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Die Belagerung der Welt - Romanjahre

Die Belagerung der Welt - Romanjahre

Titel: Die Belagerung der Welt - Romanjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Außenansichten, am wichtigsten im übrigen die Überfahrt vom linksufrigen ins rechtsufrige Gebiet, ein Klimawech
sel, ein Schnitt. Natürlich sind die Panoramen vor den Busfenstern (im fahrenden Abteil) eine unerhörte Zufuhr und Unterhaltung und gewaltiges Futter fürs Hinterherdenken, Wiederentdecken und Sinnieren, auch das Businnere ist erregend, das Leben in den Menschen, das Erraten der Leben und Lebensumstände und Innenwelten, besonders auch bei Frauen.
    Bin immer freudig erregt, wenigstens neuerdings, wenn ich von meinen Ausflügen zurückkehre, ich sage Ausflüge, weil sie mit Stadtdurchquerungen und verschiedenen Anlaufstellen den Charakter von Unternehmungen und nicht nur Besorgungen annehmen. Fühle mich von den Begegnungen, vom Alltag der andern, vom gemeinsamen Alltagsgeschäft und Tagvollbringen jedermann verbunden. Wenn ich nur wüßte, warum ich mit dem Nagel nicht klarkomme. Es fällt mir einfach keine Fortsetzung, weil keine Leitlinie oder Richtung ein. Zu sagen ist natürlich, daß ich den Stoff oder besser das Projekt seit Monaten habe fallenlassen. Ob ich den Fast-Kadaver zum Leben bringen und erwärmen kann?

Nachbemerkung
    Die Journale sind die längste Zeit nichts weiter als ein wachsender Haufen ungelesener Blätter, eine Art Abfall, gewesen und erst spät auf Anraten von dritter Seite fotokopiert und chronologisch abgelegt und damit in den Rang schriftstellerischer Notate erhoben worden.
    Steckte das Zeug zu einer Publikation in diesen Aufschreibungen? Dies herauszufinden fühlte ich mich allein unfähig. Ich fürchtete nicht nur den Blick zurück, sondern das Untergehen, das Ertrinken in der Überfülle des Materials. Ich brauchte Hilfe.
    Erste Hilfe fand ich bei Maria Gazzetti, der langjährigen Leiterin des Frankfurter Literaturhauses (und danach des Münchner Lyrikkabinetts), einer Freundin. Zusammen verwandelten wir den Berg aus den achtziger Jahren probeweise in ein brauch- und lesbares Manuskript – mit Schere, Klebestreifen und Fotokopierapparat. Der Verleger Siegfried Unseld war nicht nur begeistert von der vorgelegten Probe, sondern von dem vorgeschlagenen mehrbändigen Projekt insgesamt.
    Den erfahrenen und kompetenten Herausgeber für das umfangreiche Journalwerk, das ich zwischendurch mein opus delicti nannte, fand ich in der Person von Wend Kässens, dem langjährigen Leiter der Literaturredaktion beim NDR und namhaften Kritiker. Er hat Herkulesarbeit geleistet und dabei Autorität und Subtilität bewiesen und, wo nötig, Diskretion walten lassen. Beiden Helfershelfern bin ich freundschaftlichst zu größtem Dank verpflichtet.
    Â 
    Paul Nizon

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