Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
vorgestellt. Manchmal sind sie kaum zu bemerken: Ein Logo wird ein paar Pixel verrückt oder die Hintergrundfarbe einer Anzeige verändert. Dann wird geprüft, wie oft angeklickt wird und ob die Erträge steigen. Viele der Experimente betreffen nur 0,5 Prozent der Google-Nutzer, je nachdem wie vielversprechend die Idee zu sein scheint.
Wer mithilfe von Google nach einem Begriff sucht, denkt vermutlich nicht daran, dass er an einem Experiment teilnimmt. Google hat eine etwas andere Perspektive. Die Ergebnisse, die Google liefert, und die Reihenfolge, in der sie dargeboten werden, beruhen auf Prognosen der für den Benutzer brauchbarsten Treffer.
Wie lässt sich etwas so Subjektives wie Nützlichkeit messen und vorhersagen? Beinhaltet beispielsweise »bestes neues mexikanisches Restaurant« eine Reise nach Albuquerque? Geht es um ein gerade eröffnetes Restaurant oder eines mit Nuevo Latino Cuisine? Wahrscheinlich hätte die Suchanfrage genauer formuliert werden müssen. Da dies aber unterlassen wurde, könnte Google 1000 Anwendern, die dieselbe Frage eingegeben haben, eine Reihe von Treffern darbieten und diese mithilfe einer Skala von 0 bis 10 gemäß ihrer Nützlichkeit bewerten lassen. Anschließend könnte Google die Treffer in dieser Reihenfolge auflisten.
Dies ist natürlich bei jeder von sämtlichen Hunderten von Millionen täglichen Suchanfragen möglich. Es werden jedoch laut Varian Bewertungen von repräsentativen Suchanfragen durchgeführt. Dann werden statistische Werte mit diesen menschlichen Bewertungen der Relevanz und Nützlichkeit korreliert. Die bekannteste statistische Google-Messung einer Homepage ist PageRank, 45 eine Bewertung, die berücksichtigt, wie viele andere Webseiten mit der Gesuchten verlinkt sind. PageRank ist jedoch nur eines von 200 Signalen, die Google verwendet, um Rückschlüsse auf die menschliche Bewertung zu ziehen. 46
Zweihundert Signale auf eine fast unendliche Zahl von Suchanfragen anzuwenden, ist natürlich keine leichte Aufgabe. Daher sind Googles Experimente und Tests auch so wichtig. Das Produkt Google-Suche befindet sich trotz seiner Vortrefflichkeit in ständigem Wandel.
Der Erfolg dieser Firma beruht darauf, dass sie rigorose Tests mit ungehemmter Kreativität zu verbinden weiß. Die Google-Angestellten werden ermuntert, sich mit jenen Dingen zu beschäftigen, die sie besser können als Computer. Sie sollen Ideen entwickeln, eine Menge Ideen. Google greift dann auf sein immenses Datenmaterial zurück, um diese Ideen zu testen. Ein Großteil wird recht schnell verworfen, doch die besten überdauern.
Auf diese Art spielen Computerprogramme Schach, sie prüfen fast alle Möglichkeiten bis zu einem gewissen Punkt und konzentrieren sich dann auf die vielversprechenderen. Das ist ein sehr Bayes’scher Prozess. Google ist ständig damit beschäftigt, seine Suchalgorithmen zu verbessern, ein Prozess, der nie abgeschlossen sein wird.
In den meisten Fällen können wir unsere Ideen nicht so schnell testen wie die Suchmaschine Google, die von Hunderten von Millionen Nutzern in aller Welt fast unverzüglich ein Feedback erhält. Wir besitzen auch keine Supercomputer wie die Ingenieure von Deep Blue. Der Fortschritt wird sich also viel langsamer vollziehen.
Trotzdem ist ein ständiges Sich-selbst-Testen, das uns vor Augen führt, wie sich unsere Prognosen in der Praxis und nicht nur als bequemes statistisches Modell bewähren, vermutlich die beste Methode, um den Lernprozess zu beschleunigen.
Der Sieg über den technischen toten Winkel
In vielerlei Hinsicht stehen wir unserem technischen Fortschritt selbst im Weg. Das langsame und gleichmäßige Fortschreiten der menschlichen Evolution verläuft nicht mehr synchron mit dem technologischen Fortschritt. Die Evolution rechnet in Jahrtausenden, während sich die Rechnergeschwindigkeit etwa jedes zweite Jahr verdoppelt.
Für unsere Vorfahren, die Höhlenmenschen, wäre es von Vorteil gewesen, Muster sehr rasch erkennen und in Sekundenschnelle beurteilen zu können, ob das Blätterrascheln vom Wind oder einem Grizzlybären verursacht wurde. Angesichts der raschen Veränderungen und der Überflutung durch Zahlen und Statistiken gerät der heutige Mensch leicht in Schwierigkeiten, wenn er in einer zufälligen Zahlenfolge Muster erkennt, die es nicht gibt. (Verschlagene Werbefachleute und Politiker machen sich gerne den urzeitlichen Teil unseres Gehirns zunutze.)
Schach hat jedoch ein Happy End. Der Kampf zwischen Kasparow und
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