir in die Augen und fragte, ob ich Kopfschmerzen hätte.
    »Du siehst okay aus«, stellte er fest. »Aber ich bringe dich ins Mercy, um ganz sicher zu sein.«
    Ich musste ins Krankenhaus? Ginger und Daddy-o würden ausflippen. »Ich will lieber nach Hause«, sagte ich.
    »So ist die Vorschrift. Wir müssen das tun. Wir versuchen uns zu beeilen.«
    Die Polizistin steckte den Kopf in den Krankenwagen. »Kann ich jetzt ihre Aussage aufnehmen? Ist sie dazu in der Lage?«
    Der Sanitäter nickte. »Klar.«
    Die Polizistin fragte mich nach meinem Namen und meiner Adresse und wollte wissen, was passiert war. Ich erzählte ihr, dass ich gelegentlich beim Laufen vor mich hin träume und nicht auf meine Umgebung achte. Sie schüttelte den Kopf.
    »Süße, das hier ist eine Großstadt. Du musst deine Gedanken beisammenhaben. Möchtest du jetzt deine Eltern anrufen?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Na, wenn du es nicht machst, werde ich es tun«, erklärte sie und reichte mir ein Telefon.
    »Schon in Ordnung. Ich habe selbst eins.« Ich holte mein Telefon aus dem Rucksack und rief Norrie an. »Kannst du mich vom Mercy Hospital abholen?«
    »Wie? Was ist denn passiert?«
    »Nichts«, antwortete ich. »Ich wurde wieder von einem Auto angefahren. Aber mir geht’s gut. Sie wollen unbedingt, dass ich in die Notaufnahme gehe, um sicher zu sein. Aber mit mir ist alles super in Ordnung.«
    »Oh Mann! Was ist bloß mit dir los? Warum rennst du ständig vor Autos?«
    »Ich mach das ja nicht absichtlich«, sagte ich.
    »Ich werde Daddy-o anrufen. Er ist sowieso noch in der Stadt. Er ist schneller bei dir.«
    »Bitte erzähl es nicht Daddy-o und Ginger«, sagte ich. Ich wollte nicht, dass sich irgendjemand aufregte. Selbst damals, bevor das große Unglück geschah, wusste ich, dass ich irgendwie für diese Unfälle verantwortlich war.
    »Sassy, du bist von einem Auto angefahren worden! Das geht deine Eltern etwas an!«
    »Ach, Norrie, komm schon –«
    »Sassy, nein. Tut mir leid. Ich rufe sofort Daddy-o an.« Sie legte auf.
    Ich seufzte und machte es mir auf meiner Trage bequem. Es würde eine lange Nacht werden.

Sechs
    Als Daddy-o und ich endlich vom Krankenhaus nach Hause kamen, war ich halb tot vor Hunger. Da mein Fall ja nicht gerade kritisch war, hatte ich drei Stunden auf einen Arzt warten müssen. Miss Maura hatte unser Abendessen warm gehalten. Alle machten viel Aufhebens wegen mir – auf ihre Art sogar Ginger: Sie bat Miss Maura, mir, falls ich Lust darauf hätte, ein Schälchen Eis zu bringen. Dabei war alles, was ich unfallmäßig vorzuweisen hatte, ein Plastikband vom Krankenhaus um meinen Arm und noch ein blauer Fleck, dieses Mal auf dem linken Arm. Die Ärzte hatten bestätigt, dass ich ansonsten unverletzt war.
    »Du musst dich wirklich zusammenreißen, Sass«, sagte Jane. Wir saßen spät an diesem Abend in Norries Zimmer, um den Tag noch mal Revue passieren zu lassen. »In einem Monat von zwei Autos angefahren zu werden – das ist echt nicht normal. Wo wohl der Rekord liegt?«
    »Welcher Rekord?«, fragte Norrie.
    »In den meisten Fällen fährt einen ein Mal im Monat ein Auto an«, erwiderte Jane. »Oder überhaupt nur ein Mal im Leben.«
    »Du versuchst aber nicht, damit irgendeinen schwachsinnigen Rekord zu brechen, Sassy«, sagte Norrie. »Tust du nicht, oder?«
    »Nein«, sagte ich. »Aber etwas kommt mir komisch vor.«
    Norrie legte mir die Hand auf die Stirn. »Wie, komisch? Glaubst du, du hast doch eine Gehirnerschütterung?«
    »Nein, das meine ich nicht«, sagte ich. »Es ist komisch, wie mir Dinge passieren – also Unfälle – und ich nicht verletzt werde. In dieses Loch in Lulas Haus zu fallen, von zwei Autos angefahren zu werden … Ich habe das Gefühl, meine Knochen sind aus Gummi oder so. Als wäre ich unzerstörbar.«
    Später im Bett, als ich die Unfälle noch mal in Gedanken durchlebte, sah

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