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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Silver
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hatten sie eine Möglichkeit gefunden, Deep Blue in nur sieben Zügen ins dauerhafte Schach zu zwingen, was Kasparow zu einem Unentschieden hätte verhelfen können. (Eine Analyse des zweiten Spiels, die 2007 mit einem Computer durchgeführt wurde, der sowohl Fritz als auch Deep Blue überlegen war, legt nahe, dass Kasparow kein Remis hätte erzielen können, wenn Deep Blue die richtigen Züge gemacht hätte. Aber 1997 wäre es Kasparow vielleicht gelungen, wenn er weitergespielt hätte.) »Mehr steckte nicht dahinter«, sagte Kasparow und betrachtete mit düsterer Miene den Verkehr auf der Fifth Avenue. »Ich war so beeindruckt von dem Positionsspiel des Computers, dass mir ein Ausweg undenkbar erschien.« 41
    Obwohl es jetzt 1:1, also unentschieden stand, war Kasparows Selbstvertrauen ziemlich ins Wanken geraten. Er hatte bislang noch nie ein Turnier verloren, und jetzt stand es auf der Kippe. Und was noch schlimmer war: Er hatte eine der allergrößten Schachsünden begangen. Er hatte ein Spiel abgebrochen, das mit einem Remis hätte enden können. Das war ein peinlicher, noch nie dagewesener Fehler. Die Journalisten und Großmeister, die über das Spiel berichteten, konnten sich nicht erinnern, wann ein Weltmeister zuletzt so einen Fehler begangen hatte.
    Kasparow kam zu dem Schluss, dass er mit seinem kraftvollen, offensiven Schach nichts gegen Deep Blue ausrichten konnte. Stattdessen musste er den Computer mit einem vorsichtigen, unkonventionellen Stil austricksen, so wie ein Hacker ein Programm auf seine Schwachstellen hin abklopft. Kasparows Eröffnungszug in der dritten Partie war zwar ungewöhnlich genug, um Deep Blues Datenbank lahmzulegen, aber nicht gut genug, um mehr als ein Remis zu erzielen. In der vierten und fünften Partie spielte Kasparow besser und hatte hin und wieder sogar die Nase vorn, konnte aber nichts gegen die Endspiel-Datenbank Deep Blues ausrichten, was in beiden Fällen zu einem Remis führte. Das Match war mit einem Sieg für jeden Spieler und drei Remis unentschieden. Eine letzte Partie war noch zu spielen.
    Am Tag des Endspiels erschien Kasparow erschöpft und entmutigt im Equitable Center. Friedel erinnerte sich später, dass er ihn noch nie in so düsterer Stimmung erlebt hatte. Kasparow spielte Schwarz und entschied sich für die Caro-Kann-Verteidigung, die als recht schwach gilt. Sie hat historisch nur in 44,7 Prozent der Partien zu einem Sieg geführt, was aber für einen Spieler wie Kasparow, falls er sie wirklich beherrscht, keine so große Rolle spielt; aber Kasparow hatte sich ihrer bei Wettkämpfen nur selten bedient. Nach nur wenigen Zügen bereitete ihm das Spiel Mühe, und er musste unverhältnismäßig lange nachdenken. Bei seinem siebten Zug unterlief ihm ein schwerer Fehler, er opferte seinen Springer einen Zug zu früh. Er erkannte seinen Fehler fast unverzüglich, ließ sich in seinen Sessel zurücksinken und unternahm nichts, um seine Unzufriedenheit zu verbergen. Nur zwölf Züge später – als die Partie erst eine Stunde gedauert hatte – gab er sich geschlagen und stürmte aus dem Saal.
    Deep Blue hatte gesiegt. Allerdings weniger mit Pauken und Trompeten als mit einer Antiklimax. War Kasparow einfach nur erschöpft und hatte sich mit einer ihm nicht wohlbekannten Eröffnung in Schwierigkeiten gebracht? Oder hatte er, wie Großmeister Patrick Wolff schlussfolgerte, einfach nur das Handtuch geworfen, 42 um die Leistung Deep Blues weniger legitim erscheinen zu lassen? Hatte es etwas zu bedeuten, dass er sich für eine von seinem von ihm oft besiegten Rivalen gewählte Verteidigung entschieden hatte?
    Aber diese Feinheiten interessierten bald kaum noch jemanden. Die Maschine hatte über den Menschen triumphiert! Es war fast so, wie seinerzeit, als HAL 9000 das Raumschiff erobert hatte. Oder wie genau dreizehn Sekunden nach Beginn von Love Will Tear Us Apart , wenn der Synthesizer das Gitarrenriff niedermacht und den Rock ’n’ Roll in den Staub tritt. 43
    Die Vergleiche hinken jedoch. Kasparow war seiner eigenen menschlichen Fehlbarkeit und einem winzigen Software-Bug zum Opfer gefallen.
    Wie man einen Schachmeister zum Absturz bringt
    Deep Blue war am Thomas J. Watson Center von IBM entwickelt worden, in einem schönen halbrunden, retromodernen Gebäude mit Blick auf die Hügel des Westchester County. In der Lobby stehen Nachbauten früher Computer, beispielsweise dem von Charles Babbage. Das Gebäude wirkt mit viel Holzvertäfelung und einem großen Anteil

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